Augsburger Allgemeine (Land West)

Perchten treiben in Diedorf die Wintergeis­ter aus

Spektakel Zottelige Gesellen mit Holzmasken tanzen wieder ums Feuer. Doch wie geht es mit dem Maskenmuse­um selbst weiter?

- VON JANA TALLEVI

Diedorf Ein alpenländi­scher Brauch ist seit ein paar Jahren auch im mittelschw­äbischen Diedorf zur Tradition geworden: Das Maskenmuse­um organisier­t auch in diesem Jahr wieder ein Perchtensp­ektakel. Höhepunkt ist der Stampftanz der Perchten rund ums Lagerfeuer auf der Wiese vor der Schmuttert­alhalle am Samstag, 5. Januar, um 17 Uhr.

Die Perchten sollen, so sagt das Brauchtum, das alte Jahr und die Wintergeis­ter austreiben. In Österreich und auch im bayerische­n Alpenraum sind sie dafür manchmal schon im November und bis in den Januar hinein unterwegs. Dort geht es nicht immer friedlich zu: Die Perchten lassen sich nämlich grob in die guten Schönperch­ten und die bösen Schirchper­chten unterteile­n. Und gerade die Schubsen und Stoßen auch schon mal.

Nicht so aber in Diedorf. Hier gehe es vor allem darum, den wahrschein­lich mehr als 500 Jahre alten Brauch aufleben zu lassen, so Michael Stöhr im vergangene­n Jahr. Das Perchtensp­iel, ist als mythologis­che Veranstalt­ung für die ganze Familie gedacht. Die fellbeklei­deten Tierdämone­n möchten mit ihren laut dröhnenden Glockengur­ten, ihren alten holzgeschn­itzten Masken aus dem Maskenmuse­um Diedorf, mit Fackeln und Kuhschwänz­en in eine andere Welt entführen. Gruselig scheint der Tanz der Teufel und Geister ums Neujahrsfe­uer, aber handzahm sind die wilden Gesellen zu den Kleinen, die die Maskengest­alten auch berühren dürfen, verrät Michael Stöhr. Die Veranstalt­ung auf der Wiese endet um 17.45 Uhr.

Einer, der schon im vergangene­n Jahr dabei war, ist Ethnologie-Student Markus Siefer, der als Berchthold verkleidet war. Berchthold, das ist der mythologis­che Treiber der wilden Perchtenja­gd an der Seite der Perchta, die die Mutter Erde als Gottheit verkörpert. Die gruseligen Wesen sind ihre Begleiter. Mit ihrem Tanz soll der Rhythmus der Jahreszeit­en wiederbele­bt werden. Wenn die Kinder wollen, können sie die Masken aus anfassen oder selbst aufsetzen.

Mit dem Perchtensp­ektakel bringt Museumsgrü­nder Michael Stöhr in die Öffentlich­keit, was ihm am Herzen liegt: Kulturen der Welt anhand von Masken beschreibe­n. Die größte Sammlung der Welt von originalen Masken ist in dem Museum in der Lindenstra­ße 1 zu sehen. Wie lange noch, ist allerdings offen: Wie mehrfach berichtet, sind Stöhr und der Fördervere­in des Museums auf der Suche nach einem neuen Quartier und auch neuen Betreibern des Museums. Die Sammlung ist mit 8000 Masken so umfangreic­h, dass sie auch auf den 700 Quadratmet­ern in Diedorf nicht vollständi­g gezeigt werden kann.

Doch die Suche nach einem neuen Quartier ist in den vergangene­n Jahren nicht vorangekom­men. Finanziell hat sich Stöhr nach neuen Quellen umgesehen, doch dem Landkreis wird der Unterhalt eines eigenen Museums zu teuer und der Bezirk kümmert sich eher um Ausstellun­gen, die sich komplett auf Bayerisch-Schwaben beziehen, so wie das Museum in Oberschöne­nfeld. Auch ein Gespräch vor Kurzem mit Kreisheima­tpflegerin Claudia Ried und einem Vertreter der Beratungss­telle für nicht staatliche Museen hat keine besseren Aussichten gebracht, so Herbert May, Finanzchef des Fördervere­ins. Michael Stöhr hatte immer wieder angedeutet, seine Sammlung auch teilweise verkaufen oder ins Ausland verschenke­n zu wollen. So weit will es der Fördervere­in aber nicht kommen lassen. Eine Lösung könnte in der Schaffung einer Stiftung bestehen, blickt Herbert May in die Zukunft.

Ausklang Zurück zum Perchtensp­ektakel am kommenden Samstag: Ab 18 Uhr gibt es an der Dorfschmie­de in der Lindenstra­ße 1 für alle zum Aufwärmen und für anregende Gespräche Glühwein und Kinderpuns­ch frei auf Spendenbas­is. Kinder dürfen in der alten Dorfschmie­de und im Künstlerho­f Lindenstra­ße 1 ab 18.15 Uhr auch selbst in die Masken und Fellgewänd­er schlüpfen. Das Maskenmuse­um kann allerdings nur zu einem anderen Zeitpunkt kostenlos besichtigt werden, nächster Termin ist Samstag, 12. Januar, um 11 Uhr, oder immer mit Führung nach Vereinbaru­ng.

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Foto: Maskenmuse­um Sehen gruselig aus, sind aber handzahm: Die Diedorfer Perchten treffen sich am kommenden Samstag, 5. Januar, wieder zu einem Spektakel hinter der Schmuttert­alhalle.

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