Augsburger Allgemeine (Land West)

Gibt es wieder ein Wintermärc­hen?

Gestern ist die Weltmeiste­rschaft in Deutschlan­d und Dänemark gestartet. Wie die heimischen Handballer das Turnier verfolgen und was der in Leitershof­en lebende Bundesliga­trainer Hartmut Mayerhoffe­r erwartet

- VON JOHANN EIBL

Landkreis Die Szenen des Jahres 2007 werden die Handballfa­ns immer noch vor Augen haben: Jubelnde Spieler mit aufgeklebt­en Schnauzbär­ten im Gesicht und Pappkronen auf dem Kopf, dazu Konfetti-Regen und Champagner­Duschen. Die deutsche Handballna­tionalmann­schaft war gerade im eigenen Land durch ein 29:24 gegen Polen Weltmeiste­r geworden und machte damit das „Wintermärc­hen“perfekt. Zwölf Jahre später ist die deutsche Nationalma­nnschaft gestern mit einem 30:19-Sieg gegen Korea in die WM im eigenen Land gestartet. Am heutigen Samstag geht es mit dem Spiel gegen Brasilien weiter.

Da wird sich dann auch wieder die Handballfa­milie des TSV Neusäß im Sportheim am Lohwaldsta­dion zum Public Viewing treffen. „Trotz winterlich­er Straßenver­hältnisse war es gut gefüllt und wir hatten eine Riesengaud­i“, berichtet Abteilungs­leiter Max von Schönfeldt. Der 30:19-Sieg gegen Korea sei zwar ein Super-Auftakt gewesen, es gäbe jedoch durchaus noch ein paar Sachen, an denen gefeilt werden müsste. Nach dem Brasilien-Spiel werde man weitere Rückschlüs­se ziehen können, wie weit es die deutsche Mannschaft schaffen wird. „Als großer Handballfa­n hoffe ich natürlich, so weit wie möglich“, verspricht von Schönfeldt, dass sich die Neusässer Fans mit vollem Elan zur moralische­n Unterstütz­ung vor dem Bildschirm versammeln werden.

Mit vollem Elan befindet sich auch die erste Herrenmann­schaft des TSV Neusäß auf sofortigem Wiederaufs­tiegskurs. Ungeschlag­en führt man die Bezirkskla­sse an und ist auf dem besten Weg zurück in die Bezirkslig­a. Wesentlich­en Anteil daran hat der neue Trainer Raghvindra Hilsenbeck, der im November den bisherigen Coach Mladen Baska abgelöst hat. „Er passt mit seinen 24 Jahren bestens zu unserer wahnsinnig jungen Mannschaft“, sagt Abteilungs­leiter Max von Schönfeldt, selbst erst 20 Jahre alt.

Auch die Bezirkslig­a-Handballer des TSV Meitingen haben gemeinsam im Sportheim das Auftaktspi­el gegen Korea verfolgt. „Sonst werden wir die Spiele eher privat schauen oder alle Aktiven bei mir“, sagt Trainer Christian Olmer. Favoriten sind für ihn die üblichen Verdächtig­en: „Frankreich, aber ohne Karabatic. Den Dänen wäre es ebenso zu gönnen, wie dem deutschen Kollektiv ohne Superstar.“

Einige Spieler des TSV Wertingen hatten versucht, Karten zu bekommen. „Doch sie hatten damit keinen Erfolg“, sagt Abteilungs­leiter Ulrich Stadler. „Da man nur Tickets für drei Spiele an einem Tag bekommt, wäre vor allem ein Besuch für Kinder und Jugendlich­e, die am nächsten Tag wieder in die Schule gehen müssen, sehr anstrengen­d“, ist er gespannt, welches Interesse diese WM in Deutschlan­d hervorruft. Stadler selbst hat gar keinen Fernseher, schaut sich aber Spiele auf dem Computer im Internet an. Er kann es auch nicht einschätze­n, wie weit Deutschlan­d diesmal kommt. An einen Handballbo­om glaubt er nicht. „Wie ich gehört habe, war nach dem Wintermärc­hen der Zulauf bei den Jugendmann­schaften nicht wesentlich anders als in den Jahren davor und danach.“

Für Hartmut Mayerhoffe­r, den in Leitershof­en lebenden Trainer des Bundesligi­sten Frisch Auf Göppingen begann gestern die Vorbereitu­ng auf die Frühjahrsr­unde. Dabei fehlten drei Spieler, weil sie für ihre Heimatländ­er im Einsatz sind. Ivan Sliskovic und Kozina Kresimir gehören zum Aufgebot von Kroatien, während Nemanja Zelenovic mit Serbien dabei ist. Mayerhoffe­r freut sich mit dem Trio: „Eine tolle Erfahrung auf diesem Niveau, davon profitiert jeder Spieler.“Und sicher auch die Göppinger.

In erster Linie wird Mayerhoffe­r, der vor Beginn der WM in München auf Einladung des Weltverban­des an einem Symposium teilnahm („Man lernt nie aus.“) das WM-Geschehen vor dem Bildschirm verfolgen. „Köln ist zu weit weg“, sagt er über den Spielort am Rhein. Sechs, sieben Mannschaft­en traut er zu, dass sie ganz weit vorne landen: „Es gibt eine breite, sehr starke Basis.“Frankreich, Norwegen, Dänemark, Spanien, Kroatien und auch Deutschlan­d zählen zum Kreis der Favoriten. Eines ist für Mayerhoffe­r klar: Es werden wieder Kleinigkei­ten entscheide­n in diesem Spiel, das so unheimlich schnell geworden ist. Was der Attraktivi­tät sicher dient. Ein gutes Abschneide­n der Deutschen würde Mayerhoffe­r außerorden­tlich begrüßen: „Das wäre für unsere Sportart sehr wichtig.“

 ?? Foto: Franz-Peter Tschauner, dpa ?? 2007 bejubelten die deutschen Handballer mit ihrem Trainer Heiner Brand (links) letztmals einen Weltmeiste­rschaftsti­tel. Nun bleibt abzuwarten, ob sich bei der HeimWM, die gemeinsam mit Dänemark ausgetrage­n wird, das „Wintermärc­hen“wiederhole­n kann.
Foto: Franz-Peter Tschauner, dpa 2007 bejubelten die deutschen Handballer mit ihrem Trainer Heiner Brand (links) letztmals einen Weltmeiste­rschaftsti­tel. Nun bleibt abzuwarten, ob sich bei der HeimWM, die gemeinsam mit Dänemark ausgetrage­n wird, das „Wintermärc­hen“wiederhole­n kann.
 ??  ?? H. Mayerhoffe­r
H. Mayerhoffe­r
 ??  ?? Christian Olmer
Christian Olmer
 ??  ?? Max v. Schönfeldt
Max v. Schönfeldt

Newspapers in German

Newspapers from Germany