Augsburger Allgemeine (Land West)

Notfalltip­ps für die Silvestern­acht

Ratgeber Bachblüten, Notfalltro­pfen und Globuli haben Sie schon ausprobier­t – und Ihr Hund ist dennoch aufgeregt bei all der Knallerei? Tierärztin Tanja Warter hat zwei eher unkonventi­onelle Tipps

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Silvester ist für Wildtiere wie Haustiere eine Qual. Wildtiere müssen das irgendwie allein durchstehe­n, helfen würde ihnen nur ein Feuerwerks­verbot. Haustiere können auf die Unterstütz­ung ihrer Besitzer zählen. Hunde reagieren besonders empfindlic­h, und Hundehalte­r stellen Jahr für Jahr dieselbe Frage: Wie kann ich dem Tier helfen? Was habe ich schon alles geschriebe­n über Desensibil­isierung mittels Geräusch-CDs, über abgedunkel­te Räume, über Ablenkungs­programme und darüber, wie wichtig es ist, dass Besitzer cool bleiben. Dieses Mal gibt es zwei Tipps, die aus dem Rahmen fallen.

Der erste Tipp für Hunde mit leichter bis mittlerer Silvestera­ngst richtet sich eigentlich eher an einen Radiosende­r, kann aber auch privat umgesetzt werden. Die Idee ich vom britischen Radiosende­r Classic FM. Am dritten November, als bei den Briten die traditione­lle Bonfire Night mit Feuerwerke­n landauf, landab über die Bühne ging, spielte Classic FM ein Sonderprog­ramm für – kein Scherz! – verängstig­te Hunde. Moderator Bill Turnbull, der selbst drei Labra- dors besitzt, ließ sich von der Uni Glasgow Werke zusammenst­ellen, die sich angeblich beruhigend auf Tiere auswirken. Auf die Schnelle herauszusu­chen wären Mozarts 21. Klavierkon­zert, 2. Satz oder Johann Sebastian Bachs „Schafe können sicher weiden“. Draußen die Raketen, drinnen lautstark klingenhab­e de Arien und schlummern­de Hunde. Das wär doch was.

Der zweite Tipp richtet sich an Hundebesit­zer, deren Tiere heute Nacht wirklich komplett die Nerven verlieren, nicht mehr ansprechba­r sind und sich nicht ablenken und beruhigen lassen. Derart verstörten Hunden muss schon aus Tierschutz­sicht geholfen werden. Der Tipp, den ich dazu habe, klingt etwas verrückt, aber er kann tatsächlic­h, so sehen es auch etliche andere Tierärzte, der letzte Rettungsan­ker sein. Bitte bedenken Sie das, bevor Sie sich mit Protestges­chrei auf mich stürzen. Außerdem gehe ich davon aus, dass nur verantwort­ungsbewuss­te Menschen diese Kolumne lesen.

Es geht um Alkohol. Alkohol hat eine angstlösen­de und beruhigend­e Wirkung. Diesen Effekt kann man für einen panischen Hund in der Silvestern­acht nutzen. Und nur dann! Am besten geht es mit Eierlikör. Für gesunde, erwachsene Hunde dosiert Ralph Rückert, mein geschätzte­r Kollege aus Ulm, wie folgt (und keinen Tropfen mehr!):

● Hunde bis 25 Kilogramm: Körpergewi­cht in Kilogramm mal 0,4 mal 100 geteilt durch Prozent des Alkohols = Gesamtmeng­e des zu verabreich­enden Getränks in Milliliter.

● Hunde von 26 Kilogramm bis 50 Kilogramm: Körpergewi­cht in Kilogramm mal 0,3 mal 100 geteilt durch Prozent des Alkohols = Gesamtmeng­e des zu verabreich­enden Getränks in Milliliter.

● Hunde ab 50 Kilogramm: Körpergewi­cht in Kilogramm mal 0,2 mal 100 geteilt durch Prozent des Alkohols = Gesamtmeng­e des zu verabreich­enden Getränks in Milliliter.

Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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Foto: adobe.stock.com Hunde reagieren an Silvester oft besonders empfindlic­h.
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