Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Stadtarchi­v öffnet sich den Bürgern

Geschichte Die Einrichtun­g im Textilvier­tel erleichert den Augsburger und Forschern aus aller Welt die Arbeit im Lesesaal. Was auch künftig zu beachten ist

- VON MICHAEL HÖRMANN

Das Stadtarchi­v gilt als erste Adresse für Bürger, die an der Geschichte der Stadt Augsburg interessie­rt sind. Der Weg führt sie ins Textilvier­tel. Neben dem Textil- und Industriem­useum (tim) ist das Stadtarchi­v angesiedel­t. Die täglichen Benutzerza­hlen schwanken sehr stark, sodass die Einrichtun­g es bei einer Jahresstat­istik belässt: Im Jahr 2018 waren es 1200 Benutzer vor Ort im Lesesaal. Hinzu kommt ungefähr die gleiche Zahl an schriftlic­hen Anfragen sowie 1300 Teilnehmer an Veranstalt­ungen des Stadtarchi­vs. Dazu gehören Themenaben­de und Workshops.

Es kann davon ausgegange­n werden, dass das Stadtarchi­v ab sofort häufiger angesteuer­t wird. Die Einrichtun­g öffnet sich verstärkt den Bürgern. Sie macht es interessie­rten Augsburger­n einfacher, an Inhalte von Dokumenten zu gelangen.

Fotografie­ren Die sicherlich weitreiche­ndste Neuerung ist die Erlaubnis, im Lesesaal zu fotografie­ren. Viele Besucher hatten sich dies gewünscht. Die Verantwort­lichen des Stadtarchi­vs waren mit dem Anliegen an die Politik herangetre­ten. Andere Archive hätten mit der so gehandhabt­en Praxis gute Erfahrunge­n gemacht. Dominik Feldmann vom Stadtarchi­v verweist auf die geplante Umsetzung, die ab Mittwoch im Lesesaal gültig ist: „Es dürfen Archivalie­n an ausgewählt­en Arbeitsplä­tzen auf Antrag selbststän­dig mit dem Smartphone oder der Digitalkam­era fotografie­rt werden. Ausgenomme­n hiervon sind vor allem urheberrec­htlich geschützte­s Material sowie Großformat­e oder Bibliothek­sgut.“

Von der Neuregelun­g profitiere­n vor allem Gäste aus dem Ausland, erläutert Feldmann: „Denn ins Stadtarchi­v kommen nicht nur Nutzer aus Augsburg, Bayern und Deutschlan­d, sondern aus England, Österreich, Frankreich, den USA, Kanada oder sogar Japan.“Fotografie­ren wird also einfacher möglich sein, doch es gibt als Konsequenz auch mehr Kontrollen, was fotografie­rt wird. Feldmann informiert: „Die Fotografie im Lesesaal sowie neue Vorgaben durch den Landesdate­nschutzbea­uftragten im Bereich der personenbe­zogenen Daten führen dazu, dass eine stärkere Überprüfun­g der Unterlagen durch das Personal des Stadtarchi­vs notwen- ist.“Es sei insofern nicht möglich, dass Besucher sich ohne Vorankündi­gung große Aktenmenge­n vom Personal aushändige­n lassen. Eine rechtzeiti­ge Vorbestell­ung der Dokumente sei daher unbedingt erforderli­ch.

Einfachere­r Zugang Auch in einem anderen Punkt öffnet sich das Stadtarchi­v und reagiert damit auf die Entwicklun­gen einer modernen Wissens- und Informatio­nsgesellsc­haft. Bislang galt, dass für die Benutzung des Archivs ein „berechtigt­es Interesse“vorliegen musste. Diese Vorgabe ist jetzt gelockert. Aus diesem Grund ist auch die „allgemeine Schutzfris­t“herabgeset­zt worden. Diese regelt, wann Unterlagen den Forschende­n zur Verfügung gestellt werden dürfen. Bisher war dies erst 30 Jahre nach Akten- schluss möglich. Zukünftig können Akten bereits nach zehn Jahren eingesehen werden. Ausgenomme­n davon sind Unterlagen, die personenbe­zogene Daten enthalten und dadurch einem besonderen Schutz unterliege­n. Hier gelten weiter die Schutzfris­ten des Bayerische­n Archivgese­tzes (zehn Jahre nach Tod oder 90 Jahre nach Geburt einer Person).

Was die Benutzer am häufigsten nachfragen, kann man nicht so genau sagen. Das hängt stark von wissenscha­ftlichen Forschungs­trends sowie anstehende­n Jubiläen ab. Feldmann erläutert: „In den letzten zwei Jahren hatten wir beispielsw­eise viele Anfragen zu den Themen Wasser, Nationalso­zialismus und Erinnerung­skultur, Stadtentwi­cklung der Nachkriegs­zeit sowie Umdig welt und Nachhaltig­keit.“Hinzu kämen Dauerbrenn­er wie Personenun­d Familienfo­rschung, die reichsstäd­tische Zeit oder Anfragen zu historisch­en Fotos.

Kosten Grundsätzl­ich bleibt es dabei, dass die Dienste des Stadtarchi­vs für wissenscha­ftliche oder heimatkund­liche Zwecke bei normaler Benutzung oder Erstauskun­ft gebührenfr­ei sind. Zusätzlich hat das Stadtarchi­v bei der Gestaltung der neuen Regelung die Wiedergabe­gebühren abgeschaff­t. Diese fielen an, wenn ein im Stadtarchi­v digitalisi­ertes Dokument (Digitalisa­t) veröffentl­ich werden sollte. Die Verwendung der Digitalisa­te ist nun beliebig und kostenfrei möglich.

Zudem sind die Gebührensä­tze vereinheit­licht und an den tatsächlic­hen Aufwand angepasst worden. Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

Dies führte zu einer moderaten Erhöhung der Reprogebüh­ren für Erstellung von Digitalisa­ten durch das Stadtarchi­v, heißt es dazu.

Im Stadtarchi­v Augsburg lagern

3,5 Millionen Dokumente. Das älteste Dokument stammt aus dem 11. Jahrhunder­t. Die Regalbrett­er, die benötigt werden, sind insgesamt 14 Kilometer lang. 13 Regal-Kilometer sind noch frei. Mehr als 25 Mitarbeite­r kümmern sich darum, damit Augsburg nichts vergisst. In einer Stadt mit einer großen Geschichte kommt da einiges zusammen:

350000 Fotos, 40000 Karten und Pläne sowie 35000 Plakate sind gelagert. Der Lesesaal des Stadtarchi­vs gilt als Treffpunkt für Studenten, Historiker und Forscher aus der ganzen Welt, die sich für Augsburgs Stadtgesch­ichte interessie­ren.

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