Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Mann am Berg der Seele
Manaslu Ein Biopic über Kammerlander
Neben Reinhold Messner gehört der Südtiroler Hans Kammerlander zu den bekanntesten Gipfelstürmern unserer Zeit. Diese Dokumentation würdigt die Berglegende mit einem gut ausbalancierten Potpourri aus dokumentarischen Aufnahmen, nachgespielten Szenen, Interviews und Grafiken. Regisseur Gerald Salmina („Streif – One Hell of a Ride“) porträtiert aber keinen makellosen Helden, er zeigt einen Getriebenen, der auch folgenschwere Fehler begeht und mitunter tragisch scheitert.
Im Jahre 1991 tobte der Zweite Golfkrieg. Auf ihrem Rückzug entzündeten die irakischen Truppen die Quellen der kuwaitischen Ölfelder und beschworen so apokalyptische Szenerien herauf. In einer völlig anderen Region des Planeten bricht Hans Kammerlander in Begleitung von zwei guten Freunden zur Besteigung des nepalesischen 8000ers „Manaslu“auf. Das Team kann nicht erahnen, dass sich die Verbrennungsrückstände der Kuwait-Katastrophe in der Atmosphäre bis in den Himalaya ausgebreitet haben und unbekannte Wetterphänomene provozieren. Gewaltige Blitze entladen sich und am Boden entstehen Hochspannungsfelder. Nur Kammerlander wird die Expedition überstehen, um Haaresbreite. Ein Leben lang wird er den „Berg der Seelen“meiden, bis er sich 2017 doch noch einmal seinem Schicksalsgipfel stellt.
Das Manaslu-Drama steht im Mittelpunkt der Geschichte. Aber der Zuschauer erfährt natürlich auch, wie Kammerlander aufwuchs und seine Liebe zu den Bergen entwickelte, wie ihm Reinhold Messner das Tor zur Welt aufstieß und wie er seine Nische fand, die Verbindung von Klettern und Skifahren. Insgesamt vier Darsteller verkörpern den Sportler in verschiedenen Lebensphasen. Werner Herzog, der mit Kammerlander u. a. den Film „Cerro Torre: Schrei aus Stein“gedreht hat, unterhält sich mit seinem Freund über den größten Fehler seines Lebens, eine Alkoholfahrt mit Todesfolge in 2013. Immer wieder haben nepalesische Mönche Ruhepunkte im Film gesetzt, die in einer unfassbaren Geduldsleistung ein Sandmandala erstellen, um es schließlich zu zerstören. Was für ein wunderbares Gleichnis. „Manaslu“ist das stimmige und ausgewogene Porträt eines bemerkenswerten Menschen, der sich großen Herausforderungen ebenso stellt wie dem eigenen Versagen. Das macht den Protagonisten sehr sympathisch. Natürlich wird sie auch diesmal gestellt, die Frage nach dem Sinn der lebensgefährlichen Unternehmungen. Auch Gerald Salmina kann sie mit seinem Werk nicht beantworten. Man muss wohl aus sehr ungewöhnlichem Holz geschnitzt sein, um den Antrieb dieser extremen Athleten nachvollziehen zu können. » Manaslu (2 Std.), Biografie, Österreich Wertung ★★★★✩
» Ein Interview mit Hans Kammerlander: am Samstag im Wochenend-Journal.