Augsburger Allgemeine (Land West)
Den Intendanten gruselt die Serie an Ausfällen
Staatstheater So etwas hat André Bücker noch nicht erlebt. Eine ganze Reihe an Aufführungen musste in den vergangenen drei Wochen abgesagt werden. Der Theaterchef erklärt, wie das zustande kam
Erst war es eine Aufführung der „Orestie“, die das Staatstheater kurz vor Weihnachten absagen musste, am Tag drauf eine Vorstellung von „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“. Für diese Vorstellung war dann Ersatzweise eine Aufführung von „Navigator Luna Nord“angesetzt. Dann musste noch eine Vorstellung von „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“abgesagt werden, ersatzlos, und eine Vorstellung des „Tatort“musste auch gestrichen werden. Ein Ersatztermin dafür wird noch gesucht. Dann war um die Weihnachtstage ein paar Tage Ruhe, bis die nächste Vorstellung nicht gezeigt werden konnte. Ein „Dalibor“-Termin musste gestrichen werden, der Tenor war erkrankt. Und dann musste auch eine Ballettvorstellung abgesagt werden: „Schwanensee“konnte nicht gezeigt werden, stattdessen wurde aber eine Vorstellung von „Vier Jahreszeiten“zusätzlich ins Programm genommen. Das war kurz vor Silvester. Und nun kam kurz nach Neujahr die nächste Pressemitteilung des Staatstheaters: Auch die nächste „Dalibor“-Vorstellung muss abgesagt werden, diese wird nun mit einer Aufführung von „Die Zauberflöte“getauscht.
solche Serie hat der Intendant des Staatstheaters Augsburg in seiner Laufbahn noch nicht erlebt. „Das ist richtiggehend gruselig“, sagt er. „Und wir denken uns, das kann doch nicht wahr sein.“Es sei nicht die eine große Grippewelle, die den Spielbetrieb gerade empfindlich störe, sondern in jedem Fall etwas anderes.
Hier ein Bühnenunfall, ein gebrochener Fuß, der zu Ausfällen geEine führt hat, dort eine Erkrankung eines Tenors, die so hartnäckig war, dass jetzt gleich zwei Vorstellungen ausfallen mussten. „Wir haben alle gehofft, dass er wieder rechtzeitig gesund wird“, sagt Bücker. Als dann abzusehen war, dass eine weitere Vorstellung betroffen ist, war es nicht mehr möglich, einen Ersatz für den Abend zu verpflichten. Für „Dalibor“, eine selten gespielte Oper, hatte das Staatstheater sich zwar schon vor der Premiere um Ersatzsänger bemüht. Denn nur wenige Sänger und Sängerinnen haben diese Partien im Repertoire. Für den Fall der Fälle war das Haus vorbereitet. Nur sei das jetzt auch für die Ersatzsänger beide Male unmöglich gewesen zu kommen, erzählt Bücker.
Im Ballettensemble sei es eine Schwangerschaft. „Und eine Tänzerin darf dann nicht mehr auf die Bühne“, sagt Bücker. Normalerweise sei es im Ballett so, dass alle alle Rollen tanzen könnten. Im „Schwanensee“sei es aber eine große Solopartie gewesen, für die niemand aus dem Ensemble mehr habe einspringen können.
Zusätzlich zu den Ausfällen im Ensemble macht dem Staatstheater dann auch ein hoher Krankenstand in den technischen Abteilungen zu schaffen. „Das Publikum bekommt davon nichts mit, aber die Situation ist angespannt“, sagt Bücker. Er glaubt, dass sich da die hohe zusätzliche Belastung durch den Umzug aus dem Verwaltungsgebäude an der Kasernstraße auf das Gaswerkareal niederschlägt. „Im Spätsommer wäre dieser Umzug sicher leichter zu bewerkstelligen gewesen als jetzt im Winter.“
Dass Vorstellungen getauscht oder abgesagt werden müssen, sei für jedes Theater immer die letzte Lösung, sagt Bücker. Alle Akteure wissen, wie viele Umstände eine Absage oder eine Vorstellungsänderung nach sich ziehen. „Jeder Bühnenkünstler arbeitet im Notfall auch mit dem Kopf unter dem Arm. Wir machen es uns nicht leicht. Eine Vorstellung abzusagen, ist wirklich die allerletzte Lösung“, erklärt Bücker. Aber es gebe Fälle, an denen es nicht mehr anders gehe. Wenn die Stimme eines Sängers komplett weg sei, ein gebrochener Fuß… Und klar: „Für das Publikum ist das keine schöne Situation.“
Jetzt hofft Augsburgs Intendant, dass die unheimliche Serie ein Ende findet, zumal nächste Woche zwei Schauspielpremieren anstehen: Mit „Europe Central“wird zudem am Samstag, 12. Januar, der Spielbetrieb in der neuen Ausweichspielstätte am Gaswerkareal aufgenommen.