Augsburger Allgemeine (Land West)
Das bewegt sich 2019 am Hauptbahnhof
Infrastruktur Die Arbeiten gehen voran, wobei Reisende nur einen Teil davon mitbekommen. Der Tunnel bleibt die große Herausforderung. Die Kosten liegen längst über der 200-Millionen-Euro-Marke
Der Umbau des Augsburger Hauptbahnhofs wird als Jahrhundert-Projekt bezeichnet. Zum einen liegt dies an den kalkulierten Plan- und Baukosten von 210 Millionen Euro. Das ist der aktuelle Stand. Der Betrag wird wohl nicht zu halten sein. Zwar sind 35 Millionen für die letzte große Ausschreibung im nächsten Jahr enthalten, doch weil die gute Baukonjunktur die Preise steigen lässt, ist mit mehr Ausgaben zu rechnen. Das könnte am Ende bedeuten, dass das Jahrhundert-Projekt sogar eine Viertelmilliarde Euro verschlingt; den Löwenanteil tragen Bund und Land, aber auch Stadt und Stadtwerke sind mit im Boot.
Der teure Umbau, dessen Kernstück die Untertunnelung der Bahngleise ist, ist zum anderen ein Bauprojekt, das sich in die Länge zieht. Ein Jahrhundert dauert der Umbau nicht, doch mehr als ein Jahrzehnt wird benötigt, damit Reisende künftig ein deutlich besseres und attraktiveres Angebot am Bahnhof erhalten. Wird der Fahrplan eingehalten, soll der neue Hauptbahnhof in der zweiten Jahreshälfte 2023 in Betrieb gehen. Zu diesem Zeitpunkt sollen Straßenbahnen unter den Bahngleisen verkehren. Dort entsteht eine unterirdische Haltestelle, von der aus man zu den Bahngleisen kommt. Der Tunnel für Trams und Fußgänger verbindet zugleich den Bereich am Hauptbahnhof mit dem Thelottviertel im Westen der Stadt.
Das ist Zukunftsmusik. Reisende erleben derzeit die unliebsamen Folgen des Projekts. Die Bahnhofshalle ist gesperrt. Geschäfte und Fahrkartenverkauf sind vor dem Bahnhof in einer Art Containerdorf. Bahnfahren in Augsburg wird bei Ein- und Ausstieg zum Hindernislauf. Dies wird sich erst ändern, wenn die Fahrstühle und Rolltreppen die Ebenen verbinden.
Der Bahnhofsumbau bleibt für Außenstehende ein Geheimnis, weil das Areal großräumig abgesperrt ist. Allenfalls weisen große Plakate auf die Vision des umgebauten Bahnhofs hin. Die Stadtwerke Augsburg, die gemeinsam mit der Deutschen Bahn den Umbau planen, bieten allerdings in regelmäßigen Abständen sogenannte Tunnelführungen an.
Gegenüber unserer Zeitung präsentieren die Stadtwerke einen Zwischenstand der laufenden Arbeiten und kündigen an, welche Projekte im Jahr 2019 anstehen. Dabei gilt: Auch weiterhin spielt sich sehr viel unsichtbar ab.
● Der aktuelle Stand 405 Meter wird der Tunnel unter dem Hauptbahnhof einmal lang sein. Hinzukommen 120 Meter Auf- und Abfahrtsrampe in der Halderstraße. Etwa 300 Meter Tunnel sind heute bereits im Rohbau fertig – also drei Viertel des gesamten Tunnels. Im Westen von der Rosenaustraße reicht der Tunnelrohbau bis unter den neuen Bahnsteig F, der am 9. Dezember in Betrieb genommen wurde. Im Osten von der Innenstadt her ist der Tunnelrohbau bis direkt vor das Bahnhofsgebäude fertig.
● Bahnhofsgebäude 2019 Die im Jahr 2017 begonnenen Arbeiten für den etwa 20 Meter langen Tunnel unter der Empfangshalle gehen weiter. Im Ostteil sind die Vorarbeiten für den Tunnel fertig. Nötig ist ein sehr komplexes Verfahren. Unter dem denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude wurde das sogenannte Düsenstrahlverfahren angewendet: Mit Hochdruck wird ein Betongemisch ins Erdreich unter dem Gebäude gespritzt. Dadurch entstehen dort, wo später die Tunnelmauern sein werden, rechts und links zwei Betonkörper unter dem Gebäude. Darauf wird der Tunneldeckel betoniert. Im Anschluss kann das Erdreich unter dem Deckel zwischen den Betonmauern ausgegraben werden. Im Westteil der Halle werden bis Ende Februar die restlichen Betoninjektionen erledigt sein. Bis Ende September wird dann auch im Westen der Tunneldeckel betoniert. Wie im Osten muss dafür die Fassa- de im Erdgeschoss abgebrochen werden. Das Gebäude wird mit einer Stahlkonstruktion unterfangen und hydraulisch stabil gehalten. Ab Oktober 2019 beginnen die ersten Arbeiten an der Baugrube unter dem Tunneldeckel. Zwischen den Betonwänden wird die Erde ausgegraben, sodass dort der Tunnel entsteht.
● Treppenhaus Eine spezielle Unterkonstruktion ist für das Treppenhaus in der Mitte der Bahnhofshalle nötig. Das denkmalgeschützte Treppenhaus wurde für die Arbeiten ausgebaut und muss originalgetreu wieder entstehen. Dafür ist zusätzlich eine Stahl-Abfangung nötig, die bis Mai fertig wird.
● Bahnhof (Gleisbereiche) Hier stehen vom neuen Bahnsteig F die Arbeiten für den knapp 100 Meter langen Tunnel bis zum Bahnhofsgebäude an. Dafür werden je ein Gleispaar und die dazugehörigen Bahnsteighälften außer Betrieb genommen. In diesem Abschnitt werden die späteren Tunnelwände mit Betonbohrpfählen vorbereitet. Darauf wird die Decke betoniert. Auf dieser Eisenbahnüberführung werden dann Bahnsteige und Gleise wieder hergestellt. So arbeitet man sich Bahnsteig für Bahnsteig bis zum Bahnhofsgebäude vor. Der Hauptbahnhof bleibt für den Bahnverkehr voll funktionsfähig – wenn auch mit Einschränkungen für die Fahrgäste. Im Lauf des Jahres 2019 kommt es an einzelnen Bahnsteigen zu Teilrückbauten.