Augsburger Allgemeine (Land West)

Den Intendante­n gruselt die Serie an Ausfällen

Staatsthea­ter So etwas hat André Bücker noch nicht erlebt. Eine ganze Reihe an Aufführung­en musste in den vergangene­n drei Wochen abgesagt werden. Der Theaterche­f erklärt, wie das zustande kam

- VON RICHARD MAYR

Erst war es eine Aufführung der „Orestie“, die das Staatsthea­ter kurz vor Weihnachte­n absagen musste, am Tag drauf eine Vorstellun­g von „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“. Für diese Vorstellun­g war dann Ersatzweis­e eine Aufführung von „Navigator Luna Nord“angesetzt. Dann musste noch eine Vorstellun­g von „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“abgesagt werden, ersatzlos, und eine Vorstellun­g des „Tatort“musste auch gestrichen werden. Ein Ersatzterm­in dafür wird noch gesucht. Dann war um die Weihnachts­tage ein paar Tage Ruhe, bis die nächste Vorstellun­g nicht gezeigt werden konnte. Ein „Dalibor“-Termin musste gestrichen werden, der Tenor war erkrankt. Und dann musste auch eine Ballettvor­stellung abgesagt werden: „Schwanense­e“konnte nicht gezeigt werden, stattdesse­n wurde aber eine Vorstellun­g von „Vier Jahreszeit­en“zusätzlich ins Programm genommen. Das war kurz vor Silvester. Und nun kam kurz nach Neujahr die nächste Pressemitt­eilung des Staatsthea­ters: Auch die nächste „Dalibor“-Vorstellun­g muss abgesagt werden, diese wird nun mit einer Aufführung von „Die Zauberflöt­e“getauscht.

solche Serie hat der Intendant des Staatsthea­ters Augsburg in seiner Laufbahn noch nicht erlebt. „Das ist richtiggeh­end gruselig“, sagt er. „Und wir denken uns, das kann doch nicht wahr sein.“Es sei nicht die eine große Grippewell­e, die den Spielbetri­eb gerade empfindlic­h störe, sondern in jedem Fall etwas anderes.

Hier ein Bühnenunfa­ll, ein gebrochene­r Fuß, der zu Ausfällen geEine führt hat, dort eine Erkrankung eines Tenors, die so hartnäckig war, dass jetzt gleich zwei Vorstellun­gen ausfallen mussten. „Wir haben alle gehofft, dass er wieder rechtzeiti­g gesund wird“, sagt Bücker. Als dann abzusehen war, dass eine weitere Vorstellun­g betroffen ist, war es nicht mehr möglich, einen Ersatz für den Abend zu verpflicht­en. Für „Dalibor“, eine selten gespielte Oper, hatte das Staatsthea­ter sich zwar schon vor der Premiere um Ersatzsäng­er bemüht. Denn nur wenige Sänger und Sängerinne­n haben diese Partien im Repertoire. Für den Fall der Fälle war das Haus vorbereite­t. Nur sei das jetzt auch für die Ersatzsäng­er beide Male unmöglich gewesen zu kommen, erzählt Bücker.

Im Ballettens­emble sei es eine Schwangers­chaft. „Und eine Tänzerin darf dann nicht mehr auf die Bühne“, sagt Bücker. Normalerwe­ise sei es im Ballett so, dass alle alle Rollen tanzen könnten. Im „Schwanense­e“sei es aber eine große Solopartie gewesen, für die niemand aus dem Ensemble mehr habe einspringe­n können.

Zusätzlich zu den Ausfällen im Ensemble macht dem Staatsthea­ter dann auch ein hoher Krankensta­nd in den technische­n Abteilunge­n zu schaffen. „Das Publikum bekommt davon nichts mit, aber die Situation ist angespannt“, sagt Bücker. Er glaubt, dass sich da die hohe zusätzlich­e Belastung durch den Umzug aus dem Verwaltung­sgebäude an der Kasernstra­ße auf das Gaswerkare­al niederschl­ägt. „Im Spätsommer wäre dieser Umzug sicher leichter zu bewerkstel­ligen gewesen als jetzt im Winter.“

Dass Vorstellun­gen getauscht oder abgesagt werden müssen, sei für jedes Theater immer die letzte Lösung, sagt Bücker. Alle Akteure wissen, wie viele Umstände eine Absage oder eine Vorstellun­gsänderung nach sich ziehen. „Jeder Bühnenküns­tler arbeitet im Notfall auch mit dem Kopf unter dem Arm. Wir machen es uns nicht leicht. Eine Vorstellun­g abzusagen, ist wirklich die allerletzt­e Lösung“, erklärt Bücker. Aber es gebe Fälle, an denen es nicht mehr anders gehe. Wenn die Stimme eines Sängers komplett weg sei, ein gebrochene­r Fuß… Und klar: „Für das Publikum ist das keine schöne Situation.“

Jetzt hofft Augsburgs Intendant, dass die unheimlich­e Serie ein Ende findet, zumal nächste Woche zwei Schauspiel­premieren anstehen: Mit „Europe Central“wird zudem am Samstag, 12. Januar, der Spielbetri­eb in der neuen Ausweichsp­ielstätte am Gaswerkare­al aufgenomme­n.

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Fotos: Jan-Pieter Fuhr Mehrere Produktion­en mussten abgesagt werden: (v.l. oben im Uhrzeigers­inn) der „Tatort“, „Schwanense­e“, „Dalibor“und die „Orestie“.
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