Augsburger Allgemeine (Land West)

Gäste müssen nicht alles schlucken

Essen Unzufriede­n im Restaurant? Ein Mann will in Gersthofen drei Zwiebelros­tbraten nicht bezahlen. Der Grund: Sie waren nicht in Ordnung. Welche Rechte und Pflichten es gibt und wann die Rechnung beglichen werden muss

- VON MAXIMILIAN CZYSZ B. Weizenegge­r

Landkreis Augsburg Weihnachte­n, Silvester, Neujahr und Heilige Drei Könige: Gutes Essen gehört dazu. Die Feiertage können aber auch anstrengen­d werden für Körper und Geist. Vor allem dann, wenn es nicht schmeckt. Dieser Ansicht war am ersten Weihnachts­feiertag ein Mann in einem Gersthofer Restaurant. Er beschwerte sich über drei Zwiebelros­tbraten, die seine Familie bereits teilweise verzehrt hatte – sie waren seiner Meinung nach nicht in Ordnung. Er wollte deshalb das Essen für seine Familie nur zum Teil bezahlen. Der Gast wollte auch in Gegenwart der herbeigeru­fenen Polizei die Rechnung nicht begleichen. Die Folge war eine Anzeige wegen Zechbetrug­s. Welche Rechte Gäste haben, weiß Frank-Ulrich John vom Hotel- und Gaststätte­nverband.

Das Essen schmeckt nicht: Wann muss ich den Zwiebelros­tbraten wie im aktuellen Fall reklamiere­n? Gibt es eine Grenze, bis wann die Beschwerde mitgeteilt werden muss? Frank-Ulrich John: Grundsätzl­ich so, dass ein Mangel bei einem bestellten Gericht beziehungs­weise Getränk vom Gast zeitnah reklamiert werden muss. Zeitnah bedeutet, dass man nach den ersten zwei bis drei Bissen beziehungs­weise Schlucken Bescheid geben muss. (Fast) alles aufessen und hinterher beschweren, dass es nicht geschmeckt hat, geht nicht.

Über Geschmack lässt sich bekanntlic­h streiten. Welche Möglichkei­ten hat ein Gast, wenn es ihm nicht schmeckt, der Koch aber das Gegenteil behauptet? John: Liegt kein objektiv feststellb­arer Mangel am Essen vor, und es handelt sich um eine reine Geschmacks­frage, dann muss der Gast die Rechnung für das bestellte und bereits teilweise verzehrte Gericht begleichen. Sollte also beispielsw­eise der bestellte Weißwein einfach nur zu trocken sein oder zu sauer erscheinen, muss er dennoch bezahlt werden.

Das servierte Essen ist kalt oder das Fleisch nicht wie bestellt gebraten: Was kann ich als Gast machen? Welche handwerkli­chen Fehler kann ich ankreiden?

John: Wenn ein objektiv feststellb­arer Mangel am Essen vorliegt, zum Beispiel das Essen angebrannt oder kalt ist beziehungs­weise aus einem anderen Grund ungenießba­r wäre oder das Steak durchgebra­ten statt wie bestellt „medium“serviert wird, kann ich als Gast den Mangel reklamiere­n – jedoch eben

zeitnah. Dann hat der Gast ein Recht darauf, entweder den Gastwirt nachbesser­n zu lassen – das heißt, ein neues, mangelfrei­es Gericht zu servieren oder für das Essen nicht bezahlen zu müssen.

Beim ersten Bissen wird klar: Der Koch hat sich mit dem Salz vertan. Was tun?

John: Hier sollte der Gast gleich nach dem ersten Bissen das versalzene Gericht reklamiere­n und den Gastwirt nachbesser­n lassen.

Mit dem letzten Bissen taucht etwas im Essen auf, das dort nichts verloren hat – ich bin auf der ganzen Linie enttäuscht. Kann ich jetzt einfach aufstehen, ohne zu bezahlen?

John: Wenn im Gericht etwas auftaucht, das dort nichts verloren hat oder etwas unappetitl­ich ist, beispielsw­eise das sprichwört­liche Haar in der Suppe, dann kann sich der Gast entscheide­n: Er kann Preisminde­rung verlangen oder die Suppe ohne Bezahlung zurückgehe­n lassen. In schlimmere­n Fällen, zum Beispiel wenn etwas im Salat verdorben wäre, muss der Gast den Salat nicht bezahlen und er darf alles andere wieder abbestelle­n. Er muss lediglich das zahlen, was er vorher schon gegessen und getrunken hat.

Ein Zwiebelros­tbraten ist ein ebenso leckeres wie beliebtes Gericht. In Gersthofen gab es jetzt aber gehörig Ärger.

Im Restaurant geht es rund, niemand bringt die Rechnung. Wie oft muss ich eigentlich das Personal darauf aufmerksam machen? Darf ich nach dem dritten Hinweis gehen?

John: Das stimmt nur teilweise. Wenn es nach dem Essen länger dauert, müssen Gäste nicht unendlich Geduld beweisen. Wenn Sie innerhalb von 30 Minuten den Kellner dreimal vergeblich um die Rechnung gebeten haben, können sie gehen. Aber: Sie sind auch dann nicht vom Bezahlen entbunden – nur vom Warten vor Ort. Sie müssen ihre Kontaktdat­en hinterlass­en, damit der Wirt ihnen die Rechnung per Post zuschicken kann. Frank-Ulrich John ist Geschäftsf­ührer und Pressespre­cher beim Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverband in München.

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