Augsburger Allgemeine (Land West)
Raus aus den Hotels
Wüsten, Nebelwälder, Gebirge, Wasserfälle, tropische Mangroven – Naturparadiese in der „Dom Rep“
Der Ausflug auf den Loma Isabel de Torres an der Nordküste der Dominikanischen Republik beginnt recht skurril. Mit der einzigen Seilbahn der Karibik geht es dicht über dem Regenwald steil hinauf auf den 800 Meter hohen Hausberg von Puerto Plata. Oben erwartet eine Miniaturversion der Christusstatue aus Rio de Janeiro die Besucher. Im Inneren des Baus können sie kitschige Souvenirs kaufen, aus Lautsprechern klingen karibische Rhythmen.
Die meisten Touristen kommen auf diesen Berg, um den Panoramablick auf die Bernsteinküste und Puerto Plata mit seinen bunten Kolonialbauten zu genießen. Elmar Mai interessiert sich aber mehr für die Entstehung der Insel und für die vielen Bernsteinfunde, die der Küste ihren Namen gaben. Der Biologe war schon Dutzende Male hier oben und kann es kaum abwarten, sich ins Grüne zu stürzen.
Der Botanische Garten, vor allem aber das fast 22 Quadratkilometer große Naturschutzgebiet dahinter seien ein „wirkliches Naturschauspiel“, sagt er. „Hier oben gibt es bis zu 70 verschiedene Ökosysteme“, erklärt Mai, den viele als Filmemacher und ZDF-Moderator wegen seiner Gartentipps aus Sendungen wie „Volle Kanne“oder von seinen Naturund Tierfilmen aus „Die Sendung mit der Maus“kennen.
Verschiedene Wälder
Bromelien, Orchideen, Flechten und Baumfarne finden sich hier. Viele sind endemisch, wachsen also nirgendwo sonst. Die Passatwinde und klimatischen Bedingungen haben verschiedene Wälder entstehen lassen: Tieflandwälder, Elfenwälder, Küstenregenwald und Küstennebelwald. Obwohl die Tropensonne vom Himmel brennt, ergreift einen fast Weihnachtsstimmung, wenn man neben einem mannshohen Weihnachtsstern steht. Und wenn Mai über das „Naturparadies Dominikanische Republik“ spricht, begeistern sich selbst Pflanzen-Ignoranten. Mit der Seilbahn geht es wieder an die Küste nach Puerto Plata. „Die unten am Strand wissen nicht, was sie verpassen. Sie tun mir fast leid“, sagt Mai. Natürlich seien die Strände ein Traum und ein perfekter Ort, um unter Palmen zu entspannen. „Aber die wenigsten wissen, welches Naturparadies ihnen entgeht, wenn sie nicht aus ihren Hotelarealen herauskommen.“
Dabei sei es so einfach, die Insel zu erkunden. In zwei bis drei Autostunden könne man alle Extreme erleben: von immergrünen Regenwäldern im Norden bis hin zu Dornbuschsteppen und Wüstenlandschaften im geologisch getrennten Süden der Insel. Hispaniola – nach Kuba die zweitgrößte Insel der Karibik – ist die gebirgigste aller Antilleninseln, durchzogen von tiefen Bruchfalten und unterschiedlichsten Klima- und Vegetationszonen. Die Südwestküste bei Barahona und Pedernales lockt mit dem Lago Enriquillo. Er ist der größte Binnensee der Karibik, mit rund 40 Meter unter dem Meeresspiegel ihr tiefster Landpunkt und Heimat für Krokodile, Flamingos und echte Exoten wie dem Hispaniola-Wirtelschwanzleguan.
Im Nordosten auf der Halbinsel Samaná begeistert der Nationalpark Los Haitises mit seinen Mangrovenwäldern, Korallenkalk-Hügeln und bis zu 5000 Buckelwalen, die sich hier jedes Jahr von Januar bis März zum Paaren treffen oder ihre Jungen zur Welt bringen. Zwischen Schlingpflanzen und Korallenbergen kann man per Boot die ausgedehnten Höhlensysteme besuchen, in denen die Taino-Indianer lebten. Mai will den Besuchern noch den Ébano Verde Nationalpark zeigen, der nach einer endemischen Magnolie benannt ist. Es duftet und summt überall. „So sah es hier schon zu Kolumbus’ Zeiten aus“, sagt Mai. „Ein Paradies, von dem nur wenige Touristen wissen.“tmn