Augsburger Allgemeine (Land West)
Seine Raketen fliegen nicht nur an Silvester
Pyrotechnik Bei Robert Klima aus Emersacker gibt es Silvesterkracher, Raketenantriebe und Modelle – und zwar das ganze Jahr über. Wie er sein Hobby zum Beruf gemacht hat und welches Feuerwerk der Experte empfiehlt
Emersacker Sie heißen Himmelsschwärmer, Nautilus oder HöllenBlitz und schon morgen werden die allermeisten von ihnen im bunten Silvesterhimmel verschwunden sein. Es herrscht Ausnahmezustand in seinem kleinen Ladengeschäft in Emersacker. Seit Freitag, 6 Uhr morgens, verkauft Robert Klima hier vor allem eines: Silvesterraketen. Doch nicht nur die gibt es beim Emersacker Raketenmann.
Obwohl Klima an Personen mit entsprechender Ausnahmegenehmigung das ganze Jahr über Feuerwerk verkauft, hat er sich auf Modellraketen spezialisiert. Der Raketenbauer fertigt Modelle aus leichtem Kunststoff an, die mithilfe einer Rakete in die Luft geschossen werden. Vor allem über das Internet verkauft Klima in viele Länder. Nach eigenen Angaben ist er dabei die Nummer Eins in Europa. Angetrieben werden die Raketenmodelle von sogenannten Treibsätzen. Die geben nicht nur den Modellen, sondern auch Silvesterraketen den nötigen Antrieb. Je nach Art des Treibsatzes fliegt die Rakete höher oder niedriger. Mit den größten Treibsätzen aus Klimas Herstellung schießen die Raketen über 500 Meter hoch in den Himmel.
International hat sich Klima mit seinen Treibsätzen einen Namen gemacht. Während die meisten Silvesterraketen durch Schwarzpulver angetrieben werden, hat der Emersacker sein eigenes Pulver entwickelt. Das ist zwar etwas teurer, doch bei gleicher Menge an Pulver, sei die Flugkraft bis zu viermal so stark, erklärt der Raketenbauer. Wenn die Rakete am höchsten Punkt angekommen ist, knallt der Treibsatz. Dadurch wird ein kleiner Fallschirm aus der Spitze der Rakete geschossen, sodass sie sicher wieder zu Boden gelangt. Man kann die Modelle also immer wieder fliegen lassen. Neun Mitarbeiter und ein eigenes Geschäft voller Raketen sind für Klima ein wahr gewordener Jugendtraum. Damals, erinnert er sich, habe ihm sein Nachbar zum ersten Mal eine Modellrakete gezeigt. „Ich war sofort begeistert“, sagt Klima. Das Tüfteln an eigenen Raketenmodellen lässt ihn seither nicht mehr los. Als Jugendlicher gewinnt Klima 1991 eine Europameisterschaft im Raketenfliegen, 427 Meter hochschießt er sein Modell damals. Ein Jahr später wird der Emersacker bei einer Weltmeisterschaft in den USA sogar Zweitbester.
In gewisser Weise legte diese Weltmeisterschaft auch den Grundstein für Klimas heutiges Geschäft. Denn damals lernte der Emersacker eine amerikanische Firma kennen, die Raketenmodelle herstellt. Weil es so etwas in Deutschland nicht gab, nahm Klima kurzerhand einige der Modelle mit und verkaufte sie in Deutschland. Nach und nach füllte sich das Haus des Elektrikers mit Raketen aus den USA, die er innerhalb Europas weiterverschickte. Das rechnete sich. Und so fasste Klima 2013 den Entschluss, im neuen Gewerbegebiet in Emersacker eine Lagerhalle samt Ladengeschäft und Produktion zu bauen. „Ich musste jahrelang dafür kämpfen“, erinnert sich Klima. Die Behörden hätten es ihm nicht leicht gemacht. „Die dachten wohl, ich wäre ein irrer Pyromane“, meint Klima. Dabei stehe Sicherheit immer an erster Stelle in seinem Geschäft. Das gelte auch beim Silvesterfeuerwerk. „Ich verkaufe nur Feuerwerk mit CE-Kennzeichnung“, sagt Klima. Andere Feuerwerkskörper sind in Deutschland auch nicht erlaubt. Im Ausland hingegen, zum Beispiel in Polen oder in Tschechien, gelten diese Sicherheitsregeln nicht. „Ich würde deshalb von den sogenannten PolenBöllern abraten“, meint Klima. Denn auch hierzulande gebe es genug, das ordentlich knallt. Gefährlich sei das nur, wenn man nicht ausreichend Sicherheitsabstand halte, sagt Klima.
Mittlerweile kommen in sein Geschäft in Emersacker zu Silvester rund 2000 Menschen, sagt der Raketenbauer. „Teilweise bis aus Stuttgart“. Die ersten stehen bereits zur Ladenöffnung um sechs Uhr morgens vor der Tür. „In den Tagen vor Silvester herrscht bei uns Hochbetrieb“. Denn anders als zum Beispiel in Österreich ist der Verkauf von Feuerwerk hierzulande lediglich an drei Tagen im Jahr erlaubt. Wer zum Geburtstag oder einer Feier unter dem Jahr ein Feuerwerk zünden möchte, braucht eine Ausnahmegenehmigung.
Besonders beliebt seien an Silvester seit einigen Jahren Raketen-Batterien. Einmal angezündet, schießt dabei eine Silvesterrakete nach der anderen in die Luft. „Da hat man Zeit, sich das Feuerwerk in Ruhe anzusehen“, sagt Klima. „Und darum geht es ja.“Der Profi empfiehlt daher eine solche Batterie. Ja nach Qualität und Feuerwerksdauer kosten die zwischen 20 und 200 Euro. Um gute Ware zu erkennen, hat der Experte noch einen Tipp: „Bei schlechter Qualität ist die Rakete teils hohl“, sagt Klima. Wenn man die Spitze einer Silvesterrakete abnimmt, sieht man, wie voll die Kapsel ist. Je mehr Ladung, desto größer das Feuerwerk.
Dieses Raketenmodell von Robert Klima aus Emersacker heißt „Europa“.