Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Stadtarchiv öffnet sich den Bürgern
Geschichte Die Einrichtung im Textilviertel erleichert den Augsburger und Forschern aus aller Welt die Arbeit im Lesesaal. Was auch künftig zu beachten ist
Das Stadtarchiv gilt als erste Adresse für Bürger, die an der Geschichte der Stadt Augsburg interessiert sind. Der Weg führt sie ins Textilviertel. Neben dem Textil- und Industriemuseum (tim) ist das Stadtarchiv angesiedelt. Die täglichen Benutzerzahlen schwanken sehr stark, sodass die Einrichtung es bei einer Jahresstatistik belässt: Im Jahr 2018 waren es 1200 Benutzer vor Ort im Lesesaal. Hinzu kommt ungefähr die gleiche Zahl an schriftlichen Anfragen sowie 1300 Teilnehmer an Veranstaltungen des Stadtarchivs. Dazu gehören Themenabende und Workshops.
Es kann davon ausgegangen werden, dass das Stadtarchiv ab sofort häufiger angesteuert wird. Die Einrichtung öffnet sich verstärkt den Bürgern. Sie macht es interessierten Augsburgern einfacher, an Inhalte von Dokumenten zu gelangen.
Fotografieren Die sicherlich weitreichendste Neuerung ist die Erlaubnis, im Lesesaal zu fotografieren. Viele Besucher hatten sich dies gewünscht. Die Verantwortlichen des Stadtarchivs waren mit dem Anliegen an die Politik herangetreten. Andere Archive hätten mit der so gehandhabten Praxis gute Erfahrungen gemacht. Dominik Feldmann vom Stadtarchiv verweist auf die geplante Umsetzung, die ab Mittwoch im Lesesaal gültig ist: „Es dürfen Archivalien an ausgewählten Arbeitsplätzen auf Antrag selbstständig mit dem Smartphone oder der Digitalkamera fotografiert werden. Ausgenommen hiervon sind vor allem urheberrechtlich geschütztes Material sowie Großformate oder Bibliotheksgut.“
Von der Neuregelung profitieren vor allem Gäste aus dem Ausland, erläutert Feldmann: „Denn ins Stadtarchiv kommen nicht nur Nutzer aus Augsburg, Bayern und Deutschland, sondern aus England, Österreich, Frankreich, den USA, Kanada oder sogar Japan.“Fotografieren wird also einfacher möglich sein, doch es gibt als Konsequenz auch mehr Kontrollen, was fotografiert wird. Feldmann informiert: „Die Fotografie im Lesesaal sowie neue Vorgaben durch den Landesdatenschutzbeauftragten im Bereich der personenbezogenen Daten führen dazu, dass eine stärkere Überprüfung der Unterlagen durch das Personal des Stadtarchivs notwen- ist.“Es sei insofern nicht möglich, dass Besucher sich ohne Vorankündigung große Aktenmengen vom Personal aushändigen lassen. Eine rechtzeitige Vorbestellung der Dokumente sei daher unbedingt erforderlich.
Einfacherer Zugang Auch in einem anderen Punkt öffnet sich das Stadtarchiv und reagiert damit auf die Entwicklungen einer modernen Wissens- und Informationsgesellschaft. Bislang galt, dass für die Benutzung des Archivs ein „berechtigtes Interesse“vorliegen musste. Diese Vorgabe ist jetzt gelockert. Aus diesem Grund ist auch die „allgemeine Schutzfrist“herabgesetzt worden. Diese regelt, wann Unterlagen den Forschenden zur Verfügung gestellt werden dürfen. Bisher war dies erst 30 Jahre nach Akten- schluss möglich. Zukünftig können Akten bereits nach zehn Jahren eingesehen werden. Ausgenommen davon sind Unterlagen, die personenbezogene Daten enthalten und dadurch einem besonderen Schutz unterliegen. Hier gelten weiter die Schutzfristen des Bayerischen Archivgesetzes (zehn Jahre nach Tod oder 90 Jahre nach Geburt einer Person).
Was die Benutzer am häufigsten nachfragen, kann man nicht so genau sagen. Das hängt stark von wissenschaftlichen Forschungstrends sowie anstehenden Jubiläen ab. Feldmann erläutert: „In den letzten zwei Jahren hatten wir beispielsweise viele Anfragen zu den Themen Wasser, Nationalsozialismus und Erinnerungskultur, Stadtentwicklung der Nachkriegszeit sowie Umdig welt und Nachhaltigkeit.“Hinzu kämen Dauerbrenner wie Personenund Familienforschung, die reichsstädtische Zeit oder Anfragen zu historischen Fotos.
Kosten Grundsätzlich bleibt es dabei, dass die Dienste des Stadtarchivs für wissenschaftliche oder heimatkundliche Zwecke bei normaler Benutzung oder Erstauskunft gebührenfrei sind. Zusätzlich hat das Stadtarchiv bei der Gestaltung der neuen Regelung die Wiedergabegebühren abgeschafft. Diese fielen an, wenn ein im Stadtarchiv digitalisiertes Dokument (Digitalisat) veröffentlich werden sollte. Die Verwendung der Digitalisate ist nun beliebig und kostenfrei möglich.
Zudem sind die Gebührensätze vereinheitlicht und an den tatsächlichen Aufwand angepasst worden. Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg
Dies führte zu einer moderaten Erhöhung der Reprogebühren für Erstellung von Digitalisaten durch das Stadtarchiv, heißt es dazu.
Im Stadtarchiv Augsburg lagern
3,5 Millionen Dokumente. Das älteste Dokument stammt aus dem 11. Jahrhundert. Die Regalbretter, die benötigt werden, sind insgesamt 14 Kilometer lang. 13 Regal-Kilometer sind noch frei. Mehr als 25 Mitarbeiter kümmern sich darum, damit Augsburg nichts vergisst. In einer Stadt mit einer großen Geschichte kommt da einiges zusammen:
350000 Fotos, 40000 Karten und Pläne sowie 35000 Plakate sind gelagert. Der Lesesaal des Stadtarchivs gilt als Treffpunkt für Studenten, Historiker und Forscher aus der ganzen Welt, die sich für Augsburgs Stadtgeschichte interessieren.