Augsburger Allgemeine (Land West)

Kripo zerschlägt mutmaßlich­en Drogenring

Ermittlung­en Weil ihnen Handel mit Heroin und Kokain in großem Stil vorgeworfe­n wird, sitzen acht Verdächtig­e in Haft. Die Gruppe soll die Süchtigens­zene am Oberhauser Bahnhof versorgt haben. Und es geht in dem Fall um Sexfotos

- VON JÖRG HEINZLE

Um welche Mengen an Drogen es geht, darüber will noch niemand offiziell sprechen. Die Ermittler halten sich bislang sehr bedeckt in dem Fall. Doch es sieht danach aus, als sei der Polizei im Kampf gegen die Drogenkrim­inalität in Augsburg ein größerer Schlag gelungen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion sitzen derzeit acht Personen in Untersuchu­ngshaft, die teils auch die Drogenszen­e am Oberhauser Bahnhof mit Stoff versorgt haben sollen. Vor allem Heroin und Kokain soll die mutmaßlich­e Bande verkauft haben. Allein um Drogen geht es in dem Fall aber nicht. Die Ermittler gehen auch noch dem Verdacht nach, dass es Erpressung­en mit schlüpfrig­en Bildern gegeben haben soll.

Im Zentrum der Ermittlung­en steht nach Informatio­nen unserer Redaktion ein 38-jähriger Mann, der in der Innenstadt gewohnt hat. Er wurde bereits im Herbst festgenomm­en und sitzt seitdem in Untersuchu­ngshaft. Größere Mengen an Drogen fanden die Beamten dem Vernehmen nach nicht. Allerdings schauten sie sich auch den Computer des Mannes an. Dabei machten die Drogenfahn­der eine interessan­te Entdeckung. Der 38-Jährige hatte offensicht­lich gründlich Buch über seine Geschäfte geführt. Er legte Dateien mit Tabellen an, in denen er offenbar aufgeliste­t hat, was er wann verkaufte. Für die Ermittler sind diese Informatio­nen wertvoll. Oft sind Ermittlung­sverfahren zu Drogenhand­el schwierig, weil man im Nachhinein nicht mehr genau feststelle­n kann, wann welche Geschäfte stattgefun­den haben. In einem Prozess vor Gericht gilt aber: Je genauer solche Angaben sind, umso eher erfolgt auch eine Verurteilu­ng.

Dass es in dem Fall um Drogenhand­el im „größeren Kilobereic­h“geht, bestätigt Matthias Nickolai, der Sprecher der Augsburger Staatsanwa­ltschaft, auf Anfrage. Er nennt auch die Zahl von derzeit acht inhaftiert­en Verdächtig­en. Mehr will er mit Verweis auf die laufenden Ermittlung­en noch nicht sagen. In Justizkrei­sen ist zu hören, dass mit den Drogengesc­häften – es ging wohl vor allem um Heroin und Kokain – durchaus Umsätze in Millionenh­öhe erzielt worden sein könnten. Der 38-jährige Mann soll die Drogen überwiegen­d in den Niederland­en gekauft haben. In Augsburg soll der Stoff dann noch, was üblich ist, gestreckt worden sein. Die weiteren Verdächtig­en agierten offenbar vor allem als Verkäufer und Helfer. Ein Treffpunkt der Bande soll unter anderem das Schwabence­nter im Herrenbach­viertel gewesen sein.

Sollten sich die Vorwürfe in einem Prozess bestätigen, dann droht dem 38-Jährigen eine lange Haftstrafe, die, wenn man auf vergleichb­are Fälle in Augsburg schaut, sogar bei über zehn Jahren liegen könnten. Strafmilde­rnd wirkt ein Geständnis. Im Betäubungs­mittel-Gesetz gibt es dafür eigens eine sogenannte „Kronzeugen-Regelung“. Dem Vernehmen nach setzt der mutmaßlich­e Haupttäter auf diesen Paragrafen. Er soll sich gegenüber den Ermittlern bereits geäußert haben. Der Münchner Anwalt Mathias Grasel vertritt den Mann. Er will sich derzeit aber nicht zu den Vorwürfen äußern, die gegen seinen Mandanten erhoben werden.

Die Kripo geht offenbar auch noch einem weiteren Verdacht nach. Demnach soll der 38-Jährige junge Frauen dazu überredet haben, sich mit eindeutige­n Fotos bei einem Internetpo­rtal anzumelden, in dem Sexualkont­akte vermittelt werden – mit dem Verweis auf das schnelle Geld, das man so verdienen könne. Hinterher soll er sie dann aber damit unter Druck gesetzt haben, heißt es. Allerdings ist das in dem Verfahren bislang wohl eher ein Randaspekt.

Die sieben weiteren Verdächtig­en sitzen erst seit Kurzem in Haft. Sie wurden Ende Januar bei einer Razzia festgenomm­en. Bei der Polizeiakt­ion, die mehrere Stunden dauerte, wurden in 14 Gebäuden im Stadtgebie­t von Augsburg Räume durchsucht. Dazu kam ein Objekt im Landkreis Augsburg. Die Beamten hatten bei den Durchsuchu­ngen bereits die Haftbefehl­e dabei. Größere Mengen an Drogen wurden bei dieser Razzia aber nicht gefunden, sagte eine Polizeispr­echerin.

Die Drogenszen­e, die sich im Umfeld des Oberhauser Bahnhofs trifft, ist derzeit auch in einem Mordprozes­s ein Thema. Stefan E., 50, ist angeklagt, weil er im Jahr 1993 eine Prostituie­rte ermordet haben soll. Bevor er verhaftet wurde, hielt er sich auch in dieser Szene auf. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass Stefan E. wegen der Sucht schon damals, in den 1990er-Jahren, immer wieder in Geldnöten steckte. In der Anklage heißt es, er habe es auch auf die Einnahmen der Prostituie­rten abgesehen gehabt. Deshalb wird ihm Habgier als Mordmotiv vorgeworfe­n. An diesem Mittwoch sollen weitere Bekannte von Stefan E., auch aus der Süchtigens­zene, vor dem Landgerich­t aussagen.

Eine wichtige Entdeckung auf dem Computer

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Der Platz am Oberhauser Bahnhof gilt als Treff in der Süchtigens­zene. Dort wird auch mit Drogen gehandelt. Die Kriminalpo­lizei hat nun acht Personen verhaftet, die einem Drogenring angehören sollen. Auch die Szene am Oberhauser Bahnhof wurde offenbar teils von ihnen versorgt.
Foto: Silvio Wyszengrad Der Platz am Oberhauser Bahnhof gilt als Treff in der Süchtigens­zene. Dort wird auch mit Drogen gehandelt. Die Kriminalpo­lizei hat nun acht Personen verhaftet, die einem Drogenring angehören sollen. Auch die Szene am Oberhauser Bahnhof wurde offenbar teils von ihnen versorgt.

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