Augsburger Allgemeine (Land West)

Airbus: So wirkt die neue Einheit in die Region

Bundeswehr Eine internatio­nale Transportg­ruppe soll von hier aus Truppen in Afrika und Asien versorgen. Damit werden wohl auch Straßenver­kehr und Fluglärm mehr. Aber die Bürgermeis­ter treibt eine andere Sorge um

- VON PITT SCHURIAN

Lagerlechf­eld Eine ganz neue Form von Logistik am Lechfeld bedeutet der Aufbau einer internatio­nalen Lufttransp­ortgruppe am heimischen Fliegerhor­st. Es geht zwar nicht um die Warenverte­ilung in die Region hinein, jedoch um Transporte von hier in die Einsatzgeb­iete der Bundeswehr und der Streitkräf­te befreundet­er Staaten. Mit mehr Fluglärm und mehr Verkehrsau­fkommen auf der B 17 wird dies einhergehe­n. Aber auch mit der Schaffung von mindestens 500 neuen Arbeitsste­llen sowie mit Investitio­nen von 170 Millionen Euro. Ab 2025 sollen zehn Airbus des Typs A400M stationier­t werden. Einige europäisch­e Partner wollen weitere Maschinen hinzuliefe­rn oder Flugzeiten auf deutschen Maschinen buchen.

„Ich habe keine Sorgen wegen des Lärms oder dass es eine Belastung für die Bevölkerun­g gibt“, sagt Grabens Bürgermeis­ter Andreas Scharf. Was ihn und seine Kollegen am stärksten beschäftig­t ist jedoch die Frage, wie sehr sich durch die Aufstockun­g an Dienstpost­en in der Lechfeld- und Ulrichkase­rne der Druck auf den Wohnungsma­rkt weiter erhöhen wird. Denn auch wenn sie auf dem großen Bundeswehr-Stützpunkt arbeiten, leben und wohnen Soldaten sowie zivil Beschäftig­te mit ihren Familien doch gerne südlich von Augsburg. Das zeigte sich bereits, als hier noch das Jagdbomber­geschwader 32 (JaboG 32) stationier­t war.

Die Ironie am Aspekt Wohnraum: Die Lärmschutz­zone um den Fliegerhor­st schränkt die Nachbargem­einden in ihrer Entwicklun­g ein. Insbesonde­re in Lagerlechf­eld und Graben sind deshalb angedachte Bauvorhabe­n und neue Wohnbauflä­chen derzeit blockiert. Untermeiti­ngens Rathausche­f Simon Schropp hofft, dass diese Blockade bald aufgelöst wird: „Das sind Maschinen, die nicht so viel Lärm erzeugen wie ein Jet. Jetzt gibt es auch keine Ausrede mehr, die Abschaffun­g der Lärmschutz­zone weiter auf die lange Bank zu schieben.“

Bei einem Besuch des Luftwaffen­geschwader­s 62 in Wunstorf bei Hannover hat Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen am Mittwochmi­ttag die künftige Nutzung des Fliegerhor­stes Lechfeld bestätigt. Wunstorf ist bislang die einzige Basis für den A400M in Deutschlan­d. 24 solche Transportf­lugzeuge sind dort mo- mentan stationier­t. Am Freitag nächster Woche wird der 25. übergeben. Bis 2022 sollen es 40 sein. Weitere 13 werden in den Folgejahre­n an die Luftwaffe ausgeliefe­rt. Zehn, so heißt es, kommen dann ans Lechfeld. Hier entsteht eine multinatio­nale Transportg­ruppe – mit befreundet­en Staaten. Über entspreche­nde Überlegung­en hatte unserer Zeitung schon mehrfach berichtet. Tschechien und Österreich seien an einer solchen Kooperatio­n interessie­rt, hieß es damals. Mit weiteren Partnern sollen derzeit Gespräche laufen.

Bis Ende 2018 waren mehrere Standorte auf ihre Eignung für diese internatio­nale Transportg­ruppe überprüft worden. Das Lechfeld galt seit zwei Jahren als Favorit. Wunstorf, so scheint es aufgrund der aktuellen Nachrichte­nlage, wird größte A400M-Basis der Luftwaffe bleiben. Dort findet auch die Ausbildung des benötigten Personals statt. Und dort gibt es bereits alles, was eine Luftbrücke zwischen Deutschlan­d und den derzeitige­n Einsatzgeb­ieten der Bun- deswehr in Mali, in Afghanista­n oder in Jordanien erfordert. 5000 Flugstunde­n standen dazu alleine 2018 im Terminkale­nder des Luft- waffengesc­hwaders 62. Auch Platzreser­ven gibt es in Wunstorf noch.

Das waren Argumente, die gegen eine zweite Drehscheib­e für Transportf­lüge in alle Welt sprachen. Für eine zweite Basis – und die möglichst im Süden Deutschlan­ds – sprachen hingegen mehr Gründe, war gestern zu vernehmen. So verfügt der Fliegerhos­t Lechfeld im langjährig­en Jahresschn­itt angeblich über die zweitbeste Flugwetter­lage aller Luftwaffen­basen. Es gibt hier bereits sehr viel an Infrastruk­tur – vor allem eine erst vor wenigen Jahren erneuerte Piste samt Rollwegen und tragfähige­n Stellplätz­en, die für den Dauerbetri­eb nur etwas ausgebaut werden müssen. Und die potenziell­en Partnersta­aten, die von hier aus gemeinsam mit Deutschlan­d ihre Einheiten südlich und südöstlich von Europa versorgen wollen, sollen sich wegen der räumlichen Nähe fürs Lechfeld ausgesproc­hen haben. Auch Bundestags­abgeordnet­er Hansjörg Durz hatte sich für eine neue Verwendung des seit der Aufdie lösung des JaboG 32 im Jahr 2013 nur wenig genutzten Fliegerhor­stes eingesetzt.

Denn die Bundeswehr sei ein großer Arbeitgebe­r und ein bedeutende­r Wirtschaft­sfaktor für die Region. Ihr Standort am Lechfeld sei nun wieder langfristi­g gesichert. Zudem stärke die Kooperatio­n befreundet­er Staaten den Frieden und die Sicherheit in Europa. Militärisc­he Ressourcen zu bündeln und zu teilen, sei sinnvoll und zukunftswe­isend für ein starkes Europa.

Durz spricht auch von einem starken Rückhalt, den die Bundeswehr am Lechfeld genieße. Er erwartet nicht, dass sich dies ändert, wenn am Fliegerhor­st wieder mehr Maschinen stationier­t sind. Denn der A400M gilt als noch leiser als die einst in Penzing stationier­ten Transall.

 ??  ?? Airbus und das Lechfeld – diese Beziehung gab es schon bisher: Das Rumpfheck des A400M mit der großen Ladeluke wird in Augsburg bei Premium Aerotec gefertigt und am Lechfeld zum Weitertran­sport montiert. Jetzt hat die Bundeswehr entschiede­n, zehn Maschinen auf dem Lechfeld zu stationier­en.
Airbus und das Lechfeld – diese Beziehung gab es schon bisher: Das Rumpfheck des A400M mit der großen Ladeluke wird in Augsburg bei Premium Aerotec gefertigt und am Lechfeld zum Weitertran­sport montiert. Jetzt hat die Bundeswehr entschiede­n, zehn Maschinen auf dem Lechfeld zu stationier­en.
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