Augsburger Allgemeine (Land West)
Musik mit schlechtem Gewissen
Es gibt Dinge, die gehören zusammen. Sie wissen schon: Popcorn und Kino. Ein gutes Essen und ein guter Wein. Für mich ist so ein unzertrennliches Paar Sport und Musik. Es fühlt sich einfach besser an, auf dem Laufband vor sich hinzutrotten, wenn währenddessen motivierende Rhythmen aus dem Kopfhörer schallen. So wie eine spannende Szene im Film eben besser auszuhalten ist, wenn noch genug Popcorn in der Tüte ist.
Wenn ich also zum Sport gehe – und das versuche ich recht regelmäßig – dann ist der Ablauf immer gleich: Ankommen, umziehen, Streaming-Dienst starten, SportPlaylist auswählen, Kopfhörer aufsetzen und los. Das ist ganz angenehm, gleichzeitig birgt diese Sport-Musik-Paarung ein Problem: Das Musik-Programm wird übergriffig.
Ich nutze den Streaming-Dienst ja nicht nur, wenn ich im Fitnessstudio bin. Ich höre auch Musik, wenn ich koche, Zug fahre, esse und auf dem Sofa sitze. Dank des Algorithmus, der in dem Programm hinterlegt ist, finde ich meist schnell die passenden Lieder zu der jeweiligen Situation. Der Haken an der Sache ist nur der: Das Programm merkt sich, welche Künstler und Playlist ich gerne und regelmäßig höre. Und wenn ich diese Lieder dann gerade nicht mehr so regelmäßig höre, erinnert mich das Programm an die vermeintlich vergessenen Songs. Wenn ich also, zum Beispiel weil gerade die ruhigere Zeit zwischen den Jahren ist, nicht so regelmäßig den Drang verspüre, aufs Laufband zu springen, dann erscheinen jedes Mal, wenn ich das Musik-Programm starte, folgende Worte auf dem Bildschirm: Lange nicht mehr gehört: Playlist Sport. Das ist natürlich ärgerlich. Denn ein schlechtes Gewissen ist aus meiner Sicht nichts, was unzertrennlich zum Faulenzen gehört.