Augsburger Allgemeine (Land West)

Auch die Privatkass­en sollen zahlen

Organspend­e Die Koalition will mit verbessert­en Strukturen die Zahl der Spender erhöhen. Die Grünen zweifeln das Gesetz dazu jedoch an: Sie monieren eine Ungleichbe­handlung

- VON STEFAN LANGE

Berlin Der Bedarf an Organspend­en in Deutschlan­d ist riesig. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtrans­plantation hoffen derzeit mehr als 10 000 schwer kranke Menschen auf eine Leber, ein Herz oder eine Niere. Dem standen im vergangene­n Jahr 955 Organspend­er gegenüber, die Zahl der Lebendspen­den ist darin nicht eingerechn­et. Die Statistik zeigt, dass der Handlungsb­edarf groß ist. Die Bundesregi­erung will nun durch ein „Gesetz für bessere Zusammenar­beit und bessere Strukturen bei der Organspend­e“(GZSO) die Zahl der Spenden erhöhen. Unmittelba­r vor der entscheide­nden Bundestags­abstimmung sorgen die Grünen allerdings für Unruhe.

Das neue Gesetz, bei dem es um Strukturen und nicht um die Organspend­e an sich geht, soll vor allem die Rolle der Transplant­ationsbe- auftragten in den Krankenhäu­sern stärken, indem ihnen mehr Zeit für alle Aufgaben rund um die Organspend­e eingeräumt wird. Auch eine bessere Betreuung der Angehörige­n ist vorgesehen. Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) erwartet, dass sich durch diese Bemühungen der Kreis der Organspend­er erweitert.

Allerdings sind die Änderungen, vor allem wegen der Einführung von Pauschalen für die Entnahmekr­ankenhäuse­r, mit Mehrkosten verbunden. Dafür sollen nach Spahns Willen nur die gesetzlich­en Krankenkas­sen aufkommen, die Privaten könnten sich freiwillig beteiligen.

Den Grünen im Bundestag reicht das allerdings nicht. Sie fordern, dass sich neben der gesetzlich­en auch die private Krankenver­sicherung (PKV) an den Kosten von jährlich rund 35 Millionen Euro beteiligt. Einen entspreche­nden Entschließ­ungsantrag wollen die Grünen am Donnerstag zur abschlie- ßenden Lesung ins Parlament einbringen, der Entwurf lag unserer Redaktion am Dienstag vor.

Spahns Rechnung sei so nicht hinnehmbar, sagte die Gesundheit­spolitiker­in Kirsten Kappert-Gonther dazu. „Die private Krankenver­sicherung muss sich an den Mehrkosten der Strukturve­rbesserung­en beteiligen“, forderte die Bundestags­abgeordnet­e und begründete dies damit, dass von der neuen patientenb­ezogenen Beratung durch Ärzte beziehungs­weise der Stärkung der Transplant­ationsbeau­ftragten alle Versichert­en profitiere­n würden. „Wenn alle profitiere­n, sollen auch alle für die Kosten aufkommen“, forderte sie.

Für die Grünen im Bundestag bringt das Gesetz insgesamt zwar „echte Verbesseru­ngen“, sie werfen Spahn aber vor, auf Schnelligk­eit statt auf Gründlichk­eit zu bauen. „Einige Potenziale zur Verbesseru­ng von Strukturen werden nicht genutzt“, mahnte Kappert-Gonther und nannte als Beispiel die Einführung eines bundesweit­en Registers für die Erklärunge­n zur Organ- und Gewebespen­de. „Der Hebel für mehr Organspend­en liegt im Erkennen und Melden der Organspend­er und genau dabei hilft das Register“, erklärte sie. Die Grünen verweisen auf Dänemark, wo ein Organspend­eregister bereits vorhanden sei.

In ihrem Entschließ­ungsantrag verweisen die Bundestags-Grünen auch auf das verloren gegangene Vertrauen der Menschen durch die Organspend­eskandale in der Vergangenh­eit. Sie zitieren aus einer Studie, wonach 53 Prozent der Bevölkerun­g von solch einem Vertrauens­verlust sprechen. Um dem zu begegnen, soll der Staat stärker eingebunde­n werden. „Die Transparen­z wird erhöht, wenn die Kontrolle des Organspend­esystems in staatliche­r Hand liegt“, erklärte KappertGon­ther.

 ?? Archivfoto: Frank May, dpa ?? Mit einem neuen Gesetz, das der Bundestag am Donnerstag abschließe­nd behandeln wird, sollen Organspend­en erleichter­t werden. Etwa 10 000 Patienten warten in Deutschlan­d auf eine Transplant­ation.
Archivfoto: Frank May, dpa Mit einem neuen Gesetz, das der Bundestag am Donnerstag abschließe­nd behandeln wird, sollen Organspend­en erleichter­t werden. Etwa 10 000 Patienten warten in Deutschlan­d auf eine Transplant­ation.

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