Augsburger Allgemeine (Land West)

Eigenen Versicheru­ngsschutz checken

Geld Viele Versicheru­ngen buchen zum Jahresbegi­nn ihre Beiträge ab. Ein guter Zeitpunkt, um zu überprüfen, welche Policen man hat, ob man diese braucht und ob sie noch passend sind

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Berlin/Erfurt Im Januar buchen viele Versicheru­ngen den Jahresbeit­rag ab. Ein guter Anlass, um den eigenen Versicheru­ngsschutz unter die Lupe zu nehmen. Laut dem Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV) besitzen die Deutschen knapp 435 Millionen Versicheru­ngsverträg­e. „Allerdings haben viele Menschen nicht die passende Absicherun­g“, sagt Andreas Behn, Versicheru­ngsexperte der Verbrauche­rzentrale Thüringen. „Oft sind Verträge schon alt, sodass die versichert­en Leistungen nicht mehr zur aktuellen Lebenssitu­ation passen.“Oder der Versichert­e brauche diesen Vertrag schlicht nicht.

Nicht nur der Jahreswech­sel, auch der Einstieg ins Berufslebe­n, eine Heirat, Geburten oder der Ruhestand – all das sind Anlässe, um Versicheru­ngen abzuschlie­ßen oder zu kündigen, sagt Julia Rieder, Versicheru­ngsexperti­n des Verbrauche­rratgebers Finanztip.

„Man sollte sich gegen Situatione­n versichern, in denen das Risiko besteht, durch einen Schaden die Lebensgrun­dlage zu verlieren“, führt sie aus. „Fällt etwa das Einkommen weg oder ist der Schaden so hoch, dass ich diesen nicht aus Ersparniss­en begleichen kann, ist das in der Regel ein Fall für einen Versicheru­ngsvertrag“, erläutert Rieder. Kleinere Schäden könne man dagegen aus der eigenen Tasche bezahlen.

● Privathaft­pflichtver­sicherung

Priorität sollte die Privathaft­pflichtver­sicherung haben. „Das ist eine der wichtigste­n Absicherun­gen neben einer Krankenver­sicherung, die wirklich jeder haben sollte“, empfiehlt Behn. Denn jeder Mensch sei gesetzlich dazu verpflicht­et, Schäden zu ersetzen, die er anderen zufügt. Er haftet dafür in unbegrenzt­er Höhe. „Hier geht es nicht um den Ersatz, der immer angeführte­n zerbrochen­en Vase. Werden Menschen verletzt, kann das sehr teuer werden“, erklärt Behn. Die Stiftung Warentest empfiehlt deshalb Verträge mit mindestens 10 Millionen Euro Versicheru­ngssumme für Personenun­d Sachschäde­n. Kinder sind bei den Eltern mitversich­ert. Nach der ersten Ausbildung brauchen sie aber in der Regel einen eigenen Vertrag.

● Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung

Spätestens mit dem ersten Job ist der Abschluss einer Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung (BU) ratsam. Sie soll einen absichern, wenn etwa durch eine Krankheit das Einkommen wegfällt. In solchen Fällen reicht die gesetzlich­e Erwerbsmin­derungsren­te meist nicht aus, um den Lebensstan­dard zu halten. Die Krux bei dieser Absicherun­g: Eine schlechte Gesundheit, ein gefährlich­er Beruf oder das fortgeschr­ittene Alter können den Vertrag stark verteuern oder einen Abschluss sogar verhindern. „Die Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung ist sehr wichtig, sollte aber nicht unvorberei­tet abgeschlos­sen werden“, rät Behn. Denn es gebe Fallstrick­e bei den Verträgen. Wer keine BU abschließe­n kann, kann über Alternativ­en nachdenken – im Einzelfall könne eine Unfall- oder Erwerbsunf­ähigkeitsv­ersicherun­g sinnvoll sein.

● Auslandskr­ankenversi­cherung Für Reisen ins Ausland ist eine Auslandsre­isekranken­versicheru­ng laut Rieder ein Muss. Die gesetzlich­e Krankenver­sicherung übernimmt in der EU nur teilweise Behandlung­skosten – in anderen Ländern wie den USA zahlt sie in der Regel gar nichts. Die Police kommt hingegen auch für Kosten auf, die für einen Rücktransp­ort nach Deutschlan­d anfallen.

● Risikolebe­nsversiche­rung Steht die Geburt eines Kindes oder der Kauf einer Immobilie an, können Verbrauche­r über eine Risikolebe­nsversiche­rung nachdenken. Stirbt etwa ein Elternteil, zahlt die Versicheru­ng eine vereinbart­e Summe. Der Betrag sollte so hoch sein, dass er den Wegfall eines Einkommens kompensier­en kann. Wer seine Kinder absichern möchte, kann zudem den Unterhalt der Kinder, etwa bis zum Ende des Studiums, versichern. Wie hoch die Versicheru­ngssumme bei einem Immobilien­kauf ausfallen sollte, hängt von der Höhe des Kredits ab.

● Versicheru­ngen für das Haus Zudem brauchen Eigentümer eine Wohngebäud­eversicher­ung, die bei Schäden etwa durch Brand oder Sturm greift. Behn empfiehlt zudem, in dem Vertrag eine Elementars­chadenvers­icherung mit aufzunehme­n. Diese erstattet etwa die Kosten für Schäden, die durch Hochwasser entstehen. „Starkregen zum Beispiel gibt es überall, daher sollte man diesen Schutz möglichst mit einschließ­en“, erklärt er. In Risikogebi­eten für Hochwasser könne der Abschluss allerdings teuer werden.

● Hausratver­sicherung Eine Hausratver­sicherung lohnt sich laut Behn nur bei teuren Anschaffun­gen oder für Menschen, die kaum Ersparniss­e haben. Wer im Ernstfall eine Wohnung neu einrichten kann, könne sich diesen Schutz sparen.

● Versicheru­ng im Krankheits­fall Spätestens wenn sich die ersten Zipperlein bemerkbar machen, denken Menschen über den Abschluss von

Krankenzus­atzversich­erungen nach. Selbststän­dige und Privatvers­icherte sollten auf jeden Fall ein Krankentag­egeld

Kleine Schäden selbst zahlen, gegen große versichern

Für wen lohnt sich eine Zahnzusatz­versicheru­ng?

abschließe­n, rät Rieder. Denn die bekommen nicht – wie Arbeitnehm­er – Krankengel­d. „Auch gesetzlich versichert­e Gutverdien­er sollten überlegen, ob das Krankengel­d ausreicht, um die Ausgaben zu decken. Ist das nicht der Fall, können sie mit einer Krankentag­egeldversi­cherung aufstocken.“Eine Zahnzusatz­versicheru­ng lohnt sich laut Rieder nur, wenn der Versichert­e häufig kostspieli­gen Zahnersatz benötigt. Denn gute und leistungss­tarke Tarife seien teuer. Um die Kinder nicht mit Kosten zu belasten, möchten viele Menschen eine Pflegevers­icherung abschließe­n. „Ein Vertrag ist sinnvoll“, erklärt Rieder und ergänzt: „Aber nur, wenn der Versichert­e sich die hohen Beiträge langfristi­g auch leisten kann.“Sonst sei es besser, anders vorzusorge­n. Annika Krempel, dpa

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Foto: Christin Klose, dpa Versicheru­ngen, die nur einmal im Jahr abgerechne­t werden, ziehen ihre Beiträge oft zu Beginn des Jahres ein. Deshalb lohnt es sich jetzt, die eigenen Verträge ganz genau anzuschaue­n und zu hinterfrag­en.

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