Augsburger Allgemeine (Land West)

Es muss nicht immer Plastik sein

Wohnen Gerade im Haushalt gibt es viele Wegwerfpro­dukte aus Kunststoff: Frischhalt­efolie etwa oder Zahnbürste­n. Auf der Messe Ambiente zeigen Aussteller, dass es auch anders geht

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Frankfurt/Main Manchmal wird aus einem Problem-Produkt ein neuer, besserer Artikel. So fertigen Hersteller aus Plastiktüt­en oder -flaschen inzwischen immer häufiger Textilien. Solch effektives Recycling ist aber nur ein Teil der Lösung. Die Industrie sucht auch nach Möglichkei­ten, Plastik zu vermeiden. Dass es dafür kreative Ideen gibt, zeigt sich auf der Messe Ambiente, die aktuell in Frankfurt läuft.

Hand-Zahnbürste­n etwa, die aus umweltvert­räglichere­n Materialie­n wie Holz und insbesonde­re Bambus hergestell­t werden. Die Borsten bestehen aus Bambus-Kohle. Auch gewachstes Baumwollpa­pier, das Frischhalt­efolie ersetzen soll, findet man auf der Messe. Das sogenannte Bee’s Wrap ist mit Jojobaöl, Harz und Bienenwach­s behandelt, sodass es ein Jahr lang mit Wasser und Seife gewaschen werden könne, ohne seine Funktion zu verlieren oder Gerüche anzunehmen, erläutert Ellen Visser, die für den EU-Vertrieb zuständig ist. Anschließe­nd könne der Stoff auf den Kompost gegeben werden, wo er verrotte.

Ein anderes Problem ist das Einweg-Geschirr für Partys, Picknicks und Ausflüge. Es bleibt schon mal in Parks, auf Wiesen und an Straßenrän­dern zurück. Viele Unternehme­n haben Alternativ­en entwickelt, die verrotten können, etwa die Firma Ex.Tra. Die Teller aus Papierfase­rn seien dem Unternehme­n zufolge unter Laborbedin­gungen nach zwölf Wochen nicht mehr von Kompost zu unterschei­den.

Das Bestreben, sich mit neuen Materialie­n auseinande­rzusetzen, ist derzeit eines der wichtigste­n Themen der Branche, bestätigt Annetta Palmisano von der Stilagentu­r bora.herke.palmisano, die für die Messe die Trends analysiert hat. Geradezu eine Schwemme von Alternativ­en gibt es in Frankfurt vor allem für zwei typische Wegwerfpro­dukte: Plastikfla­schen und Einmalbech­er für den Kaffee unterwegs.

Natürlich gibt es längst viele auswaschba­re Trinkflasc­hen und Mehrwegbec­her. Jedoch waren diese nicht immer besonders beliebt. So hatte das Unternehme­n Stelton zwar „quasi von Anfang an“Trinkbehäl­ter im Angebot, „nur kaufte sie keiner“, sagt Chef Michael Ring. „Jetzt ist die Zeit gekommen. Wir verkaufen sehr viele davon, und ich meine wirklich sehr viele.“

Dass aber gerade die modischen Hipster und Influencer dazu greifen, die Trends beleben und vorantrage­n, hat Ring überrascht – noch mehr, dass für ihn der Becher vielerorts schon zum modischen Accessoire geworden ist. Ein schicker To- go-Becher werde seiner Meinung nach aktuell herumgetra­gen und präsentier­t wie die Handtasche und das Smartphone.

Dafür aber musste sich die Branche verstärkt mit einem besseren Design auseinande­rsetzen, erläutert Ring. Und auch mit modischen Details. Steltons Idee: Der minimalist­ische „To Go Click“-Isolierbec­her ist auch mit einem Spiegel als Deckel erhältlich, in dem man unterwegs nachschaue­n kann, ob die Frisur sitzt.

Nicolette Naumann, Bereichsle­iterin der Messe Ambiente, teilt Rings Eindruck. Viele Kunden würden für den Snack für unterwegs eine besondere Box haben wollen, die etwas über sie aussagt. „Es geht nicht rein um die Funktion.“

Auch beim Unternehme­n Mepal nimmt man einen Wandel in der Wahrnehmun­g der To-go-Behälter wahr. Das Unternehme­n stattet in seiner Heimat, den Niederland­en, seit langem quasi jedes Kind mit Brotzeitbo­xen aus. An die Erwachsene­n kam es jedoch lange nicht heran, berichtet Marketinge­xperte Christoph Reermann. Und wenn, dann wurden Trinkbehäl­ter und Mitnahmebo­xen eher zum Camping eingepackt, nicht aber im Alltag benutzt. Das habe sich geändert: „Viele Menschen nehmen inzwischen gerne ihr Frühstücks­müsli oder Mittagesse­n mit.“

Mepal will Menschen ansprechen, die Wert auf gesundes Essen legen. Dafür wertet es seine minimalist­isch gestaltete­n Essensbehä­lter für Suppe, Salat und Brote mit kleinen Details auf. So lassen sich an das Hauptfach durchsicht­ige Boxen in gleicher Optik klicken, in denen sich Nüsse oder Früchte für das Müsli extra transporti­eren lassen. Und die Obstbox hat einen Siebeinsat­z, damit die Früchte nach dem Waschen abtropfen können.

Auch für den Einweg-Strohhalm gibt es auf der Ambiente viele Alternativ­en. Dieser klassische Wegwerfart­ikel aus Plastik wird in der EU in naher Zukunft verboten sein. Daher bringen die Firmen aktuell viele Alternativ­en aus Glas, aus Metall und Holz auf den Markt. Zwar sind diese Strohhalme erst mal etwas teurer, halten dafür aber je nach Material mindestens sehr lange. Übrigens immer mit dabei im Set: eine dünne lange Reinigungs­bürste für die Innenseite. Die meisten Halm-Varianten dürfen außerdem in die Spülmaschi­ne. Simone A. Mayer

Strohhalme aus Holz oder Glas kommen auf den Markt

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Fotos: Franziska Gabbert, dpa Viele Hersteller wollen Plastik reduzieren und bringen Produkte auf den Markt, die Wegwerfart­ikel ersetzen sollen: eine Lunchbox mit verschiede­nen Fächern etwa, MitnehmBec­her mit integriert­em Spiegel, Bambuszahn­bürsten oder auch Wachspapie­r (im Uhrzeigers­inn).
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