Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Luft war auch 2018 zu schmutzig
Umwelt In der Karlstraße lag die Stickoxid- Belastung im Jahresschnitt bei 43 Mikrogramm. Damit wurde der zulässige Grenzwert wieder überschritten. Was die Stadt vorhat, um ein Fahrverbot zu vermeiden
Auch im vergangenen Jahr war die Luft in der Karlstraße schmutziger als erlaubt. An der dortigen Messstation wurde nach vorläufigen Werten beim Stickstoffdioxid ein Jahresdurchschnittswert von 43 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Das ist ein Mikrogramm weniger als 2017. Der Grenzwert der Europäischen Union liegt allerdings bei 40 Mikrogramm.
Ein Fahrverbot für Diesel-Autos wie in einigen anderen deutschen Städten steht in Augsburg weiterhin nicht zur Diskussion. Der Umweltverband „Deutsche Umwelthilfe“hatte für Augsburg zwar wie für 45 andere Städte auch 2017 eine Klage in den Raum gestellt, diese Überlegungen dann aber vorläufig ruhen lassen. In mehreren deutschen Städten mit deutlich massiveren Grenzwertüberschreitungen hatte der Verband bereits Fahrverbote vor Gericht erstritten.
Die Stadt handelt dennoch. Man arbeite mit Projekten wie der Fahrradstadt und dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs daran, „nicht mit Fahrverboten zu enden“, sagt Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU). Mit 43 Mikrogramm liege Augsburg nur knapp über dem Grenzwert, so Gribl, der betonte, dass es Ziel sein müsse, im ganzen Stadtgebiet „deutlich unter den Grenzwert“zu kommen. Aus den Messwerten von 2015 hatte die Stadt errechnet, dass auch in einigen weiteren Straßen, die stark befahren sind und wo wenig Luftaustausch stattfindet, die Werte zu hoch sind. Allerdings lag der Messwert in 2015 in der Karlstraße deutlich höher (49), sodass die damalige Berechnung nicht mehr zwingend aussagekräftig ist. Die Stadt will, weil momentan beim Schadstoffausstoß von Motoren einiges in Bewegung ist, noch etwas abwarten, bis sie eine neue Berechnung vornimmt.
Über die Jahre war zuletzt im Trend eine Senkung des Stickstoffdioxidwerts in der Karlstraße zu verzeichnen, vermutlich mit verursacht durch die allgemeine Verjüngung des Auto-Bestandes. Allerdings gab es immer wieder Jahre, in denen es eine Steigerung zum Vorjahr gab. Insofern ist die BeinaheStagnation beim Schadstoffrückgang 2018 kein Ausnahmefall.
Die Stadt hat ein Maßnahmenpaket geschnürt, um an Fördergelder aus dem Diesel-Topf von Bundesregierung und Autoindustrie zu kommen. Damit soll die Luftreinheit gefördert werden. Umgesetzt ist bisher noch nichts. Hier ein Überblick darüber, was die Stadt plant:
● Ampeln Im Lauf des Jahres sollen in der Haunstetter und der Neubur- ger Straße „intelligente“Ampelschaltungen installiert werden, die den Verkehr möglichst flüssig halten sollen. „Damit realisiert die Stadt erste Maßnahmen des Masterplans nachhaltige und emissionsfreie Mobilität“, so Umweltreferent Reiner Erben (Grüne). Bis Ende 2020 soll zudem das stadtweite VerkehrsDatennetzwerk, in dem Informationen zur aktuellen Verkehrsmenge gesammelt werden, auf Vordermann gebracht werden.
● Fahrrad Die Stadt möchte mittelfristig drei automatisierte Fahrradparkhäuser (Innenstadt, Haunstetter Straße, Hochfeldstraße) bauen. Momentan wird der Förderantrag erarbeitet. In diesem und im kommenden Jahr sollen mehrere Radprojekte – unter anderem die Fahrradstraße in Pfersee und der Ausbau des Flandernwegs in Kriegshaber – verwirklicht werden. Zudem will die Stadt voraussichtlich in diesem Jahr ein Förderprogramm für den Kauf von Elektro-Lastenrädern starten. Das Umweltamt prüfe momentan die Umsetzung, so Erben. Geplant ist auch die Einrichtung weiterer Fahrrad-Dauerzählstellen. ● Verkehrsleitsystem Die Stadt will bis Ende 2020 ein modernes Verkehrsund Parkleitsystem für die Innenstadt anschaffen. Autofahrer werden so besser zum nächsten Parkhaus gelotst. Das bisherige System ist nach 25 Jahren veraltet.
● Nahverkehr Die Stadtwerke planen unter anderem eine verbesserte Mobilitäts-App fürs Handy, die ne- ben Bus und Tram auch Carsharing und Leihräder beinhaltet. Damit soll auch die Abrechnung möglich sein. Weitere Ideen: Für Fahrgäste, die das wünschen, erfolgt eine automatische Erfassung der gefahrenen Strecken via Handy. Geplant ist auch der Aufbau eines Ride-Sharing-Systems, bei dem Mitfahrgelegenheiten fürs Carsharing vermittelt werden. Auch die Erschließung des Innovationsparks mit autonom fahrenden Bussen zählt dazu. Bereits umgesetzt ist der Kauf der ersten Tranche von Hybrid-Erdgasbussen, die zum Anfahren einen Elektromotor nutzen. Der Akku lädt sich beim Bremsen auf. So werden 8,5 Prozent Treibstoff eingespart.
Allerdings ist momentan nicht klar, inwieweit es Geld für alle Projekte aus dem Diesel-Topf gibt. Im ersten Schritt plant die Stadt Projekte im Wert von 15 Millionen Euro, weitere Projekte für 13 Millionen Euro sollen folgen. Die Stadt hofft dafür auf hohe Förderung, doch verbindliche Zusagen gibt es bisher nur für einen Teil der geplanten Maßnahmen, was am eng getakteten Zeitplan liegt.
Fraglich ist aber generell, ob die eine Milliarde Euro aus dem DieselTopf insgesamt ausreicht, um die Ideen der 65 Städte mit zu hoher Stickoxidbelastung (im Jahr 2017) zu finanzieren. Allein München, wo die Überschreitung auch deutlich massiver ist, hat ein Paket mit insgesamt 590 Millionen Euro geschnürt (bisher aber nur für einen Bruchteil Förderanträge gestellt). Auch Augsburg denkt über weitere Förderanträge nach, etwa um sich den Austausch städtischer Diesel-Lkw fördern zu lassen. „Es bleibt abzuwarten, ob die Milliarde ausreichend ist“, sagt Erben.
Keine Rolle spielen in Augsburg inzwischen Grenzwertüberschreitungen beim Feinstaub. Vor 15 Jahren noch zählten Königsplatz und Karlstraße zu den am stärksten belasteten Messstationen in Deutschland. 2018 lag die Zahl der Tage in der Karlstraße, an denen im Tagesschnitt 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen wurde, bei neun. Der zulässige Grenzwert liegt bei 35 Tagen.
Die Messstation in der Karlstraße untersucht laufend die Augsburger Luft.