Augsburger Allgemeine (Land West)
Happy End für halb verhungerten Hund Kisha
Bilanz Im Augsburger Tierheim werden immer mehr verwahrloste und verstörte Tiere betreut, die beschlagnahmt werden mussten. Vereinsvorsitzender Heinz Paula kritisert Behörden. Er hat aber auch viele gute Neuigkeiten
Als Mischlingshündin Kisha vor einem halben Jahr ins Augsburger Tierheim gebracht wurde, war sie in einem schlimmen Zustand. „Sie war völlig abgemagert, verwahrlost und verstört“, sagt die Geschäftsführerin des Tierschutzvereins, Sabina Gaßner. Kisha war Mitte Juli zusammen mit weiteren stark vernachlässigten Hunden in einem Anwesen im Landkreis Aichach-Friedberg von den Behörden beschlagnahmt und ins Tierheim gebracht worden. Nach monatelanger intensiver Betreuung hat Kisha nun eine gute Zukunftsprognose. Doch der Hund ist längst nicht der einzige Fall, bei dem der Tierschutzverein helfen musste.
„Die Fälle, in denen die Behörden eingeschaltet werden, nehmen zu“, sagt Heinz Paula, Vorsitzender des Tierschutzvereins Augsburg. Das zeige sich auch im Großraum Augsburg. Allein im vergangenen Jahr wurden über 200 beschlagnahmte Tiere ins Heim an der Holzbachstraße gebracht. Es gab mehrere große Fälle mit Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, die Schlagzeilen machten.
Geschäftsführerin Sabina Gaßner erinnert an einen Fall im März, als rund 150 Vögel aus einem Gebäude im Stadtteil Oberhausen gerettet werden mussten, wo sie ein erbärmliches Dasein fristeten. Die Polizei ermittelte damals unter anderem wegen des Verdachts auf illegalen Tierhandel. Nach einer aufwendigen Betreuung und medizinischen Behandlung im Tierheim konnte inzwischen die Hälfte der Vögel in private Hände abgegeben werden, die andere Hälfte soll noch vermittelt werden, so Gaßner.
Hilfe leistete das Augsburger Tierheim vor einigen Wochen auch bei einem spektakulären Fall, der bundesweit Schlagzeilen machte. In der Gemeinde Königsmoos bei Neuburg an der Donau wurden Mitte November 134 zum Teil stark verwahrloste und verstörte Hunde in einem Anwesen beschlagnahmt, die anschließend bayernweit an Tierheime verteilt werden mussten. In Augsburg wurden zehn dieser Problemtiere aufgenommen, eine Hündin habe kürzlich gesunde Welpen bekommen, sagt Gaßner. Paula kritisiert in diesem Zusammenhang, dass bei Verstößen zuständige Veterinärämter teilweise erst sehr spät aktiv würden, auch wenn schlimme Verstöße längst bekannt seien. Teilweise werde erst dann gehandelt, in den Medien öffentlicher Druck erzeugt werde. Diese Erfahrung gelte ausdrücklich nicht für das städtische Veterinäramt in Augsburg, betont man beim Tierschutzverein. Die Zusammenarbeit laufe sehr gut.
Gaßner und Paula zufolge zeigen die genannten Beispiele, wie schlimm teilweise mit Tieren umgegangen wird. Zum Teil gehe es darum, lukrative Geschäfte zu machen, etwa mit dem Hundehandel über Internet, der mit großem Tierleid verbunden sei. Teilweise entstehe auch ein einträglicher Dienstleistungssektor rund um Haustiere, ähnlich wie in den USA.
Doch auch wenn beschlagnahmte Tiere im Tierheim zuletzt zunahmen – die große Mehrheit sind sie nicht. 2018 wurden insgesamt über 2300 Hunde, Katzen und andere Säugetiere sowie Vögel und Reptilien abgegeben. Es seien rund 600 Tiere mehr gewesen als in den Jahren zuvor, sagt Gaßner, darunter auch zunehmend verletzte oder kranke Wildtiere. Bei Hunden sei das Augsburger Heim derzeit ständig überbelegt. Auch die Katzenstation sei voll. Der Tierschutzverein will deshalb in diesem Jahr den Bau eines neuen Katzenhauses angehen. Der erste Spatenstich ist zum 60-jährigen Jubiläum des Tierheims im Oktober geplant.
Überhaupt gebe es auch sehr viele gute Nachrichten, sagt der Vorsitzende. Positiv entwickeln sich Paula zufolge die 13 betreuten Taubenschläge in Augsburg, für die der Tierschutzverein seit einem Jahr zuständig ist. Der neue Taubenturm am Schwabencenter sei ein Beispiel dafür, dass mit solchen Angeboten viel Ärger über diese Tiere vermieden werden könne. Auch die Deutsche Bahn habe am Oberhauser Bahnhof damit gute Erfahrungen gemacht. Sie wolle nun einen weiteren betreuten Taubenschlag am Hauptbahnhof einrichten, sagt Paula. Gespräche dazu werde es im Januar geben. Für die betreuten Taubenschläge bekommt der Tierschutzverein inzwischen Unterstützung von Firmen wie UPM oder von der städtischen Wohnbaugruppe WBG. „Aber auch die Stadt unterstützt uns sehr“, sagt Paula. Nach seinen Angaben melden sich immer mehr Kommunen, die das „Augsburger Modell“übernehmen wollen. „Es ist erfolgreicher als das Vergrämen von Tauben und wir glauwenn ben auch, dass es wirtschaftlicher ist“, sagt er. Auch sonst plant der Verein 2019 viele Aktivitäten.
Ein Beispiel: Derzeit wird Gut Morhard in Königsbrunn für 1,5 Millionen Euro zu einem breit aufgestellten, nachhaltigen Zentrum für Tierschutz und Umweltbildung ausgebaut, unter anderem mit Fördermitteln der Europäischen Union. Auch in der Tierschutzpolitik will der Verein mitmischen, etwa beim Kampf gegen das Bienensterben. Die Schützlinge im Tierheim werden unterdessen von vielen engagierten Mitarbeitern und zwei Auszubildenden mit erfolgreichem Abschluss betreut. Die vernachlässigte und verstörte Mischlingshündin Kisha hat sich sehr gut entwickelt. Am Mittwoch konnte sie an neue Besitzer abgegeben werden.