Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn eine Maschine entscheide­t, was Kunst ist

Künstler Alexander Nickl hat ein Buch mit Zeichnunge­n veröffentl­icht. Er schafft sich eine Privat-Kunst-Welt

- VON RICHARD MAYR

Eine rosa Schleife verbindet die beiden Buchdeckel. „Mentagramm“steht als Titel darauf. Mentagramm? Und schon kommt der Künstler Alexander Nickl ins Erklären. Mentagramm­e, so nennt Nickl seine Zeichnunge­n. Es braucht schon ein paar Erklärunge­n, um zu verstehen, in welcher Umlaufbahn sich Nickls Kunst bewegt.

Denn was der 51-jährige Augsburger, der zwischen seiner Heimatstad­t und Wien hin- und herpendelt, macht, könnte man auch mit der Gründung einer privaten Welt vergleiche­n, einer Welt, die er in seiner Fantasie errichtet. Dort gibt es zum Beispiel das Neoprojekt­ionstheate­r, ein Haus nur in der Fantasie errichtet, mit einer Bühne, einem Saal und ringsherum angeordnet­e Salons.

Im Mentagramm-Buch ist ein Grundriss des Hauses am Anfang zu sehen. Und dort erklären Pfeile, wie die Ausstellun­g, die Nickl in den Salons konzipiert hat, am besten zu sehen ist.

Salons? Pfeile? Ausstellun­g? Ja, präsentier­t werden in den Salons Nickls Mentagramm­e, also Zeichnunge­n, die von Egon Schieles erotischen Zeichnunge­n inspiriert wurden. Der Jubilar des Jahres 2018 findet sich auch auf einer Reflexions­ebene dieses Buches wieder. Die Anleihen beim Vorbild und die Reibung mit ihm sind auszumache­n.

Die Salons, die nur in Nickls Fantasie-Theater existieren, kommen mit den Kunstwerke­n aufs Bild. Die Zeichnunge­n werden immer vor Hintergrün­den präsentier­t, mal einer rosa Tapete, dann einer grünen, usw. Und plötzlich spürt man als Betrachter des Buchs, wie dieses Produkt der Künstlerfa­ntasie immer mehr Raum in der Wirklichke­it beanspruch­t, wie etwas tatsächlic­h aus dem Nichts entsteht.

Ebenfalls erklärungs­bedürftig ist die Kunstmasch­ine KD-L47, die Nickl 2013 im Rahmen eines seiner Uni-Seminare eingeführt hat. Sie soll nach einem eher zufälligen Prinzip die Frage klären, ob sich eine Arbeit um Kunst handelt oder nicht. Im Buch ist das Manifest dazu veröffentl­icht: „Art no Art? Ich gebe die Frage an den KD-L47“ab. Überall, wo diese Maschine in den Zeichnunge­n Kunst erkannt hat, ist dies im Buch mit einem grünen Punkt vermerkt. Die No-Art wird im Shop des Neoprojekt­ionstheate­rs verkauft. Schräg, aber konsequent, diese Privat-Kunst-Welt des Alexander Nickl.

» Alexander Nickl: Mentagramm. Schiele, Eros und die Kunstmasch­ine KD-L47; Kerber-Verlag, 200 Seiten, 28 Euro

 ?? Foto: Nickl ?? Im Roten Salon des Neoprojekt­ionstheate­rs von Alexander Nickl hängt das Mentagramm „Molakmtg07­1–17“(links), von der Kunstmasch­ine des Künstlers als No-Art bewertet. Eine Abbildung aus Nickls Buch „Mentagramm“.
Foto: Nickl Im Roten Salon des Neoprojekt­ionstheate­rs von Alexander Nickl hängt das Mentagramm „Molakmtg07­1–17“(links), von der Kunstmasch­ine des Künstlers als No-Art bewertet. Eine Abbildung aus Nickls Buch „Mentagramm“.

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