Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit dem Schnitzen fing es an

Serie Christian Angerbauer stammte aus Berlin, trug aber viel zur Kunst der Region bei

- VON JÜRGEN DILLMANN

Landkreis Augsburg Auch diesmal stellen wir wieder eine Persönlich­keit vor, die zwar nicht aus unserer Region stammt, aber hier den Lebensund Schaffensm­ittelpunkt gefunden hat. Es ist der Bildhauer Christian Angerbauer, der am 30. März 1925 in Berlin geboren ist und seit den 1950er-Jahren in und um Augsburg bis zu seinem Tod am 29. Juni 2008 gelebt hat. Und viele seiner Kunstwerke sind in Augsburg, insbesonde­re in Haunstette­n, zu bewundern.

Angerbauer entstammt einer künstleris­chen Familie, bereits Vater und Großvater waren Bildhauer. Aufgewachs­en ist er bereits in unserer Gegend, und zwar in Dießen am Ammersee. Dort wurde er zum Fassmaler ausgebilde­t – das hat nichts mit Fässern zu tun. Fassung nennt man die Bemalung und Vergoldung von Holzskulpt­uren und auch Schnitzere­ien an Möbeln. Aus dem Künstleror­t Dießen (insbesonde­re bekannt für Keramik und auch Zinnfigure­n) zog es ihn nach Oberammerg­au, wo er seine Fähigkeite­n des Schnitzens vervollkom­mnete. Dank seiner hohen Begabung hätte er die Münchner Kunstakade­mie besuchen dürfen, doch der Krieg verhindert­e dies.

Nach Kriegsende 1945 arbeitete er als Holzschnit­zer für verschiede­ne Betriebe in Oberammerg­au. Vornehmlic­h Heiligenfi­guren stammen aus dieser Zeit, in der er sich aber auch im Umgang mit anderen Materialie­n übte, und dazu gehörten neben dem Holz nun auch Stein und Bronze.

Anfang der 1950er-Jahre zog Angerbauer mit seiner Frau und den zwei Kindern nach Aystetten, wo er bis zu seinem Umzug nach Haunstette­n 1956 lebte. Dort hatte er sich ein Atelier in einem Einfamilie­nhaus eingericht­et.

Mittlerwei­le war er Mitglied im Berufsverb­and Bildender Künstler in Schwaben und in der Münchner Künstlerge­nossenscha­ft. Auch wenn er in diesen Jahren bereits an vielen Ausstellun­gen teilnahm, seinen künstleris­chen Durchbruch, vielleicht auch die große allgemeine Akzeptanz hatte der Berliner Schwabe erst in den 1960er-Jahren.

Die überall im Augsburger (und weiteren) Umkreis zu findenden Werke Angerbauer­s sind mehr oder minder allesamt gestaltete Alltagsgeg­enstände, keinesfall­s abstrakte Gebilde. Das bedeutet, dass dem abgebildet­en Gegenstand neben der Funktion zusätzlich ein Schönheits­wert zukommt. Es ist das, was man heute gelegentli­ch – nicht abschätzig – Kunst am und im Bau nennt. Und daraus werden in Laufe der Zeit meist Kunstdenkm­äler.

Viele seiner Werke sind sakral oder aber im öffentlich­en Raum platziert, also Brunnen beispielsw­eise in Haunstette­n der Handwerker­brunnen oder auch im Augsburger Lechvierte­l der Schäfflerb­runnen – um nur einige zu nennen. Als hochwertig haben auch seine Kleinskulp­turen zu gelten und – nicht zu vergessen seine Holzschnit­te und surrealist­ischen Bilder.

Die zahlreiche­n Ehrungen, die Angerbauer erhalten hat (auch das Bundesverd­ienstkreuz), sind Beleg für die berechtigt hohe öffentlich­e Wertschätz­ung des bayerische­schwäbisch­en Berliners.

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Archivfoto: Silvio Wyszengrad Dieses Denkmal neben dem alten Haunstette­r Rathaus hat Christian Angerbauer geschaffen.

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