Augsburger Allgemeine (Land West)

Volksbegeh­ren setzt Söder unter Druck

Artenschut­z „Rettet die Bienen“findet schon vorzeitig mehr als eine Million Unterstütz­er. Der Ministerpr­äsident setzt auf Verhandlun­gen, um Ökologie und Landwirtsc­haft zu versöhnen

- VON HENRY STERN

München Während sich am Dienstag die Initiatore­n des Volksbegeh­rens freuten, die Hürde von einer Million Unterschri­ften vorzeitig genommen zu haben, versucht Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) die Naturschut­z-Debatte wieder unter Kontrolle zu bringen: Schon am 20. Februar lädt er deshalb die Unterstütz­er des Volksbegeh­rens sowie Vertreter aus Landwirtsc­haft, Jagd und Forsten zu einem Runden Tisch in die Münchner Staatskanz­lei. Ziel der Gespräche sei „ein besserer Entwurf, der auf breite Schultern gelegt wird“, warb Söder – und sprach von einer „großen Chance“für Bayern: „Vielleicht gelingt es uns ja, Ökologie und Landwirtsc­haft besser zu versöhnen als bisher.“

Bei den Initiatore­n und Unterstütz­ern des Volksbegeh­rens war die Freude am Dienstag groß. „Ich bin stolz auf die Bürgerinne­n und Bürger Bayerns“, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann. „Das war in diesen kalten Wintertage­n eine wegweisend­e Abstimmung mit den Füßen. Frierend und in langen Schlangen waren die Menschen vor den Rathäusern angestande­n, um der Regierung Söder ein klares Signal zu geben: Es ist Zeit, das Ruder herumzurei­ßen und Kurs zu nehmen auf wirksamen Naturschut­z in Bayern.“

Söder steht damit massiv unter Zugzwang, denn der Erfolg des Volksbegeh­rens schafft politische Fakten: Lehnt der Landtag mit der CSU/Freie-Wähler-Mehrheit die dort geforderte­n Änderungen des Naturschut­zgesetzes ab, müsste der Vorschlag den Bürgern zum Volksentsc­heid vorgelegt werden. Die Regierungs­mehrheit könnte zwar zeitgleich einen Gegenvorsc­hlag zur Abstimmung bringen. Dieser hätte jedoch deutlich größere Erfolgscha­ncen, würde er von einem möglichst breiten Bündnis als „bessere Lösung“unterstütz­t.

Er habe „große Sympathie für das Herzensanl­iegen vieler Menschen“nach einem besseren Natur- und Artenschut­z, beteuerte Söder. Auch könne er mit etwa zwei Dritteln der im Volksbegeh­ren vorgeschla­genen Änderungen sehr gut leben. Bei einigen Vorschrift­en würden aber selbst die Unterstütz­er einräumen, dass diese mit heißer Nadel gestrickt seien. „Reden wir also bitte auch über die Auswirkung­en, die einzelne Vorschrift­en hätten“, forderte der Regierungs­chef. Und: „Ich möchte auch nicht, dass hier nur die Bauern an den Pranger gestellt werden.“Jeder Bürger, jede Kommune könne und müsse ebenfalls einen Beitrag zum Artenschut­z leisten.

Er biete „eine ernsthafte Diskussion, keine Alibi-Veranstalt­ung“, versprach Söder. „Es geht mir nicht um Vereinnahm­en oder Moderieren.“Selbst unter den Unterstütz­ern des Volksbegeh­rens gebe es unterschie­dliche Auffassung­en, welche Lösungen praktikabe­l seien. „Wir müssen zunächst Prioritäte­n definieren und einen Ausgleich finden“, glaubt Söder deshalb. „Das ist zweifellos eine sportliche Aufgabe.“

In der Tat steht Söder vor einer Reihe von Problemen: So fordern Naturschüt­zer, freiwillig­e Regelungen etwa zum Schutz von GewässerRa­ndstreifen oder Streuobst-Wiesen in verpflicht­ende Vorgaben umzuwandel­n. Damit wären aber auch staatliche Fördergeld­er für die Eigentümer unmöglich. In der CSU hatte es zudem immer wieder starken Widerstand gegen neue Vorgaben beim Naturschut­z gegeben. Er wolle nur „eine Balance zwischen Freiwillig­keit und Ordnungsre­cht“finden, beteuerte Söder deshalb vorsorglic­h.

Zudem versucht er, den Schwarzen Peter als Naturschut­z-Verhindere­r an die Grünen weiterzure­ichen: Sich, wie die Öko-Partei derzeit im Landtag, einem Klimaschut­z-Ziel in der Verfassung zu verweigern, sei „eine ritualisie­rte Wiederbele­bung alter Debatten“, kritisiert­e er. Eine „klassische Konfrontat­ion“der Parteien sei bei diesem Thema aber „völlig überzogen“. Jeder, der das offene Gespräch suche, werde in ihm „einen Partner finden“, versprach Söder. „Das ist eine Einladung, keine Vorladung.“

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Foto: Toni Mader, dpa Sie haben es geschafft! Bis einschließ­lich des heutigen Mittwochs läuft die Eintragung­sfrist für das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“. Schon am Dienstag konnten die Initiatore­n den Erfolg verkünden.

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