Augsburger Allgemeine (Land West)

Die ständige Frage nach Schönheits­reparature­n

Vereinbaru­ng mit Vormieter macht unwirksame Regelung im Mietvertra­g nicht wirksam

- Pm

Mit seinem Urteil vom 22. August 2018(VIII ZR 277/16) hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) eine wichtige Entscheidu­ng im Sinne der Mieter getroffen. Häufig stellt sich vor dem Auszug aus einer Mietwohnun­g die Frage, ob der Mieter renovieren muss. Hier hat der BGH erneut für Klarheit gesorgt.

„Die Frage, ob vor Rückgabe der Wohnung gestrichen werden muss, gehört zu den am häufigsten gestellten Fragen in unserer alltäglich­en Beratungsp­raxis“, weiß Claus O. Deese, Geschäftsf­ührer des Mieterschu­tzbundes e.V. „Immer wieder sind Vermieter der Meinung, dass die Mieter nicht oder nicht ordentlich genug renoviert hätten und machen Schadeners­atzansprüc­he oft auch erst nach längerem Zuwarten im Rahmen der Kautionsab­rechnung geltend.“

Damit hatte sich jüngst auch der Bundesgeri­chtshof zu beschäftig­en. Ein Mieter hatte die Wohnung zu Mietbeginn im nicht renovierte­n Zustand übernommen und auch keinen Ausgleich vom Vermieter für bereits vorhandene Abnutzungs­spuren der Vormieter erhalten. Mit dem Vormieter der Wohnung schloss der Nachmieter eine Vereinbaru­ng, in der er sich unter anderem verpflicht­ete, Renovierun­gsarbeiten zu übernehmen. In dem vorformuli­erten Mietvertra­g des Nachmieter­s befand sich eine Regelung, die den Mieter verpflicht­ete, Schönheits­reparature­n zu übernehmen, also Malerarbei­ten durchzufüh­ren.

Zwang zu vorzeitige­r Renovierun­g ist nicht zulässig

Bereits im Rahmen einer früheren Entscheidu­ng hatte der Bundesgeri­chtshof geurteilt, dass eine Klausel im Mietvertra­g zur Vornahme von Schönheits­reparature­n durch den Mieter unwirksam ist, wenn der Mieter eine nicht renovierte Wohnung mit deutlichen Gebrauchss­puren des Vormieters übernimmt und keinen angemessen­en Ausgleich vom Vermieter hierfür erhält. Der Mieter wäre sonst gezwungen, vorzeitig zu renovieren, um nicht nur seine eigenen Gebrauchss­puren zu entfernen, sondern auch die des Vormieters. Dies sei nicht zulässig.

Das jetzige Urteil des BGH stärkt diese Rechtsprec­hung, auch wenn der Mieter mit dem Vormieter vereinbart hat, dass er eine Renovierun­gspflicht von dem Vormieter übernimmt und Renovierun­gsarbeiten durchführt.

Diese Vereinbaru­ng gilt nur zwischen Vormieter und Nachmieter und kann daher keine Auswirkung­en auf das Verhältnis zwischen Nachmieter und Vermieter haben. Ist die Regelung zu den Schönheits­reparature­n unwirksam, kann daran auch eine Vereinbaru­ng zwischen Vormieter und Nachmieter nichts ändern. Der Nachmieter musste also nicht streichen und die Schadeners­atzansprüc­he des Vermieters wurden abgewiesen.

Wohnung nur in Weiß? Unwirksam, urteilen die Gerichte

In den letzten Jahren hatte sich der Bundesgeri­chtshof immer wieder mit verschiede­nen Regelungen zu den Schönheits­reparature­n zu befassen. Immer wieder wurden vorformuli­erte Klauseln geprüft und regelmäßig für unwirksam befunden. So wurde zum Beispiel festgestel­lt, dass eine Regelung, die den Mieter verpflicht­et, immer nach einem bestimmten Zeitablauf zu renovieren, unwirksam ist, soweit der Mieter von diesem Zeitablauf nicht abweichen darf. Dem Mieter darf ebenfalls nicht auferlegt werden, während des laufenden Mietverhäl­tnisses zu renovieren und zusätzlich zu Beginn oder zum Ende, egal, wie der Zustand der Wohnung tatsächlic­h ist. Ebenso wenig darf der Mietvertra­g vorsehen, dass der Mieter während des Mietverhäl­tnisses die Wohnung nur mit weißer Farbe streichen darf.

„Sollten sich in einem Mietvertra­g solche Formulieru­ngen befinden, lohnt es sich den Vertrag einem Fachmann vorzulegen. Häufig ist der Wortlaut entscheide­nd. Zudem gilt die Rechtsprec­hung des Bundesgeri­chtshofes in der Regel nur für Formularkl­auseln, also nicht für individuel­l abgeschlos­sene Vereinbaru­ngen zwischen Mieter und Vermieter“, gibt Claus O. Deese zu bedenken. Eine pauschale Aussage, dass der Mieter in keinem Fall renovieren muss, wenn er auszieht, lässt sich aus diesen Urteilen nicht herleiten.“

 ?? Foto: Ingo Bartussek, stock.adobe.com ?? Streichen, tapezieren, kalken – das Thema Schönheits­reparature­n beschäftig­t die Gerichte immer wieder.
Foto: Ingo Bartussek, stock.adobe.com Streichen, tapezieren, kalken – das Thema Schönheits­reparature­n beschäftig­t die Gerichte immer wieder.

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