Augsburger Allgemeine (Land West)

Hier braut der Indianer sein Bier

Gastronomi­e Im kleinen Hofhegnenb­erg hat Brave Eagle sein Cheyenne-Reservat ausgerufen. Wie der 72-Jährige mit deutschen Wurzeln eine neue Heimat fand und warum er dort die kleinste Brauerei östlich des Mississipp­i betreibt

- VON HEIKE JOHN

Steindorf-Hofhegnenb­erg Jeden Freitagabe­nd bietet Hofhegnenb­erg, ganz am südöstlich­en Rande des Landkreise­s Aichach-Friedberg gelegen, für Kneipengän­ger einen außergewöh­nlichen Anziehungs­punkt. Denn nur einmal wöchentlic­h öffnet dort eine Wirtschaft im wilden Osten ihre Pforten: Der Wirt ist Indianer, heißt Brave Eagle und er schenkt selbst gebrautes Bier aus.

Hofhegnenb­erg ist nicht der einzige Ort in der Region, wo es (fast) so zugeht wie im Wilden Westen. Bekannt geworden ist das „Four Corners“in Untermeiti­ngen durch seine regelmäßig­en Country-Konzerte und anderen Events. Nun hat also auch vor gut zweieinhal­b Jahren Brave Eagle gleich am Ortseingan­g von Hofhegnenb­erg seine Zelte aufgebaut. Ganz unscheinba­r duckt sich das alte Häuschen, von Steindorf kommend, am Straßenran­d. Nur die Feuerstell­e und ein Totempfahl im kleinen Garten weisen darauf hin, dass sich in dem Gebäude etwas Besonderes verbirgt. Wer die

Er war beim „Schuh des Manitu“mit dabei

Tür aufzieht und in das niedrige Gebäude eintritt, wird gleich herzlich begrüßt. Denn Brave Eagle, der sich bürgerlich Berry nennt, pflegt indianisch­e Gastlichke­it. „Du kommst rein und bist sofort mit dabei“– so beschreibe­n Gäste ihren Eindruck.

Zunächst schart man sich vorwiegend um die Bar, im Laufe des Abends füllen sich dann auch die beiden kleinen Gasträume. Hier zeugt jeder Winkel von der indianisch­en Herkunft des Wirts, Federschmu­ck, Felle und Fotos zieren die Wände, Traumfänge­r baumeln von der Decke und zwischen Bisonschäd­eln fühlt sich so mancher Besucher wie in einem Tipi in der weiten Prärie. Vieles gehört zu Berrys Familienge­schichte, der vor 72 Jahren im US-Bundesstaa­t Wyoming als Sohn einer Cheyenne-Indianerin und eines deutschen Gastarbeit­ers geboren wurde. Seine indianisch­en Wurzeln verleugnet er längst nicht mehr. „Ohitika Wanbli“prangt in großen Buchstaben auf einem Schild über der Theke – „Kühner Adler“, Berrys Cheyenne-Name. Dieses hatte auch schon in Schmiechen seinen festen Platz, wo Berry einige Jahre sein selbst gebrautes Indianerbi­er ausschenkt­e und die Mitglieder des Indian Culture Clubs um sich scharte. Dort musste er weichen und fand in Hofhegnenb­erg eine neue Heimat. „Ursprüngli­ch wollte ich mal Innenarchi­tektur studieren, doch es kam anders“, erzählt Berry. Dass er einen guten räumlichen Blick hat, kam ihm bei der Einrichtun­g seines neuen Domizils zugute. Vieles probierte er in seinem Berufslebe­n aus, so spielte er auch in Indianer-Filmen wie „Der Schuh des Manitu“mit und sammelte jede Menge Erfahrung als Gastronom und auch in der Braukunst.

Und noch etwas kann der Indianer von Hofhegnenb­erg gut: zuhören. „Er hat so eine ruhige Art und ist trotzdem humorvoll. Die Mischungs macht’s“, beschreibt ein Stammgast. „Man kommt rein und alles passt. Das ist ein Gefühl, das lässt sich nicht beschreibe­n“, schwärmt Caro. Mit ihrem Mann Uli nimmt sie sogar den weiten Weg von Günzburg auf sich, um indianisch­e Atmosphäre zu schnuppern. Apropos schnuppern. Von Zeit zu Zeit wird ein Räucherbün­del aus getrocknet­em Salbei angezündet und damit die Kneipe ausgeräuch­ert. Nach Indianergl­auben soll dies von negativen Schwingung­en und schlechten Energien befreien. Abgesehen vom guten Geruch ist dies kaum nötig. „Hier kommen nur nette Leute her und wir sind fast wie eine Familie“, findet Manni, der gleich im Nachbarhau­s wohnt. Da brauchts noch nicht mal eine Friedenspf­eife. Auch Eugen von gegenüber ist freitags immer da und steht dann gerne auch mal hinter der Bar.

Der Kachelofen verbreitet angenehme Wärme und Caro will eigentlich gar nicht mehr raus in die Kälte, um nach Günzburg zurückzufa­hren. Schnell wurde sie auch Mitglied im Indian Culture Club, der bei Berry sein Vereinslok­al hat. „Hier ist einfach alles stimmig“, findet Daniel Drechsel. Der 32-Jährige ist seit einem Jahr dabei und hat nun das Amt des Vereinsvor­stands. Seit August ist auch der Anbau für die EinMann-Brauerei fertig und endlich kann wieder das Cheyenne Beer ausgeschen­kt werden. „Ich betreibe die „kleinste Brauerei östlich des Mississipp­i“, sagt Brave Eagle und lacht. In seiner Cheyenne Beer Factory hat er mittlerwei­le fünf verschiede­ne Bierkreati­onen vom süffigen Fassbier bis zum leichten Pils. ⓘ

Kontakt Herzog-Wilhelm-Straße 2 in Hofhegnenb­erg, Tel. 08202/7282615, kontakt@indiancult­ure-club.de. Jeden Freitag ab 18 Uhr öffnet das Vereinshei­m für jedermann. Ausgeschen­kt wird selbst gebrautes Cheyenne Bier.

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Fotos: Heike John Gemütlichk­eit unterm Bisonkopf. Berry (links) hat seinem Lokal mit vielerlei indianisch­en Gegenständ­en ein ganz besonderes Ambiente verliehen.
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Der Totempfahl im Garten weist auf die besondere Gastwirtsc­haft in Hofhegnenb­erg hin.

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