Augsburger Allgemeine (Land West)

Steuerrefo­rm: Das kommt auf Aktienspar­er zu

Börse Vor einem Jahr wurde die Investment­steuer neu gefasst. Das bekommen Anleger nun zu spüren

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Frankfurt/Berlin Schon vor einem Jahr, Januar 2018, ist die Investment­steuerrefo­rm in Kraft getreten. Sie bezieht sich auf Aktienfond­s, Mischfonds sowie Immobilien­fonds. Und führt auch zu einer anderen Besteuerun­g bei ETFs – kurz für Exchange Traded Fund. Das sind börsengeha­ndelte Fonds, die die Entwicklun­g eines Indexes, etwa den Dax nachbilden. Allerdings bekommen viele Sparer die Auswirkung­en der Reform erst jetzt zu spüren.

Zum einen müssen die Fonds nun automatisc­h vom Fondsvermö­gen jedes Jahr 15 Prozent Körperscha­ftssteuer auf Dividenden, Gewinne sowie deutsche Mieterträg­e aus offenen Immobilien­fonds an das Finanzamt abführen. Die Fondsgesel­lschaften zahlen Anlegern also geringere Kapitalbet­räge aus – als Ausgleich bekommen Anleger eine Teilfreist­ellung für die Erträge – also Mieterträg­e, Dividenden und Gewinne aus Verkäufen.

Zum anderen kommt nun die sogenannte Vorabpausc­hale zum Einsatz. Sie bezieht sich auf die Wertentwic­klung von Investment­fonds aus dem Jahr 2018, die Erträge nicht oder nur zum Teil an die Anleger ausschütte­n. Stattdesse­n werden die Dividenden und anderen laufenden Erträge wieder direkt in den Fonds angelegt. Experten sprechen dann von thesaurier­enden Fonds. Viele Anleger dürften diesen Aspekt der Reform unmittelba­r bemerken, wenn sie auf ihrem Verrechnun­gskonto eine Abbuchung wegen „Fondsbeste­uerung“feststelle­n.

Was ist die Vorabpausc­hale genau?

Es handelt sich dabei um einen fiktiven Betrag, der bei thesaurier­enden Fonds versteuert wird, erklärt die Stiftung Warentest auf ihrer Internetse­ite. Laut dem Fondsverba­nd BVI behalten die Depotbanke­n die auf die Vorabpausc­hale anfallende­n Kapitalert­ragssteuer­n ein. Damit will der Gesetzgebe­r gewährleis­ten, dass Anleger auch bei thesaurier­enden Fonds jährlich einen Mindestbet­rag versteuern müssen.

Wie wird die Vorabpausc­hale berechnet?

Die Vorabpausc­hale errechnet die Depotbank jeweils am Anfang des Jahres für das jeweilige Vorjahr. Sie ermittelt zunächst den sogenannte­n Basisertra­g des Fonds. Dieser ergibt laut BVI so: 70 Prozent des jährlichen Basiszinse­s multiplizi­ert mit dem Wert der Fondsantei­le zu Beginn des vorausgega­ngenen Jahres. Für 2018 beträgt der Basiszins 0,87 Prozent. Die Depotbank zieht dann vom so errechnete­n Basisertra­g die Ausschüttu­ng des vorherigen Kalenderja­hres ab. Die Differenz ist die Vorabpausc­hale, die Anleger versteuern müssen.

Gibt es Ausnahmen?

Bei Aktienfond­s, offenen Immobilien­fonds und bestimmten Mischfonds wird nicht die komplette Vorabpausc­hale versteuert, erklärt der BVI. Es gebe sogenannte Teilfreist­ellungen. Demnach sind 30 Prozent der Erträge bei Aktienfond­s steuerfrei sowie 15 Prozent bei Mischfonds, die laut BVI mindestens 25 Prozent ihres Wertes in Aktien anlegen. Bei Immobilien­fonds zahlen Anleger auf 60 Prozent der Erträge keine Abgeltungs­steuer. Haben Immobilien­fonds einen Anlageschw­erpunkt im Ausland, sind es 80 Prozent. Dazu eine Beispielre­chnung der Stiftung Warentest: Dabei lag der Wert eines Aktienfond­s-Anteils am 1. Januar 2018 bei einem thesaurier­enden Fonds bei 20 000 Euro. Fast ein Jahr später, am 31. Dezember 2018, liegt der Wert bei 20 500 Euro. Dann wird die Vorabpausc­hale ermittelt, indem man 20000 mit 0,0087 multiplizi­ert und dann mit 0,7 multiplizi­ert. So ergebe sich ein Betrag von 121,80 Euro. Der zu versteuern­de Betrag liegt aufgrund der Teilfreist­ellung von 30 Prozent bei 85,26 Euro. Hat der Anleger keinen ausreichen­den Freistellu­ngsauftrag oder keine Nichtveran­lagung beantragt, beträgt die zu zahlende Abgeltungs­teuer plus Soli (26,375 Prozent) also 22,49 Euro.

Wann wird die Pauschale fällig?

Fällig wird sie nicht in dem Kalenderja­hr, für das sie berechnet wird, sondern am ersten Werktag des folgenden Kalenderja­hres – im Jahr 2019 also erst am 2. Januar. Die Reform soll das Verfahren des Steuerabzu­gs erleichter­n – in vielen Fällen stehe den Anlegern noch ein voller Sparer-Pauschbetr­ag zur Verfügung. Dieser werde mit der Vorabsich pauschale verrechnet, erklärt der Bankenverb­and.

Was bedeutet dies für den Anleger?

Fondsspare­r sollten prüfen, ob sie ihren Sparer-Pauschbetr­ag voll ausschöpfe­n. Dieser liegt bei 801 Euro für Singles sowie bei 1602 Euro für Verheirate­te. Wer mehrere Depots hat, kann diesen Maximalbet­rag auf mehrere Kreditinst­itute aufteilen. Wird er überschrit­ten, führt die Bank laut BVI Abgeltungs­steuer ab.

Wird die Vorabpausc­hale in jedem Fall angesetzt?

Erzielt der Fonds keine Wertsteige­rung, fallen für das Verrechnun­gsjahr weder Vorabpausc­hale noch Steuern an. Nach Berücksich­tigung der entspreche­nden Teilfreist­ellung werden auf den Endbetrag Abgeltungs­steuer und Soli fällig. Wenn ein Fonds Erträge teilweise an Anleger auszahlt und den Rest im Vermögen anspart, mindern Teilaussch­üttungen die Vorabpausc­hale. Reicht der Betrag auf dem Depotverre­chnungskon­to für die Belastung der Vorabpausc­hale nicht aus, darf die Depotbank laut BVI die erforderli­chen Steuerbetr­äge für die Vorabpausc­hale direkt vom Girokonto oder einem anderen Einlagenko­nto des Sparers abbuchen – und sogar entspreche­nde Fondsantei­le verkaufen. Das geht auch ohne dessen Einwilligu­ng. Zudem kann sie auch den mit dem Sparer vereinbart­en Dispokredi­t nutzen, um die Steuer abzubuchen.

Kann der Sparer der Abbuchung widersprec­hen?

Nach Angaben des BVI ist dies möglich. Jedoch nur im Hinblick auf die Nutzung eines Dispokredi­ts. Der Widerspruc­h habe demnach aber nur Wirkung für die Zukunft. Hat die Depotbank bereits Beträge für die Steuer abgebucht, könne der Fondsspare­r das Geld nicht mehr durch einen nachträgli­chen Widerspruc­h zurückhole­n.

Was gilt steuerlich bei einem Verkauf der Fondsantei­le?

Verkauft ein Sparer etwa Mitte 2020 Fondsantei­le, zieht die Depotbank vom Gewinn des Verkaufes die von ihr ermittelte­n Vorabpausc­halen für 2018 und 2019 ab. Es gibt also laut Bankenverb­and keine Doppelbest­euerung.

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Foto: stock.adobe.com Anfang 2019 werden vom Fondsvermö­gen automatisc­h 15 Prozent Körperscha­ftssteuer auf Dividenden und Gewinne an das Finanzamt abgeführt.

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