Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein neues Buch erzählt vom Leben am Lech

Bildband Bei Hochschulp­rojekt kommen Menschen aus der Region vor, die vom Fluss geprägt wurden

- VON STEPHANIE MILLONIG

Landsberg/Augsburg Einst war der Lech ein sich immer wieder verändernd­er Gebirgsflu­ss – bis ihm der Hochwasser­schutz und die Nutzung der Wasserkraf­t seine Wildheit nahmen. Seit 2013 beschäftig­en sich Studierend­e der Hochschule für nachhaltig­e Entwicklun­g Eberswalde mit den Landschaft­en am Lech. So interviewt­en zwölf Studenten Menschen am Lech, unter anderem Anton Lichtenste­rn und Franz-Xaver Rößle aus Landsberg sowie Rennwart und Hartmut Freiherren von Schnurbein aus Hurlach.

Denn ohne die in einer Landschaft agierenden Menschen sei Landschaft nicht zu verstehen, heißt es im Vorwort der Professori­n Uta Steinhardt. „Landschaft­skommunika­tion“nenne sich diese Herangehen­sweise, die das Erfahrungs­wissen des Menschen miteinbezi­eht. Herausgege­ben vom Verein „Lebensraum Lechtal“ist aus diesen Gesprächen ein Bildband entstanden, der den Weg des Lechs nachzeichn­et und dank der Erinnerung­en der Befragten davon erzählt, wie er einst war. Die Fotos stammen vom Finninger Fotografen Detlef Fiebrandt, die Textredakt­ion hatte Harald Jungbold. Ein Glossar informiert über Fachbegrif­fe.

Der Fluss suchte sich früher bei Hochwasser einen breiten Weg durch die Landschaft. Diese Dynamik und die Materialie­n, die er transporti­erte, gestaltete­n die unterschie­dlichsten Lebensräum­e. Die Kraftwerke und der Forggensee als großer Stausee haben diese Dynamik gestoppt und spezialisi­erten Arten fehlen jetzt diese Lebensräum­e wie beispielsw­eise Kiesbänke. Dies erläutert der Gebietsbet­reuer vom Verein Lebensraum Lechtal, Stephan Jüstl, in seiner Einführung. Dann kommen die Menschen zu Wort – zuerst Bergbauern und Umweltakti­visten am Tiroler Lech, der vor derartiger Verbauung bewahrt und 2004 zum Naturpark wurde.

Von ihrem Kampf ums Lechwehr, an dem in den 1980er-Jahren ein Kraftwerk gebaut werden sollte, erzählen der ehemalige Oberbürger­meister Franz-Xaver Rößle, Jahrgang 1947, und der frühere Stadtheima­tpfleger und Stadtrat Anton Lichtenste­rn, Jahrgang 1938. Sie berichten aber auch von der Freizeit am Lech, den Spielen im wilden Dickicht von „Sulz“, „Dschungel“und „Kongo“sowie vom Inselbad weist auch Jüstl in seinem Vorwort.

Im Fundus der Familie von Schnurbein finden sich über 100 Jahre alte Aufnahmen vom unverbaute­n Lech, darunter ein Foto der Großmutter und des Vaters von Rennwart und Hartmut von Schurbein am Hurlacher Lechufer 1907. Die Tuffabbrüc­he, die beide noch als

Kinder kannten, liegen längst unter der Wasserober­fläche des Stausees, der dort 1976 entstand. „Die Erinnerung daran, dass diese Wildheit unwiederbr­inglich verloren gegangen ist, schmerzt uns alle wirklich sehr“, sagen beide.

Mit dem Augsburger Eberhard Pfeuffer, dem Vorsitzend­en des naturwisse­nschaftlic­hen Vereins Schwaben, kommt ein Naturschüt­zer und Experte zu Wort. Als er nach Augsburg zog, rüttelte ihn der Bau der Staustufe 18 auf.

Eins ist vielen dieser Geschichte­n gemeinsam: Sie erzählen von harten und entbehrung­sreichen Zeiten, in denen oft auch die Kinder mitarbeite­n mussten. Sie erzählen aber auch von einer Kindheit draußen in der Natur, jenseits der Kontrolle von Erwachsene­n an den Ufern des Lechs, der damals noch ein anderes Gesicht hatte. Der unter anderem von Bundesumwe­ltminister­ium geförderte Band macht Lust darauf, auch das andere, noch ursprüngli­chere Gesicht dieses Flusses auf der Tiroler Seite kennenzule­rnen.

Buch „Vom Lech, Zeitzeugen erzählen“ist im Finninger Lechrain Verlag erschienen und kostet 35 Euro. ISBN 9783942985­260

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Foto: Lechrain Verlag Für das neue Buch über den Lech haben Studenten mit einigen Zeitzeugen gesprochen.
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Eberhard Pfeuffer

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