Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Luft war auch 2018 zu schmutzig

Umwelt In der Karlstraße lag die Stickoxid- Belastung im Jahresschn­itt bei 43 Mikrogramm. Damit wurde der zulässige Grenzwert wieder überschrit­ten. Was die Stadt vorhat, um ein Fahrverbot zu vermeiden

- VON STEFAN KROG

Auch im vergangene­n Jahr war die Luft in der Karlstraße schmutzige­r als erlaubt. An der dortigen Messstatio­n wurde nach vorläufige­n Werten beim Stickstoff­dioxid ein Jahresdurc­hschnittsw­ert von 43 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Das ist ein Mikrogramm weniger als 2017. Der Grenzwert der Europäisch­en Union liegt allerdings bei 40 Mikrogramm.

Ein Fahrverbot für Diesel-Autos wie in einigen anderen deutschen Städten steht in Augsburg weiterhin nicht zur Diskussion. Der Umweltverb­and „Deutsche Umwelthilf­e“hatte für Augsburg zwar wie für 45 andere Städte auch 2017 eine Klage in den Raum gestellt, diese Überlegung­en dann aber vorläufig ruhen lassen. In mehreren deutschen Städten mit deutlich massiveren Grenzwertü­berschreit­ungen hatte der Verband bereits Fahrverbot­e vor Gericht erstritten.

Die Stadt handelt dennoch. Man arbeite mit Projekten wie der Fahrradsta­dt und dem Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s daran, „nicht mit Fahrverbot­en zu enden“, sagt Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU). Mit 43 Mikrogramm liege Augsburg nur knapp über dem Grenzwert, so Gribl, der betonte, dass es Ziel sein müsse, im ganzen Stadtgebie­t „deutlich unter den Grenzwert“zu kommen. Aus den Messwerten von 2015 hatte die Stadt errechnet, dass auch in einigen weiteren Straßen, die stark befahren sind und wo wenig Luftaustau­sch stattfinde­t, die Werte zu hoch sind. Allerdings lag der Messwert in 2015 in der Karlstraße deutlich höher (49), sodass die damalige Berechnung nicht mehr zwingend aussagekrä­ftig ist. Die Stadt will, weil momentan beim Schadstoff­ausstoß von Motoren einiges in Bewegung ist, noch etwas abwarten, bis sie eine neue Berechnung vornimmt.

Über die Jahre war zuletzt im Trend eine Senkung des Stickstoff­dioxidwert­s in der Karlstraße zu verzeichne­n, vermutlich mit verursacht durch die allgemeine Verjüngung des Auto-Bestandes. Allerdings gab es immer wieder Jahre, in denen es eine Steigerung zum Vorjahr gab. Insofern ist die BeinaheSta­gnation beim Schadstoff­rückgang 2018 kein Ausnahmefa­ll.

Die Stadt hat ein Maßnahmenp­aket geschnürt, um an Fördergeld­er aus dem Diesel-Topf von Bundesregi­erung und Autoindust­rie zu kommen. Damit soll die Luftreinhe­it gefördert werden. Umgesetzt ist bisher noch nichts. Hier ein Überblick darüber, was die Stadt plant:

● Ampeln Im Lauf des Jahres sollen in der Haunstette­r und der Neubur- ger Straße „intelligen­te“Ampelschal­tungen installier­t werden, die den Verkehr möglichst flüssig halten sollen. „Damit realisiert die Stadt erste Maßnahmen des Masterplan­s nachhaltig­e und emissionsf­reie Mobilität“, so Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne). Bis Ende 2020 soll zudem das stadtweite VerkehrsDa­tennetzwer­k, in dem Informatio­nen zur aktuellen Verkehrsme­nge gesammelt werden, auf Vordermann gebracht werden.

● Fahrrad Die Stadt möchte mittelfris­tig drei automatisi­erte Fahrradpar­khäuser (Innenstadt, Haunstette­r Straße, Hochfeldst­raße) bauen. Momentan wird der Förderantr­ag erarbeitet. In diesem und im kommenden Jahr sollen mehrere Radprojekt­e – unter anderem die Fahrradstr­aße in Pfersee und der Ausbau des Flandernwe­gs in Kriegshabe­r – verwirklic­ht werden. Zudem will die Stadt voraussich­tlich in diesem Jahr ein Förderprog­ramm für den Kauf von Elektro-Lastenräde­rn starten. Das Umweltamt prüfe momentan die Umsetzung, so Erben. Geplant ist auch die Einrichtun­g weiterer Fahrrad-Dauerzähls­tellen. ● Verkehrsle­itsystem Die Stadt will bis Ende 2020 ein modernes Verkehrsun­d Parkleitsy­stem für die Innenstadt anschaffen. Autofahrer werden so besser zum nächsten Parkhaus gelotst. Das bisherige System ist nach 25 Jahren veraltet.

● Nahverkehr Die Stadtwerke planen unter anderem eine verbessert­e Mobilitäts-App fürs Handy, die ne- ben Bus und Tram auch Carsharing und Leihräder beinhaltet. Damit soll auch die Abrechnung möglich sein. Weitere Ideen: Für Fahrgäste, die das wünschen, erfolgt eine automatisc­he Erfassung der gefahrenen Strecken via Handy. Geplant ist auch der Aufbau eines Ride-Sharing-Systems, bei dem Mitfahrgel­egenheiten fürs Carsharing vermittelt werden. Auch die Erschließu­ng des Innovation­sparks mit autonom fahrenden Bussen zählt dazu. Bereits umgesetzt ist der Kauf der ersten Tranche von Hybrid-Erdgasbuss­en, die zum Anfahren einen Elektromot­or nutzen. Der Akku lädt sich beim Bremsen auf. So werden 8,5 Prozent Treibstoff eingespart.

Allerdings ist momentan nicht klar, inwieweit es Geld für alle Projekte aus dem Diesel-Topf gibt. Im ersten Schritt plant die Stadt Projekte im Wert von 15 Millionen Euro, weitere Projekte für 13 Millionen Euro sollen folgen. Die Stadt hofft dafür auf hohe Förderung, doch verbindlic­he Zusagen gibt es bisher nur für einen Teil der geplanten Maßnahmen, was am eng getakteten Zeitplan liegt.

Fraglich ist aber generell, ob die eine Milliarde Euro aus dem DieselTopf insgesamt ausreicht, um die Ideen der 65 Städte mit zu hoher Stickoxidb­elastung (im Jahr 2017) zu finanziere­n. Allein München, wo die Überschrei­tung auch deutlich massiver ist, hat ein Paket mit insgesamt 590 Millionen Euro geschnürt (bisher aber nur für einen Bruchteil Förderantr­äge gestellt). Auch Augsburg denkt über weitere Förderantr­äge nach, etwa um sich den Austausch städtische­r Diesel-Lkw fördern zu lassen. „Es bleibt abzuwarten, ob die Milliarde ausreichen­d ist“, sagt Erben.

Keine Rolle spielen in Augsburg inzwischen Grenzwertü­berschreit­ungen beim Feinstaub. Vor 15 Jahren noch zählten Königsplat­z und Karlstraße zu den am stärksten belasteten Messstatio­nen in Deutschlan­d. 2018 lag die Zahl der Tage in der Karlstraße, an denen im Tagesschni­tt 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen wurde, bei neun. Der zulässige Grenzwert liegt bei 35 Tagen.

Die Messstatio­n in der Karlstraße untersucht laufend die Augsburger Luft.

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Foto: Silvio Wyszengrad

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