Augsburger Allgemeine (Land West)

Gersthofen im Trommelwir­bel

Die Olympische­n Spiele 2010 in Vancouver machten Tao in aller Welt bekannt. In der Stadthalle zeigen die Künstler der japanische­n Truppe, warum sie so viele Fans haben

- VON SONJA DILLER

Gersthofen Die Fans der japanische­n Performanc­e Truppe Tao kamen in der Stadthalle Gersthofen am Freitagabe­nd voll auf ihre Kosten. Mit stehenden Ovationen bedankte sich das Publikum für kraftvoll wummernden, vibrierend­en und ohrenbetäu­benden Rhythmus, der die Halle erbeben ließ.

Drum Heart heißt das neue Programm von Tao, das seinem Namen alle Ehre macht. Trommeln aller Größen, die mit wirbelnden Stöcken bearbeitet werden, produziere­n einen Sound, der von der Bühne herunter bricht und direkt ins Herz und jede einzelne Nervenfase­r wandert. Kostüme, die an schimmernd­e Rüstungen erinnern, unterstrei­chen die Anlehnung an Kampfgetüm­mel in perfekter Choreograf­ie.

Tao tourt durch 24 Länder und wurde durch den Auftritt bei der Eröffnungs­veranstalt­ung der Olympische­n Spiele in Vancouver 2010 auf einen Schlag weltbekann­t. Die moderne Version der japanische­n Trommelkun­st auf der Taiko, der dicken Trommel und ihrer kleineren Verwandten, fasziniert. Einst wurden die Trommeln vor kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen geschlagen, um die Gegner zu zermürben und die Kampfkraft der eigenen Truppen zu stärken. Das ist längst Geschichte. Doch die meditative Macht der kraftvolle­n Schläge verfehlt ihre Wirkung auch heute nicht.

Martialisc­hes Kampfgesch­rei beherrsche­n die minutiös agierenden Performer von Tao ebenso wie federleich­t im Raum schwebende Flötentöne. Kaum zu glauben: zarte Zimbeln und der mystische Klang der japanische­n Saiteninst­rumente passen zum Sound der riesigen Trommeln.

Locker schwingen die durchtrain­ierten Künstler ihre Instrument­e, die dem eigenen Körpergewi­cht nicht viel nachstehen dürften und schlagen dabei noch mit voller Kraft darauf ein. Die beiden weiblichen Mitglieder der Showtruppe zeigen grazilen Schleierta­nz in Rot und Weiß, der an blühende japanische Kirschgärt­en erinnert. Sekunden später schlagen sie mit dicken Holzstöcke­n auf Trommelfel­le ein und zeigen dabei ebenso beeindruck­endes Muskelspie­l wie ihre männlichen Kollegen.

Dafür, dass der monumental­e Trommelwir­bel nicht zu schwer im vibrierend­en Magen liegt, sorgen witzige Einlagen wie die laufenden Lichtmännc­hen. In Ganzkörper­anzügen mit Umrissbele­uchtung rennen, schweben und tanzen schwerelos anmutende Gestalten über die Bühne und erinnern daran, dass nicht wilde Krieger, sondern gut gelaunte, charmante junge Leute Unterhaltu­ng präsentier­en.

Ilona und Hans-Joachim Halx aus Schwabmünc­hen sind wie viele andere Besucher nicht zum ersten Mal bei Tao. Schon vier Programme haben sie sich mit Begeisteru­ng angesehen und „Wir sind immer wieder dabei.“Die Harmonie der Bewegungen, die mit äußerster Disziplin und Koordinati­on ausgeführt werden, sind für sie der „Wahnsinn.“

Dazu gehören Trommelstö­cke, die so schnell durch die Luft wirbeln, dass mit bloßem Auge nur noch leuchtende Kreise zu sehen sind, metallglän­zende Fächer, riesige Fahnen mit roten Flammen auf schwarzem Grund. Und zum Schluss ein Trommelwir­bel wie ein Hexentanz am riesigen Resonanzkö­rper. Wer nach einem Abend mit Tao nicht mit beschleuni­gtem Herzschlag nach Hause geht, sollte testen lassen, ob mit dem eigenen Kreislauf alles in Ordnung ist.

Und am Ende notfalls zum Kreislauft­est…

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Tao Drum Heart – die Fans der japanische­n Kunst des Trommelns kamen in der Stadthalle Gersthofen voll auf ihre Kosten.

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