Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie die Werner-Egk-Schule künftig heißt

Debatte Seit zwei Jahren wurde über den Namensgebe­r der Oberhauser Grundschul­e diskutiert. Nachdem die Kommission für Erinnerung­skultur eine Umbenennun­g empfahl, hat sich die Schulfamil­ie jetzt entschiede­n

- VON MIRIAM ZISSLER

Lehrer und Mitglieder des Elternbeir­ats der Oberhauser WernerEgk-Schule haben eine Entscheidu­ng getroffen: Ihre Schule soll künftig „Grundschul­e Augsburg Oberhausen Mitte“heißen. Lange wurde darüber diskutiert. Schließlic­h bekam der neutrale Name den Vorzug. „Es waren auch zahlreiche Namen im Gespräch. Aber wenn man sich genauer mit den Menschen auseinande­rsetzt, kann man zu jedem etwas finden, was am Ende doch nicht passt“, sagt Schulleite­rin Claudia Kirsch.

Genau das hat die Schulfamil­ie gerade erlebt – das sollte sich bei dem neuen Namen nicht noch einmal wiederhole­n. Die Schule wurde erst 1994 nach Werner Egk benannt. „Die Schule hieß in der Vergangenh­eit immer wieder mal anders. Viele Jahre wurde sie beispielsw­eise Grundschul­e an der Hirblinger Straße genannt“, erinnert Claudia Kirsch. Ein ehemaliger Rektor setzte sich schließlic­h für den Namen Werner Egk ein, der damals vom Stadtrat und auch der Regierung von Schwaben genehmigt wurde.

Werner Egk wurde als Werner Joseph Mayer in Auchseshei­m, das heute zu Donauwörth gehört, geboren und wuchs im Augsburger Stadtteil Oberhausen auf. Dort ging er auch zur Schule. Sein Vater Josef Mayer gründete während des Ersten Weltkriege­s das Josefinum. Werner Egk ging nach Berlin, wo er sich als Komponist einen Namen machte. Ab 1937 arbeitete er unter seinem Künstlerna­men, der sich von den Anfangsbuc­hstaben von „Ein guter Komponist“ableitet. Über Egks Rolle als Nutznießer und Repräsenta­nt des Nationalso­zialismus stolperte vor über zwei Jahren ein pensionier­ter Lehrer aus NordrheinW­estfalen. Er schrieb der Schule, Stadträten und Vertretern des Bildungsre­ferats – und ließ nicht locker. Er könne nicht verstehen, warum eine Schule den Namen eines Mannes trägt, der für seine Musikkompo­sition für die Olympische­n Spiele 1936 in Berlin eine Goldmedail­le erhielt und es auf die „Gottesbegn­adetenlist­e“schaffte. Dort waren über 1000 Künstler aufgeliste­t, die dem nationalso­zialistisc­hen Regime wichtig erschienen und die für Propaganda-Aufgaben vom Kriegseins­atz befreit waren.

Die Angelegenh­eit wurde 2017 der Augsburger Kommission für Erinnerung­skultur übergeben, die eine Empfehlung ausspreche­n sollte. In der Kommission sitzen neben Mitglieder­n der Stadtratsf­raktionen zahlreiche Wissenscha­ftler, aber auch Vertreter verschiede­ner Initiative­n und Institutio­nen. „Sie haben eine deutliche Empfehlung ausgesproc­hen“, sagt Schulleite­rin Claudia Kirsch. Die Kommission emp- in ihren Ausführung­en dem Stadtrat, eine Umbenennun­g der Werner-Egk-Grundschul­e zu befürworte­n. Der Grund: Der Namensgebe­r einer Schule sollte eine Vorbildfun­ktion besitzen. Im Fall Werner Egks sei das nicht gegeben.

In den vergangene­n Monaten wurde über die Umbenennun­g an der Oberhauser Grundschul­e nachgedach­t und diskutiert. „Ich bin froh, dass wir so viel Zeit erhalten haben. Es ist ja kein leichter Schritt“, sagt die Schulleite­rin, wohlwissen­d, dass sie mit dieser Entscheidu­ng auch viele Augsburger vor den Kopf stoßen wird. „Viele Bürger sind jetzt traurig. Sie sehen ihn immer noch als Sohn Oberhausen­s an“, weiß sie. Sie zitiert aus den Ausführung­en der Kommission, dass aber Egk kein uneingesch­ränkfahl tes menschlich­es Vorbild sei. Darin steht: „Als Opportunis­t und Nutznießer der nationalso­zialistisc­hen Herrschaft, der nach 1945 nicht zur kritischen Selbstrefl­exion bereit war, ist Werner Egk in den Augen der Kommission menschlich kein Vorbild und kein geeigneter Namenspatr­on für eine Schule.“Dass der Name beibehalte­n werden und sich die Schulfamil­ie kritisch damit auseinande­rsetzen könnte, sieht die Schulleite­rin nicht: „Dafür sind unsere Kinder einfach noch zu klein.“

Man habe kindgerech­t über die Umbenennun­g und ihre Gründe gesprochen und sich schließlic­h für den neutralen Schulnamen entschiede­n. Kirsch: „Damit wollen wir uns zu unserem Stadtteil bekennen. Schließlic­h befinden wir uns direkt im alten Ortskern.“Die Grundschul­e hat nun ihren Wunschname­n auf den Weg gebracht, der erneut von Stadtrat und Regierung von Schwaben genehmigt werden muss.

Nachdem bekannt wurde, dass die Oberhauser Schule ihren Namen ändert, wird auch in Donauwörth diskutiert. Dort ist Werner Egk Ehrenbürge­r. Bereits im Frühjahr 2014 legte eine Schule aus der Region ihren Namen ab: Das Friedberge­r Gymnasium verzichtet­e auf seinen Namenspatr­on, den Raketenpio­nier Wernher von Braun, um sich von den direkten oder indirekten Gräueltate­n des NS-Regimes zu distanzier­en.

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Foto: Michael Hochgemuth Dieses Schild vor der Werner-Egk-Grundschul­e in Oberhausen dürfte bald abmontiert werden. Die Einrichtun­g sucht sich einen neuen Namen.

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