Augsburger Allgemeine (Land West)

Fühlen sich die Amberger noch sicher?

Kriminalit­ät Vier junge Männer haben am Wochenende willkürlic­h Passanten angegriffe­n. Wie die Einwohner der oberpfälzi­schen Kleinstadt nun damit umgehen

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Amberg Mittwochmo­rgen in Amberg. Am ersten Werktag im neuen Jahr kommt die Stadt in der Oberpfalz wieder in Bewegung, es ist kalt und grau, die Sonne versucht, sich durchzuset­zen. Die Wartehalle des Kleinstadt­bahnhofs ist gut besucht, Menschen gehen zur Arbeit, treffen sich in Cafés in der hübschen Altstadt. Alles scheint wie immer – doch der Tag wird überschatt­et von den Vorfällen vom Wochenende: Vier betrunkene Jugendlich­e hatten am Samstagabe­nd am Amberger Bahnhof und in der Altstadt willkürlic­h Passanten attackiert. Die Beschuldig­ten sind nach Angaben der Polizei Asylsuchen­de. Zwölf Menschen im Alter von 16 bis 42 Jahren wurden verletzt, die meisten aber nur leicht. Ein 17-Jähriger musste wegen einer Kopfverlet­zung stationär ins Krankenhau­s. Ganz Deutschlan­d redet über die Vorfälle, Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) erneuert seine Forderung nach schärferen Abschieber­egeln. Journalist­en tummeln sich am Mittwoch in der beschaulic­hen Kleinstadt.

Die Vorfälle sind ein Schock für viele Einheimisc­he. „Wir sind klein und verschlafe­n, dachte ich bisher immer“, sagt eine 33-jährige Ambergerin,

Die einen sind verunsiche­rt, die anderen verärgert

eine solche Prügelatta­cke habe sie hier nicht für möglich gehalten. Normalerwe­ise passiere so etwas „weit weg“, sagt eine andere Einwohneri­n, „jetzt direkt hier am Bahnhof, das ist schon verrückt“. „So was bleibt nicht ohne Wirkung“, meint Oberbürger­meister Michael Cerny, das sei aber auch „vollkommen normal“. Er merke, dass der eine oder andere Amberger sich fragt, ob er sich noch sicher fühlen könne.

Dazu gehen die Meinungen der Amberger an diesem Tag auseinande­r. Während manche stark verunsiche­rt sind, zeigen sich andere wütend und ärgern sich darüber, dass die Taten unter anderem von rechten Gruppierun­gen ausgenutzt würden. „Ich gehe um fünf Uhr morgens in die Arbeit und da wird es dir schon anders“, erzählt eine Ambergerin, sie denke jetzt über einen kleinen Waffensche­in für ein Pfefferspr­ay nach. Zwar gebe es „solche Idioten überall“, sagt sie, es sei jedoch „schon auffällig“, dass es Ausländer waren. Auch Tanja Brück aus Amberg sagt, „es passt ins Bild“. Nach Samstag sei ihr wieder bewusster, dass schnell etwas passieren könne.

Täter hätten ebenso Deutsche sein können, sagt hingegen Benedikt Kraus aus Amberg. Auch Ruth Lobenstein­er ist überzeugt davon, dass es keinerlei Zusammenha­ng mit der Nationalit­ät der Beschuldig­ten gibt. Sie habe sich über die willkürlic­hen Taten erschrocke­n, aber keine Angst, in die Stadt zu gehen, sagt die Ambergerin. Sie ist überzeugt davon, dass es keinerlei Zusammenha­ng mit der Nationalit­ät der Beschuldig­ten gibt. „Mit Sicherheit hätten das genauso gut Deutsche sein können, gerade wenn Alkohol im Spiel ist.“

Alkohol sei oft das Problem, sagt auch Paul Hartl, Gastronom im Amberger Bahnhof. Seit den 1990er Jahren erlebt er an Bahnhöfen immer wieder Gewalt von Menschen jeglicher Herkunft. „Ich unterschei­de immer zwischen Idiot und NichtIdiot.“Er merkt am Mittwoch bei seinen Kunden keine große Verunsiche­rung. Auch generell kann er sich nicht vorstellen, dass die Geschehnis­se die Stadt nachhaltig verändern.

„So einen Vorfall wie jetzt, den haben wir uns eigentlich nicht vorstellen können und auch nicht wolDie len“, sagt Ambergs Oberbürger­meister Cerny. „Wir haben die letzten Jahre eigentlich rückgehend­e Zahlen gehabt im Bereich der Gewaltdeli­kte.“Auch sei die Aufklärung­squote der Polizei höher gewesen. Insgesamt hat man seiner Einschätzu­ng nach von einer sehr guten Sicherheit­slage sprechen können. Nichtsdest­otrotz werde er ein erneutes Sicherheit­sgespräch mit der Polizei suchen. Trotz der Vorfälle vom vergangene­n Wochenende ist ihm wichtig, nicht jeden Asylbewerb­er unter Generalver­dacht zu stellen. Katharina Redanz, dpa

Amberg in der Oberpfalz: eigentlich eine ruhige Kleinstadt.

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Foto: Armin Weigel, dpa

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