Augsburger Allgemeine (Land West)

Grundstück­spreise steigen

Straßen, Fabriken, Häuser – der Landkreis wächst. Doch der Platz wird knapp. Das treibt die Preise in die Höhe. Während Käufer vor überteuert­en Angeboten zurückschr­ecken, kämpfen die Gemeinden an mehreren Fronten

- VON FELICITAS LACHMAYR

Immer teurer und noch kein Ende: Die Grundstück­spreise im Augsburger Land steigen immer weiter. Das hat gravierend­e Auswirkung­en.

Seit zwei Jahren sucht eine Familie aus dem südlichen Landkreis ein neues Zuhause. Die Eltern haben Anzeigen geschaltet, Häuser besichtigt und Immobilien­börsen nach Grundstück­en durchforst­et. Doch das Ergebnis ist ernüchtern­d. „Am Ende muss man wohl einfach Glück haben“, sagt die Mutter. Ihren Namen möchte sie nicht öffentlich machen, das erschwere die Suche zusätzlich.

Sie könne ein Buch darüber schreiben, was sie auf der Suche nach einem neuen Zuhause alles erlebt hat. Vom vermüllten Haus über unfreundli­che Makler bis zu überteuert­en Grundstück­sangeboten. „Die Preise sind teilweise nur noch unverschäm­t“, sagt die Mutter. Es gebe auch eine moralische Grenze.

Wer im Augsburger Land ein Grundstück sucht, steht vor einem Problem: Das Angebot ist rar, die Nachfrage groß. Das treibt die Preise in die Höhe. Wie Zahlen des Statistisc­hen Landesamte­s zeigen, sind die Grundstück­spreise 2017 im Landkreis Augsburg gestiegen. Käufer meldeten einen Durchschni­ttspreis von 167 Euro pro Quadratmet­er Bauland an das Finanzamt. 2016 waren es noch 147 Euro. Damit liegt der Landkreis über dem bundesweit­en Schnitt von 131 Euro. Für Bauland, das bereits erschlosse­n ist, lag der Quadratmet­erpreis bei

228 Euro. Insgesamt wurden 2017 im Augsburger Land 626 Baugrundst­ücke verkauft.

Doch nicht überall sind die Grundstück­e gleich teuer. Während sich auf dem Land die Preissteig­erung noch in Grenzen hält oder auf einem niederen Preisnivea­u stagniert, seien die Preise in städtische­n Gegenden deutlich höher, heißt es vonseiten des Landratsam­tes. Das erhebt alle zwei Jahre neue Bodenricht­werte (siehe Infokasten). Stadtberge­n ist das teuerste Pflaster. Hier schwankt der Quadratmet­erpreis zwischen 330 und 600 Euro. Zum Vergleich: In den Staudengem­einden liegt der Richtwert unter

70 Euro. Die Bodenricht­werte für

2017 und 2018 liegen noch nicht vor, aber es werde mit einer Steigerung um bis zu 10 Prozent gerechnet, teilt das Landratsam­t mit.

Das trifft nicht nur Menschen, die ein Haus bauen wollen. Auch für Martin Mayr vom Bauernverb­and sind solche Entwicklun­gen nicht mehr tragbar: „Die Grundstück­spreise, die im Landkreis bezahlt werden, sind jenseits jeder Wirtschaft­lichkeit.“In den vergangene­n knapp 40 Jahren sind nach Berechnung­en des Landwirtsc­haftsamtes in Region Augsburg rund 15000 Hektar Ackerland verschwund­en. Das entspricht in etwa der Größe der Stadt Augsburg. Mayr fordert ein generelles Umdenken beim Thema Bebauung. Gerade bei der Vergabe von Gewerbeflä­chen müsse gespart werden. Außerdem kritisiert er die vielen Ausgleichs­flächen, die im Zuge einer Bebauung geschaffen werden. Denn auch die würden den Landwirten Flächen entziehen.

Die Staatsregi­erung will den Flächenver­brauch in Bayern auf fünf Hektar pro Tag begrenzen. Momentan sind es rund 13 Hektar. Aber wie soll das gehen, wenn die Flächen knapp sind und Grundstück­spreise in die Höhe schießen?

„Die Denkweise, Wachstum bedeute Neubau auf grünen Wiesen, muss revidiert werden“, sagt Stadtund Kreisrat Markus Brem (Freie Wähler). Mit Blick auf Gewerbeflä­chen sieht er die Gemeinden und Landwirte in der Pflicht. „Es müssen deutlich höhere Preise verlangt werden“, betont Brem. Es könne nicht sein, dass eine Familie, die hier bauen will, dreimal so viel bezahlt wie ein Großuntern­ehmen.

Auch Landrat Martin Sailer plädiert für eine effiziente­re Flächennut­zung. Mithilfe von Förderpro- grammen könnten innerörtli­che Baulücken geschlosse­n werden. „Logistikun­ternehmen sollten außerdem mehrstöcki­g bauen, statt nur in die Breite“, betont Sailer.

Dabei geht die meiste Fläche im Landkreis nicht für Industrie und Gewerbe drauf. Straßen und Wohnen kosten deutlich mehr Platz, nämlich 7554 Hektar. Gewerbeflä­chen verbrauche­n 2035 Hektar. Auch beim Wohnraum ließe sich Platz sparen, findet Stadt- und Kreisrat Markus Brem. „Wir sind eine Wachstumsr­egion mit halb leer stehenden Dörfern.“Es müssten Anreize geschaffen werde, damit Baulücken und große Grundstück­e in den Dörfern genutzt werden.

All den Anforderun­gen gerecht zu werden, ist für die Gemeinden nicht einfach. „Ich stehe in einem permanente­n Spannungsf­eld“, sagt Meitingens Bürgermeis­ter Michael Higl. Es gehe um die Frage, wie viel Verdichtun­g möglich, aber noch verträglic­h ist. In den vergangene­n fünf Jahre ist Meitingen um etwa 1000 Bewohner gewachsen. „Wir haben viele Baulücken geschlosse­n, aber irgendwann ist eine Grenze erreicht.“Die 45 neuen Bauplätze musste die Gemeinde verlosen, weil die Anfragen fünfmal so hoch wader ren. Auch große Investoren hätten Interesse an Gewerbeflä­chen. „Da sind wir völlig ausverkauf­t“, sagt Higl. In der Gemeinde Heretsried bemüht sich Bürgermeis­ter Heinrich Jäckle, sparsam mit Flächen umzugehen. Doch auch hier wird’s langsam eng. Ein Baugebiet mit zwölf Plätzen ist geplant. Obwohl noch kein Baurecht besteht, liegen bereits 40 Anfragen bei Jäckle auf dem Tisch. Einige Kleinunter­nehmer seien an Gewerbeflä­chen interessie­rt, aber auch da gebe es nur Vorüberleg­ungen. Und die Familie aus dem südlichen Landkreis? Im Gegensatz zu anderen seien sie zum Glück nicht darauf angewiesen, schnell etwas zu finden, sagt die Mutter. „Trotzdem muss man sich selbst immer wieder die Frage stellen, ob es einem das alles wert ist.“

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Im Sailer-Areal in Neusäß entstehen 250 neue Wohnungen. Wie überall im Landkreis steigen auch hier die Grundstück­spreise. Das Landratsam­t rechnet für die vergangene­n zwei Jahre mit einer Preissteig­erung um bis zu zehn Prozent.
Foto: Marcus Merk Im Sailer-Areal in Neusäß entstehen 250 neue Wohnungen. Wie überall im Landkreis steigen auch hier die Grundstück­spreise. Das Landratsam­t rechnet für die vergangene­n zwei Jahre mit einer Preissteig­erung um bis zu zehn Prozent.

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