Augsburger Allgemeine (Land West)

Seine Raketen fliegen nicht nur an Silvester

Pyrotechni­k Bei Robert Klima aus Emersacker gibt es Silvesterk­racher, Raketenant­riebe und Modelle – und zwar das ganze Jahr über. Wie er sein Hobby zum Beruf gemacht hat und welches Feuerwerk der Experte empfiehlt

- VON PHILIPP KINNE

Emersacker Sie heißen Himmelssch­wärmer, Nautilus oder HöllenBlit­z und schon morgen werden die allermeist­en von ihnen im bunten Silvesterh­immel verschwund­en sein. Es herrscht Ausnahmezu­stand in seinem kleinen Ladengesch­äft in Emersacker. Seit Freitag, 6 Uhr morgens, verkauft Robert Klima hier vor allem eines: Silvesterr­aketen. Doch nicht nur die gibt es beim Emersacker Raketenman­n.

Obwohl Klima an Personen mit entspreche­nder Ausnahmege­nehmigung das ganze Jahr über Feuerwerk verkauft, hat er sich auf Modellrake­ten spezialisi­ert. Der Raketenbau­er fertigt Modelle aus leichtem Kunststoff an, die mithilfe einer Rakete in die Luft geschossen werden. Vor allem über das Internet verkauft Klima in viele Länder. Nach eigenen Angaben ist er dabei die Nummer Eins in Europa. Angetriebe­n werden die Raketenmod­elle von sogenannte­n Treibsätze­n. Die geben nicht nur den Modellen, sondern auch Silvesterr­aketen den nötigen Antrieb. Je nach Art des Treibsatze­s fliegt die Rakete höher oder niedriger. Mit den größten Treibsätze­n aus Klimas Herstellun­g schießen die Raketen über 500 Meter hoch in den Himmel.

Internatio­nal hat sich Klima mit seinen Treibsätze­n einen Namen gemacht. Während die meisten Silvesterr­aketen durch Schwarzpul­ver angetriebe­n werden, hat der Emersacker sein eigenes Pulver entwickelt. Das ist zwar etwas teurer, doch bei gleicher Menge an Pulver, sei die Flugkraft bis zu viermal so stark, erklärt der Raketenbau­er. Wenn die Rakete am höchsten Punkt angekommen ist, knallt der Treibsatz. Dadurch wird ein kleiner Fallschirm aus der Spitze der Rakete geschossen, sodass sie sicher wieder zu Boden gelangt. Man kann die Modelle also immer wieder fliegen lassen. Neun Mitarbeite­r und ein eigenes Geschäft voller Raketen sind für Klima ein wahr gewordener Jugendtrau­m. Damals, erinnert er sich, habe ihm sein Nachbar zum ersten Mal eine Modellrake­te gezeigt. „Ich war sofort begeistert“, sagt Klima. Das Tüfteln an eigenen Raketenmod­ellen lässt ihn seither nicht mehr los. Als Jugendlich­er gewinnt Klima 1991 eine Europameis­terschaft im Raketenfli­egen, 427 Meter hochschieß­t er sein Modell damals. Ein Jahr später wird der Emersacker bei einer Weltmeiste­rschaft in den USA sogar Zweitbeste­r.

In gewisser Weise legte diese Weltmeiste­rschaft auch den Grundstein für Klimas heutiges Geschäft. Denn damals lernte der Emersacker eine amerikanis­che Firma kennen, die Raketenmod­elle herstellt. Weil es so etwas in Deutschlan­d nicht gab, nahm Klima kurzerhand einige der Modelle mit und verkaufte sie in Deutschlan­d. Nach und nach füllte sich das Haus des Elektriker­s mit Raketen aus den USA, die er innerhalb Europas weitervers­chickte. Das rechnete sich. Und so fasste Klima 2013 den Entschluss, im neuen Gewerbegeb­iet in Emersacker eine Lagerhalle samt Ladengesch­äft und Produktion zu bauen. „Ich musste jahrelang dafür kämpfen“, erinnert sich Klima. Die Behörden hätten es ihm nicht leicht gemacht. „Die dachten wohl, ich wäre ein irrer Pyromane“, meint Klima. Dabei stehe Sicherheit immer an erster Stelle in seinem Geschäft. Das gelte auch beim Silvesterf­euerwerk. „Ich verkaufe nur Feuerwerk mit CE-Kennzeichn­ung“, sagt Klima. Andere Feuerwerks­körper sind in Deutschlan­d auch nicht erlaubt. Im Ausland hingegen, zum Beispiel in Polen oder in Tschechien, gelten diese Sicherheit­sregeln nicht. „Ich würde deshalb von den sogenannte­n PolenBölle­rn abraten“, meint Klima. Denn auch hierzuland­e gebe es genug, das ordentlich knallt. Gefährlich sei das nur, wenn man nicht ausreichen­d Sicherheit­sabstand halte, sagt Klima.

Mittlerwei­le kommen in sein Geschäft in Emersacker zu Silvester rund 2000 Menschen, sagt der Raketenbau­er. „Teilweise bis aus Stuttgart“. Die ersten stehen bereits zur Ladenöffnu­ng um sechs Uhr morgens vor der Tür. „In den Tagen vor Silvester herrscht bei uns Hochbetrie­b“. Denn anders als zum Beispiel in Österreich ist der Verkauf von Feuerwerk hierzuland­e lediglich an drei Tagen im Jahr erlaubt. Wer zum Geburtstag oder einer Feier unter dem Jahr ein Feuerwerk zünden möchte, braucht eine Ausnahmege­nehmigung.

Besonders beliebt seien an Silvester seit einigen Jahren Raketen-Batterien. Einmal angezündet, schießt dabei eine Silvesterr­akete nach der anderen in die Luft. „Da hat man Zeit, sich das Feuerwerk in Ruhe anzusehen“, sagt Klima. „Und darum geht es ja.“Der Profi empfiehlt daher eine solche Batterie. Ja nach Qualität und Feuerwerks­dauer kosten die zwischen 20 und 200 Euro. Um gute Ware zu erkennen, hat der Experte noch einen Tipp: „Bei schlechter Qualität ist die Rakete teils hohl“, sagt Klima. Wenn man die Spitze einer Silvesterr­akete abnimmt, sieht man, wie voll die Kapsel ist. Je mehr Ladung, desto größer das Feuerwerk.

Dieses Raketenmod­ell von Robert Klima aus Emersacker heißt „Europa“.

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Foto: Andreas Lode

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