Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Kommunen müssen es ausbaden
Die Luft in der Augsburger Karlstraße ist auch im vergangenen Jahr nicht sauber genug gewesen. Die Überschreitung ist gering, sodass es keinen Grund zu Panik gibt. Dennoch: Die Konzentration des Verbrennungsgases, das vor allem von Dieselmotoren ausgestoßen wird und die Atemwege angreift, ist in der Karlstraße zu hoch.
Die Stadt ist zum Handeln aufgerufen, um ein Fahrverbot – auch wenn es momentan nur abstrakt droht – zu verhindern. In ihrer direkten Wirkung sorgen die Verbote vor allem für Chaos und Ärger – der Effekt ist, speziell wenn einzelne Straßen gesperrt werden, nicht durchschlagend. Die Maßnahme und allein schon die Drohung damit hat vor allem indirekte Wirkung: Ohne diese Drohkulisse würde verkehrspolitisch nichts passieren.
Wie schon beim Feinstaub hat die Politik es versäumt, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass Grenzwerte eingehalten werden, etwa indem man Autoherstellern beim Schadstoffausstoß die Daumenschrauben anlegt oder frühzeitig alternative Mobilitätskonzepte verstärkt fördert. Die Grenzwerte und ihr Geltungszeitraum waren schon seit Jahren bekannt – sehenden Auges ist man darauf zugesteuert.
Jetzt muss alles schnell gehen. Die Städte haben einerseits die Chance, Fördergelder für ihre Verkehrsinfrastruktur zu holen. Und manches – sei es eine bessere Fahrgastinformation bei Bus und Tram oder die „intelligente“Ampel in der Haunstetter Straße (die eigentlich nur kommt, um die Tempo-50-Beschränkung aus Lärmschutzgründen abzufedern) – war schon länger geplant. Andererseits müssen die Kommunen nun vieles richten, was weiter oben verbockt wurde.
Das von Bund und den tricksenden Autoherstellern finanzierte „Sofortprogramm für saubere Luft“ist eine Hoppla-Hopp-Aktion, bei der es im Hinblick auf das wegen der Grenzwertüberschreitungen von der EU-Kommission angestrengte Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik schnell gehen muss. Unter größtem Zeitdruck müssen Kommunen Geld zusammenkratzen (gefördert werden 40 bis 60 Prozent) und Förderanträge schreiben, um an Zuschüsse zu kommen. Und Ende 2020 soll das Förderfeuerwerk schon wieder zu Ende sein. Wenn es der Bundesregierung mit der Verkehrswende ernst ist, muss sie anders agieren.