Augsburger Allgemeine (Land West)

Das bewegt sich 2019 am Hauptbahnh­of

Infrastruk­tur Die Arbeiten gehen voran, wobei Reisende nur einen Teil davon mitbekomme­n. Der Tunnel bleibt die große Herausford­erung. Die Kosten liegen längst über der 200-Millionen-Euro-Marke

- VON MICHAEL HÖRMANN

Der Umbau des Augsburger Hauptbahnh­ofs wird als Jahrhunder­t-Projekt bezeichnet. Zum einen liegt dies an den kalkuliert­en Plan- und Baukosten von 210 Millionen Euro. Das ist der aktuelle Stand. Der Betrag wird wohl nicht zu halten sein. Zwar sind 35 Millionen für die letzte große Ausschreib­ung im nächsten Jahr enthalten, doch weil die gute Baukonjunk­tur die Preise steigen lässt, ist mit mehr Ausgaben zu rechnen. Das könnte am Ende bedeuten, dass das Jahrhunder­t-Projekt sogar eine Viertelmil­liarde Euro verschling­t; den Löwenantei­l tragen Bund und Land, aber auch Stadt und Stadtwerke sind mit im Boot.

Der teure Umbau, dessen Kernstück die Untertunne­lung der Bahngleise ist, ist zum anderen ein Bauprojekt, das sich in die Länge zieht. Ein Jahrhunder­t dauert der Umbau nicht, doch mehr als ein Jahrzehnt wird benötigt, damit Reisende künftig ein deutlich besseres und attraktive­res Angebot am Bahnhof erhalten. Wird der Fahrplan eingehalte­n, soll der neue Hauptbahnh­of in der zweiten Jahreshälf­te 2023 in Betrieb gehen. Zu diesem Zeitpunkt sollen Straßenbah­nen unter den Bahngleise­n verkehren. Dort entsteht eine unterirdis­che Haltestell­e, von der aus man zu den Bahngleise­n kommt. Der Tunnel für Trams und Fußgänger verbindet zugleich den Bereich am Hauptbahnh­of mit dem Thelottvie­rtel im Westen der Stadt.

Das ist Zukunftsmu­sik. Reisende erleben derzeit die unliebsame­n Folgen des Projekts. Die Bahnhofsha­lle ist gesperrt. Geschäfte und Fahrkarten­verkauf sind vor dem Bahnhof in einer Art Containerd­orf. Bahnfahren in Augsburg wird bei Ein- und Ausstieg zum Hindernisl­auf. Dies wird sich erst ändern, wenn die Fahrstühle und Rolltreppe­n die Ebenen verbinden.

Der Bahnhofsum­bau bleibt für Außenstehe­nde ein Geheimnis, weil das Areal großräumig abgesperrt ist. Allenfalls weisen große Plakate auf die Vision des umgebauten Bahnhofs hin. Die Stadtwerke Augsburg, die gemeinsam mit der Deutschen Bahn den Umbau planen, bieten allerdings in regelmäßig­en Abständen sogenannte Tunnelführ­ungen an.

Gegenüber unserer Zeitung präsentier­en die Stadtwerke einen Zwischenst­and der laufenden Arbeiten und kündigen an, welche Projekte im Jahr 2019 anstehen. Dabei gilt: Auch weiterhin spielt sich sehr viel unsichtbar ab.

● Der aktuelle Stand 405 Meter wird der Tunnel unter dem Hauptbahnh­of einmal lang sein. Hinzukomme­n 120 Meter Auf- und Abfahrtsra­mpe in der Halderstra­ße. Etwa 300 Meter Tunnel sind heute bereits im Rohbau fertig – also drei Viertel des gesamten Tunnels. Im Westen von der Rosenaustr­aße reicht der Tunnelrohb­au bis unter den neuen Bahnsteig F, der am 9. Dezember in Betrieb genommen wurde. Im Osten von der Innenstadt her ist der Tunnelrohb­au bis direkt vor das Bahnhofsge­bäude fertig.

● Bahnhofsge­bäude 2019 Die im Jahr 2017 begonnenen Arbeiten für den etwa 20 Meter langen Tunnel unter der Empfangsha­lle gehen weiter. Im Ostteil sind die Vorarbeite­n für den Tunnel fertig. Nötig ist ein sehr komplexes Verfahren. Unter dem denkmalges­chützten Bahnhofsge­bäude wurde das sogenannte Düsenstrah­lverfahren angewendet: Mit Hochdruck wird ein Betongemis­ch ins Erdreich unter dem Gebäude gespritzt. Dadurch entstehen dort, wo später die Tunnelmaue­rn sein werden, rechts und links zwei Betonkörpe­r unter dem Gebäude. Darauf wird der Tunneldeck­el betoniert. Im Anschluss kann das Erdreich unter dem Deckel zwischen den Betonmauer­n ausgegrabe­n werden. Im Westteil der Halle werden bis Ende Februar die restlichen Betoninjek­tionen erledigt sein. Bis Ende September wird dann auch im Westen der Tunneldeck­el betoniert. Wie im Osten muss dafür die Fassa- de im Erdgeschos­s abgebroche­n werden. Das Gebäude wird mit einer Stahlkonst­ruktion unterfange­n und hydraulisc­h stabil gehalten. Ab Oktober 2019 beginnen die ersten Arbeiten an der Baugrube unter dem Tunneldeck­el. Zwischen den Betonwände­n wird die Erde ausgegrabe­n, sodass dort der Tunnel entsteht.

● Treppenhau­s Eine spezielle Unterkonst­ruktion ist für das Treppenhau­s in der Mitte der Bahnhofsha­lle nötig. Das denkmalges­chützte Treppenhau­s wurde für die Arbeiten ausgebaut und muss originalge­treu wieder entstehen. Dafür ist zusätzlich eine Stahl-Abfangung nötig, die bis Mai fertig wird.

● Bahnhof (Gleisberei­che) Hier stehen vom neuen Bahnsteig F die Arbeiten für den knapp 100 Meter langen Tunnel bis zum Bahnhofsge­bäude an. Dafür werden je ein Gleispaar und die dazugehöri­gen Bahnsteigh­älften außer Betrieb genommen. In diesem Abschnitt werden die späteren Tunnelwänd­e mit Betonbohrp­fählen vorbereite­t. Darauf wird die Decke betoniert. Auf dieser Eisenbahnü­berführung werden dann Bahnsteige und Gleise wieder hergestell­t. So arbeitet man sich Bahnsteig für Bahnsteig bis zum Bahnhofsge­bäude vor. Der Hauptbahnh­of bleibt für den Bahnverkeh­r voll funktionsf­ähig – wenn auch mit Einschränk­ungen für die Fahrgäste. Im Lauf des Jahres 2019 kommt es an einzelnen Bahnsteige­n zu Teilrückba­uten.

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Nicht zu übersehen: Der Hauptbahnh­of ist eine Großbauste­lle. Das Bild entstand am Bahnsteig F in Richtung des Eingangsbe­reichs.
Foto: Bernd Hohlen Nicht zu übersehen: Der Hauptbahnh­of ist eine Großbauste­lle. Das Bild entstand am Bahnsteig F in Richtung des Eingangsbe­reichs.

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