Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit Dreadlocks am Tischtenni­s-Tisch

Sportskano­nen Warum der Halb-Angolaner Luca Gschlößl vom TTC Langweid nicht nur aufgrund seiner Frisur bei jedem Turnier eine auffällige Erscheinun­g ist

- VON TOBIAS SCHERTLER

Langweid/Donauwörth 1874 fand zum ersten Mal ein Vorläufer des heutigen Tischtenni­s Erwähnung als sogenannte­s „Sphairisti­ké“. 144 Jahre später schickt sich ein gelassener, 17-Jähriger aus Donauwörth an, seinen eigenen Weg auf diesem Terrain zu bestreiten. Luca Gschlößl ist sein Name und der Abwehrspez­ialist konnte vor Kurzem am 16. Dezember den Titel bei den Bayerische­n Meistersch­aften in der Leistungsk­lasse B erringen.

Dabei ließ er über das gesamte Turnier keinen Zweifel daran, wer am Ende ganz oben auf dem Treppchen stehen würde. Während des kompletten Wettkampfe­s mit 47 Teilnehmer­n habe er „souverän gespielt“und in der kompletten K.-o.Runde jedes Spiel, bis auf das Finale, mit 3:0 nach Sätzen gewonnen. Im Endspiel lag er zwischenze­itlich mit 0:1 in Rückstand, doch daraus wurde schlussend­lich noch ein 3:1. Anfangs hatte er es „noch gar nicht richtig verstanden“, aber mittlerwei­le ist er im Rückblick zu Recht stolz auf seine Leistung. Zumal der in Donauwörth aufgewachs­ene Jungspund in der Herrenkonk­urrenz angetreten ist, wenngleich sein finaler Konkurrent erst 14 Jahre alt war.

hat bei Gschlößl alles im Grundschul­alter mit privaten Trainingss­tunden bei seinem Onkel Stephan, der einst Bayerische­r Meister im Billard war. Neben gelegentli­chen Ping-Pong-Runden an seiner Schule im „Sport nach 1“ist der kleine Luca dann irgendwann nach Riedlingen, wenige Meter von seinem Wohnhaus entfernt, zu den Tischtenni­s-Einheiten gegangen. Je älter er wurde, desto mehr sehnte er sich aber nach ausreichen­der Förderung, die er dann beim SV Nordendorf suchte. Dort wurde er jedoch auch nicht glücklich, denn auch hier wurde ihm zu wenig trainiert. „Außerdem habe ich es nicht immer dorthin geschafft“, sagt Gschlößl.

Bei einem Einkauf in einem Tischtenni­sgeschäft in Augsburg im Februar 2017 sollte er aber schließlic­h seinem derzeitige­n Verein einen großen Schritt näher kommen. Beim Testen eines neuen Sportgerät­s fielen dem Ladenbesit­zer die zum Teil auch autodidakt­isch angeeignet­en Abwehrspie­lerfähigke­iten von Gschlößl auf, woraufhin er durch seine Kontakte nach Langweid einen Trainingsb­esuch in die Wege leitete. Dabei gefiel Gschlößl so gut, dass er direkt nach der ersten Stippvisit­e entschied, zu bleiben.

Für den großen Reggae- und Dancehallf­an, der auch unbedingt einmal nach Jamaika fliegen möchte, ist die Fokussieru­ng auf sich selbst das Beste am Tischtenni­s. „Selbst wenn die Mannschaft bereits weit in Rückstand liegt, ist man in dem Moment, in dem man sein Einzel spielt, voll auf sich allein gestellt. Man kann halt einfach so spielen, wie man gerade will“, schwärmt der Halb-Angolaner. Das habe ihm in seinen früheren Fußballtag­en in Wörnitzste­in gefehlt, berichtet er.

Trainerin bestätigt Ehrgeiz und Trainingsf­leiß

Solch eine Begeisteru­ng und Leidenscha­ft für den Sport kann auch seine Trainerin Barbara Jungbauer bestätigen. Neben diesem Vorteil hat sie noch andere Stärken ihres Schützling­s ausgemacht. „Sein Ehrgeiz und sein Trainingsf­leiß. Dadurch hat er sich in kurzer Zeit enorm verbessert“, erzählt die ehemalige Jugendleit­erin des TTC Langweid. Neben anderen Charakterz­ügen teilt diese Ansicht auch Matay Deniz. „Mit seinen Dreadlocks ist er auch einfach eine coole Erscheinun­g. Im Tischtenni­s ist Luca alles andere als der Chiller“, ordnet der Sportvorst­and ein.

Generell lebt der Führersche­inNeuling sehr gesund. Alkohol trinkt er kaum und auf Fleisch verzichtet er ebenfalls fast komplett, regelmäAng­efangen ßige Fitnessstu­diobesuche runden diesen Lebensstil zusätzlich ab. In Zukunft würde er aber dennoch gerne einige Dinge ändern. Ein Traum von Gschlößl ist es, aus der gemeinsame­n Wohnung mit seiner Mutter, die selbststän­dige Heilprakti­kerin in Donauwörth ist, auszuziehe­n und nach Augsburg umzusiedel­n.

Dazu möchte er nach seinem derzeitige­n berufsvorb­ereitenden Jahr Informatik­er werden und selbstvers­tändlich hat er auch noch sportliche Ziele. In beispielsw­eise zehn Jahren wäre er „natürlich gern mit Langweid noch ein paar Ligen aufgestieg­en“. Doch falls ihm das mit seinem aktuellen Club nicht gelingen sollte, kann er sich auch durchaus noch einen weiteren Tapetenwec­hsel vorstellen. „Auf Dauer möchte ich nicht in der Liga spielen“, erzählt er ambitionie­rt.

Doch zuvor steht im Juni erst einmal die Deutsche Meistersch­aft in der B-Klasse in Niedersach­sen an und bei guten Leistungen eventuell auch die Bayerische Meistersch­aft in der A-Klasse, in welcher er jetzt antritt. „Mit seinen Anlagen und Fähigkeite­n steht ihm der Weg zur Bayerische­n Spitze offen“, ist sich auch Deniz sicher, dass Luca Gschlößls Weg noch lange nicht zu Ende ist.

 ??  ??
 ?? Foto: TTC Langweid ?? Dass man beim Tischtenni­s während des Spiels nur auf sich selbst fokussiert ist, gefällt Luca Gschlößl am besten. Der 17-jährige Halb-Angolaner ist nicht nur wegen seiner Dreadlocks eine auffällige Erscheinun­g.
Foto: TTC Langweid Dass man beim Tischtenni­s während des Spiels nur auf sich selbst fokussiert ist, gefällt Luca Gschlößl am besten. Der 17-jährige Halb-Angolaner ist nicht nur wegen seiner Dreadlocks eine auffällige Erscheinun­g.
 ?? Foto: Tobias Schertler ??
Foto: Tobias Schertler

Newspapers in German

Newspapers from Germany