Augsburger Allgemeine (Land West)
Nach dem Schnee kommen die Wassermassen
Das Wasser in den Flüssen steigt. Die Wiesen im Landkreis sind vom Schmelzwasser überschwemmt. Doch in den Bergen kämpfen Einsatzkräfte aus dem Augsburger Land weiter gegen die Schneemassen
Die Wiesen sind überschwemmt. In den Bergen kämpfen Helfer aus dem Augsburger Land weiter gegen die Schneemassen.
Landkreis Ausgburg Die Schneemassen sind verschwunden. Doch nun sorgen Regen und Tauwetter im westlichen Landkreis für überschwemmte Wiesen und steigende Pegel in den Flüssen.
In Fleinhausen bei Dinkelscherben stieg die Zusam in der Nacht auf Montag um 75 Zentimeter an und erreichte morgens einen Wasserstand von 1,25 Meter. Damit war die Meldestufe 2 überschritten. „Es können kleinere Ortsverbindungsstraßen überschwemmt sein“, sagt Karl Spanowsky vom Wasserwirtschaftsamt. Um sicher zu gehen, dass alle Straßen befahrbar sind, war Kai Fiedler vom Bauamt Dinkelscherben im Einsatz. „Wir sind die kleineren Straßen abgefahren, aber zum Glück war nichts überschwemmt“, sagt er.
Bei Wollishausen, einem Ortsteil von Gessertshausen, drückte das Wasser der Schmutter bis zum Straßenrand. Der Pegel stieg innerhalb von wenigen Stunden von 40 Zentimeter auf 1,70 Meter. Die Schmutter sei sehr verästelt, mehrere Bäche würden zusammenfließen, erklärt Karl Spanowsky vom Wasserwirtschaftsamt. Das begünstige einen steigenden Wasserstand. Wegen des Schmelzwassers seien mehrere Wiesen in Richtung Reitenbuch und Gessertshausen überschwemmt, bestätigte Fischachs Bürgermeister Peter Ziegelmeier. Ansonsten habe es bisher keine Probleme gegeben.
Im südlichen Landkreis war die Singold bei Langerringen und Schwabmünchen angestiegen und wurde beobachtet. Zudem wurde beim Urbanwehr südlich von Langerringen Wasser aus der Singold in einen Überlaufgraben abgeleitet, der binnen kurzer Zeit halb voll war. Eine Hochwasserwarnung gab es aber nicht.
Für den Experten vom Wasserwirtschaftsamt sind die Wassermengen nichts Außergewöhnliches. „Statistisch gesehen erleben wir das ein- bis zweimal im Jahr“, erklärt Spanowski. Der Wasseranstieg sei keineswegs besorgniserregend. Schon im Laufe des gestrigen Tages seien die Wasserstände gesunken. Der Experte rechnet nicht damit, dass das Wasser in den kommenden Tagen noch mal steigt. Doch während das Schmelzwasser die Wiesen im Landkreis überschwemmt, kämpfen Helfer aus dem Augsburger Land in den Bergregionen immer noch gegen die Schneemassen.
Rudolf Kine ist einer von ihnen. Als er am vergangenen Donnerstag von seinem freien Tag zu seiner Einheit zurückkehrte, kam für den Bundeswehrsoldaten aus Langweid der Marschbefehl. „In einer HauRuck-Aktion mussten wir unsere Taschen packen“, berichtet der Oberstabsgefreite. Seit vier Tagen ist er nun in Agatharied, einem Ortsteil der Gemeine Hausham im Landkreis Miesbach, mit seinen Kameraden des Gebirgsbatallions 8 aus Ingolstadt und Helfern des THW im Einsatz. „Der Auftrag lautete, das Dach des dortigen Krankenhauses vom Schnee zu befreien“, so Kine.
Über ein Meter hatte sich dort angehäuft. „Mit Schaufeln und Fräsen versuchen wir, die Schneemassen runter zu kriegen. Das geht nach vier Tagen schon ganz schön an die Substanz“, erzählt der 31-Jährige, der beim Bezirksligisten TSV Gersthofen Fußball spielt. „Am Sonntag hat es in den Schnee hinein geregnet. Am Abend mussten wir den Einsatz abbrechen, weil zusätzlich ein Sturm aufkam“, erzählt Kine.
Rund 60 Kameraden wurden für diesen Katastrophenfall abgestellt. Untergebracht sind sie in einer Turnhalle, geschlafen wird in einem Feldbett. Ein Ende des Einsatzes ist nicht in Sicht. „Die Lage ändert sich stündlich. Ein Teil der Kameraden wurde heute nach Bad Reichenhall verlegt, weil sich da die Situation dramatisch verschlechtert hat. Auch in Aldersried ist noch keine Entwarnung angesagt. Im Gegenteil: „Die Lage spitzt sich zu“, sagt Kine. „In der kommenden Nacht könnte es hier sogar Evakuierungen geben.“
Auch für 250 Auszubildende der Königsbrunner Bereitschaftspolizei lautete der Auftrag am Wochenende: Um 5.30 Uhr ausrücken zum Schneeschippen. 100 Polizeischüler waren am Samstag in Geretsried im Einsatz, 150 am Sonntag in Bad Tölz, Lenggries und Wolfsratshausen. Sie schaufelten Hydranten frei, um den Feuerwehren Zugang zu Löschwasser für den Notfall zu verschaffen. Das war körperliche Schwerstarbeit, denn die Hydranten steckten teilweise in vier Meter hohen Schneebergen. „Eine Polizeischülerin meldete, dass sie ihren Hydranten nicht finden könne. Die Lösung: Sie stand darauf und hat es nicht gemerkt“, berichtet BepoSprecher Johannes Daxbacher. 400 Hydranten wurden an einem Einsatztag aus den Schneemassen geschaufelt, teilweise halfen die Polizeischüler auch noch Anwohnern mit ihren Grundstückseinfahrten.
Helfer vom BRK-Kreisverband Augsburg-Land und den Feuerwehren müssen derzeit nicht in die Alpenregion ausrücken. Dafür sind die Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerk (THW) aus dem Landkreis Augsburg vor Ort. Bereits am Sonntag fuhren 20 Helfer nach Garmisch-Partenkirchen, am Montag dann in den Landkreis Miesbach, um dort Schnee zu räumen. Sabine Wenzel vom THW-Ortsverband Schwabmünchen: „Die Regionalstelle München koordiniert die Einsätze. Momentan planen wir für die gesamte Woche, dass unsere Leute weiter in den Katastrophengebieten gebraucht werden.“