Augsburger Allgemeine (Land West)

Trendstoff Bio-Baumwolle

Mode Ketten wie H&M, C&A und Tchibo haben längst Kleidung aus nachhaltig­er Produktion im Angebot und wollen deren Anteil weiter ausbauen. Für Umweltschü­tzer reicht das nicht

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Düsseldorf Ob in der Jeans, im T-Shirt oder in der Unterwäsch­e: Baumwolle ist aus dem täglichen Leben nicht wegzudenke­n. Doch für die Umwelt hat der Baumwollan­bau oft dramatisch­e Folgen. Noch vor wenigen Jahren entfielen nach Angaben des Umweltbund­esamtes rund 25 Prozent des weltweiten Verbrauchs an Insektizid­en und zehn Prozent des Verbrauchs an Pestiziden auf den Anbau der Pflanzenfa­ser. Inzwischen versuchen jedoch immer mehr Modehändle­r und -hersteller, die Weichen für eine nachhaltig­ere Baumwollpr­oduktion zu stellen.

Die gute Nachricht für Verbrauche­r: Für ein gutes Umweltgewi­ssen in Sachen Baumwolle brauchen sie nicht unbedingt tief in die Tasche greifen. Die größten Abnehmer von Bio-Baumwolle sind nach einer aktuellen Studie der gemeinnütz­igen Organisati­on Textile Exchange eher preiswerte Marken wie C&A, H&M und Tchibo. Auch der Zara-Mutterkonz­ern Inditex und Aldi gehören zu den Top Ten in diesem Bereich.

Im Jahr 2017 stieg der Verbrauch an Bio-Baumwolle laut Textile Exchange deutlich um zehn Prozent auf knapp 118000 Tonnen. Dennoch kommt Bio-Baumwolle bisher nur auf einen winzigen Marktantei­l von nicht einmal einem Prozent. Doch weiteres Wachstum ist absehbar: Fast 215 000 Hektar Anbauland befinden sich in der Umstellung auf Bio-Anbau. Damit dürfte die ökologisch bewirtscha­ftete Fläche in den nächsten Jahren um fast 50 Prozent zunehmen. Wichtigste Lieferländ­er sind dabei Indien und China.

Eine weitaus größere Bedeutung als Bio-Baumwolle hat bereits Baumwolle erlangt, die zwar nicht nach den strengen Bio-Kriterien, aber doch nachhaltig­er als herkömmlic­he Baumwolle hergestell­t wird. Ihr Marktantei­l liegt inzwischen dem Bericht zufolge bei rund 19 Prozent. Und auch hier zählen H&M und C&A zu den Vorreitern. Unter den großen Abnehmern fin- den sich aber auch Ikea, Adidas und die Otto-Gruppe.

Doch auch andere Unternehme­n sind auf den Zug aufgesprun­gen. So haben sich etwa die Mitglieder des deutschen Textilbünd­nisses, die rund die Hälfte des deutschen Textilmark­tes abdecken, das Ziel gesetzt, bis 2020 mindestens 35 Prozent ihres Bedarfs mit nachhaltig­er Baumwolle zu decken. Dabei muss zehn Prozent der Gesamtmeng­e Bio-Baumwolle sein. Bis 2025 soll der Anteil nachhaltig­er Baumwolle dann auf 70 Prozent steigen, 20 Prozent soll Bio-Baumwolle sein.

Bei C&A werden mittlerwei­le rund 40 Prozent der verkauften Baumwollpr­odukte aus zertifizie­rter Bio-Baumwolle hergestell­t. Unternehme­nsziel ist es, dass 2020 die gesamte Baumwolle aus Bio-Anbau oder aus nachhaltig­erer Produktion stammt. Auch H&M will bis 2020 nur noch nachhaltig­ere Baumwolle verwenden.

Auch der Textildisc­ounter Primark unterstütz­t die Produktion nachhaltig­erer Baumwolle. Mit Schulungen indischer Bäuerinnen sei es gelungen, den Einsatz von Pestiziden zu halbieren und die Nutzung von Dünger um ein Viertel zu verringern, sagt das Unternehme­n. Insgesamt will Primark in den nächsten Jahren Schulungen für mehr als 20000 Bauern in Indien und Pakistan unterstütz­en.

Bei der Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace wird das Engagement der Firmen begrüßt. Doch Sprecherin Viola Wohlgemuth

Vor allem preiswerte Marken setzen auf Bio-Baumwolle

Greenpeace fordert mehr Ehrgeiz von den Konzernen

drängt auf mehr Ehrgeiz. „Firmen dürfen sich nicht hinter dem Deckmantel ,nachhaltig‘ verstecken, sondern müssen den echten Anteil an Bio-Baumwolle in ihrem Sortiment ausbauen“, fordert sie. Außerdem müsse die Branche dringend ihr Geschäftsm­odell, das immer mehr auf Wegwerfmod­e setze, überdenken. „Die schiere Menge an billiger Wegwerfwar­e kann niemals nachhaltig sein“, betont sie.

Erich Reimann, dpa

 ?? Foto: Sebastiao Moreira, dpa ?? Noch vor wenigen Jahren entfielen 25 Prozent des weltweiten Verbrauchs von Insektizid­en auf die Baumwoll-Produktion. Das ändert sich aber langsam: Denn immer mehr Hersteller fragen die Faser in Bio-Qualität nach.
Foto: Sebastiao Moreira, dpa Noch vor wenigen Jahren entfielen 25 Prozent des weltweiten Verbrauchs von Insektizid­en auf die Baumwoll-Produktion. Das ändert sich aber langsam: Denn immer mehr Hersteller fragen die Faser in Bio-Qualität nach.

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