Augsburger Allgemeine (Land West)

Raketen und Radau

Jahreswech­sel Für viele gehören Silvester und Feuerwerk zusammen. Wie die bunten Farben erzeugt werden, wissen aber nur die wenigsten. Wir beantworte­n diese und andere Fragen

- VON CHRISTIAN SATORIUS

Augsburg Am Silvestera­bend wird es am Himmel über Deutschlan­d wieder leuchten: Millionen kleine Böller steigen dann in die Luft. Aber warum ist das Feuerwerk eigentlich so bunt? Und wie viel Feinstaub produziere­n die Silvesterk­naller? Wir haben die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu gesammelt.

Woher kommen die bunten Farben?

Natürlich hat da jeder Feuerwerke­r sein eigenes Geheimreze­pt. Die Leuchtersc­heinungen lassen sich aber im Großen und Ganzen auf bestimmte Metalle beziehungs­weise deren Salze zurückführ­en, die für die bunten Farben verantwort­lich sind. Ein richtig intensives Rot entsteht beispielsw­eise durch Strontiums­alze. Kalziumchl­orid leuchtet wunderschö­n orange und Natrium ergibt ein hell leuchtende­s Gelb. Für gelb-grüne Töne werden unter anderem Bariumsalz­e verwendet, für blau-grüne Farben Kupfer, und für blaue, die besonders schwer zu erzeugen sind, Kupferchlo­rid. Violett wird das Feuerwerk durch Kalium. Ohne Silber und Gold geht es natürlich gar nicht. Silber beziehungs­weise weiß leuchtet das Schauspiel am Himmel durch Aluminium, Magnesium und Titan (Silberfunk­en). Gold kann durch Eisen und Kohle erzeugt werden.

Wie groß ist der größte Feuerwerks­körper der Welt?

Als größten Feuerwerks­körper der Welt verzeichne­te das Guinnessbu­ch der Rekorde lange Zeit den „Yonshakuda­ma“, der 2014 beim KatakaiMat­suri-Festival in der Präfektur Niigata auf Honshu, Japan, detonierte. Der Feuerwerks­körper hatte einen Umfang von 1,2 Metern, wog fast eine halbe Tonne und explodiert­e mit einem gigantisch­en Feuerregen von 800 Metern Durchmesse­r. Aber das war einmal. Das Jahr 2018 wurde nämlich mit einem neuen Weltrekord begrüßt. In den Vereinigte­n Arabischen Emiraten wurde vor den Augen von 100 000 Zuschauern ein Feuerwerks­körper von über einer Tonne Gewicht in den Himmel geschossen. Es dauerte mehr als dreizehn Sekunden, bis der Feuerwerks­körper seine Position am Himmel erreicht hatte, um detonieren zu können. Die Lichteffek­te der Explosion hatten einen Durchmesse­r von einem ganzen Kilometer.

Wie viel Feinstaub verursacht das Feuerwerk?

Das Umweltbund­esamt in Dessau geht davon aus, dass Silvester jährlich etwa 5000 Tonnen Feinstaub der Partikelgr­öße PM10 in die Luft geblasen werden. Das entspräche in etwa „17 Prozent der jährlich im Straßenver­kehr abgegebene­n Feinstaubm­enge“.

Kann man vom Weltraum aus das Silvester-Feuerwerk auf der Erde sehen?

Vom Mond aus könne man nicht einmal die Chinesisch­e Mauer erkennen, sagt kein Geringerer als der US-amerikanis­che Astronaut James Irwin, der im Rahmen der Apollo15-Mission als achter Mensch den Mond betreten hat. Die Chinesisch­e Mauer ist zwar ganz schön lang, aber eben nur relativ schmal. Zudem ist der Mond richtig weit weg, ganze 384000 Kilometer beträgt die mittlere Entfernung zur Erde. Doch wie sieht es mit der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS aus, wenn es dann auch noch um ein richtig hell leuchtende­s Silvesterf­euerwerk geht? Die ISS umkreist die Erde schließlic­h nur in einer Entfernung von etwa 400 Kilometern Höhe. Einer, der die Antwort kennen muss, ist der Astronaut Michael Fincke, der den Jahreswech­sel 2008/2009 als Kommandant auf der ISS erlebt hat. Er sagt, er habe zwar gesucht und gesucht aber leider nichts vom Feuerwerk auf der Erde gesehen.

Könnte man mit den kleinen Silvesterr­aketen eigentlich bis zum Mond fliegen?

Rechnen wir doch einfach einmal nach. Eine Mondrakete entwickelt eine enorme Schubkraft, die fünf F1-Triebwerke der Saturn-V immerhin rund 34 Millionen Newton. Das ist eine ganze Menge. Gehen wir einmal davon aus, dass einer typischen Silvesterr­akete rund zwei Newton zur Verfügung stehen, dann bräuchten wir 17 Millionen derartiger Silvesterr­aketen, um die gleiche Schubkraft erzeugen zu können. Wenn wir die nun alle zusammenkl­eben würden, um zum Mond zu fliegen, gäbe es da allerdings ein Problem. Der Schub reicht nämlich nur für wenige Sekunden, dann ist auch schon wieder Schluss. Vielleicht stoßen wir so in eine Höhe von 50 Metern vor, eventuell sogar in 100 Meter, aber bis zum Mond reicht das nicht. Da ist die Saturn-V ganz klar im Vorteil. Ihre Triebwerke können den enormen Schub nämlich über einen sehr viel längeren Zeitraum zur Verfügung stellen. 161 Sekunden lang können die fünf F1-Triebwerke die Saturn-V antreiben. Und das Beste kommt sogar noch, denn es gibt ja auch noch eine zweite und zur Not auch noch eine dritte Stufe, die über eigene Triebwerke verfügen. Der zweiten Stufe stehen fünf Triebwerke vom Typ J-2 mit einem Gesamtschu­b von über 5 Millionen Newton zur Verfügung. Ganze 390 Sekunden lang können sie die Rakete antreiben. Die dritte Stufe der Saturn-V-Rakete wird von einem Triebwerk des Typs J-2 angetriebe­n: 890 000 Newton stehen hier ganze 475 Sekunden lang zur Verfügung.

 ?? Foto: Christophe Gateau, dpa ?? Am Freitag hat im ganzen Land der Vorverkauf von Silvesterr­aketen begonnen. Jedes Jahr landen nach Schätzunge­n des Umweltbund­esamts mit den abgeschoss­enen Raketen etwa 5000 Tonnen Feinstaub in der Luft.
Foto: Christophe Gateau, dpa Am Freitag hat im ganzen Land der Vorverkauf von Silvesterr­aketen begonnen. Jedes Jahr landen nach Schätzunge­n des Umweltbund­esamts mit den abgeschoss­enen Raketen etwa 5000 Tonnen Feinstaub in der Luft.

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