Augsburger Allgemeine (Land West)
Sammlerstück: Ein Telefon mit Kuhfüßen
Leidenschaft Thomas Frey aus Fischach sammelt und restauriert alte Fernsprecher. Was es dabei mit der grauen Maus oder der Kobra auf sich hat
Fischach Während andere vom neuesten Smartphone träumen, bekommt Thomas Frey aus Fischach glänzende Augen bei historischen Telefonen mit Wählscheibe oder gar noch mit Handkurbel. In einer meterlangen Vitrine tummeln sich bei ihm rund 50 Fernsprechapparate. Sein ältestes Gerät stammt um circa 1900, das jüngste von 1991. Die Apparate weisen verschiedene Bauarten und Materialien wie Bakelit, Duroplast, Messing, Holz oder Blech auf. Worauf der 42-Jährige besonders stolz ist: „Der Großteil funktioniert auch.“
Seit rund einem Vierteljahrhundert frönt Thomas Frey seiner Leidenschaft. Auslöser war seine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker. Damals demontierte er eine historische Telefonanlage. „Die alte Technik und das schöne Design haben mich fasziniert“, erinnert er sich. Schon bald folgte sein erstes eigenes Gerät, eine Ruf- und Signalmaschine aus dem Jahr 1955. Sie wurde seinerzeit in analogen Ortsvermittlungsstellen betrieben. Von da an sei er vom Telefonsammelvirus infiziert worden, meint er lächelnd.
Teuerster Schatz seiner Sammlung ist das Telefonmodell Frankfurt Bauhaus mit Messinggehäuse vom Mai 1937. Frey beziffert den Wert auf mehrere tausend Euro. Ein anderer Hochkaräter ist der SA25, Baujahr 1925, der Firma Merk Telefonbau aus München. „Der Apparat ist deswegen so selten, weil er nur im Bereich Weilheim vertrieben wurde“, erzählt Thomas Frey. Wegen seiner charakteristischen Form wurde das Gerät liebevoll „bayerischer Kuhfuß“genannt. Der SA25 sei sehr schwierig und zeitintensiv zu restaurieren gewesen, blickt der Sammler zurück. „Der Blechkorpus war vollkommen verrostet.“Früher sei die Korrosionsvorsorge gleich Null gewesen.
Auch um seinen Ortsbatteriefern- sprecher (OB) 05 mit zwei Hand- kurbeln, der bis Anfang der 1920er Jahre hergestellt wurde, rankt sich eine kleine Geschichte. „Das Holzgehäuse war mindestens 20 Mal überpinselt“, berichtet Frey. „Während der Reparatur kam dann der kaiserliche Reichsadler als Hoheitsabzeichen zum Vorschein.“Ab diesem Zeitpunkt habe er sich wie ein Archäologe gefühlt, der vorsichtig ein Fresko freilege. Viele Geräte hat er auf Dachböden gefunden und durfte sie einfach mitnehmen. Anderen wiederum begegnete er auf Flohmärkten oder im Internet. Generell sei sein Hobby jedoch kostspielig, gesteht er.
Ein Lieblingsstück ist auch der Trommelwähler 264/261 der Firma Siemens und Halske aus dem Jahr 1953/54. Er besitzt anstatt einer Wählscheibe einen Zylinder. Der Benutzer steckt einen Finger in eine Nummernvertiefung und dreht damit den Zylinder bis zum Anschlag nach unten.
Frey kennt sich nicht nur bei Telefonen aus. Er hat auch interessante Geschichten parat. „Apparate aus Bakelit färben bei schwitzenden Händen gerne bräunlich ab“, weiß er. „Berufsgruppen wie Ärzte, Apotheker, Hoteliers und Anwälte entschieden sich deshalb meist für das weiße Duroplast.“Mit Kosenamen, nicht zuletzt hervorgerufen durch die jeweilige Geräteform, ist er ebenfalls vertraut: graue Maus, Bremsklotz, Trommler, Kuhfuß und Bauhaus. Oder Kobra: Hier sind Apparat und Hörer in einem Stück, die Wählscheibe ist unter dem Telefon platziert.
Als Sinnbild eines alten Telefons bezeichnet Frey allerdings das nach dem Zweiten Weltkrieg weiter entwickelte Modell W48. Das Kunststofftelefon mit Hörer und Wählscheibe wurde bis Anfang der 1970er Jahre von der Deutschen Bundespost als Standardapparat eingesetzt.
Thomas Freys Vitrine beinhaltet nicht nur Tischtelefone. Dem Betrachter blicken auch ein Wandgerät von 1933 entgegen, ein Vermittlungsapparat um 1930, der vermutlich aus einem Theater stammte, Telefone mit Gebührenzähler und private Fernsprecher, bei denen man Zehn-Pfennig-Stücke zum Telefonieren einlegte. Den einen oder anderen Wunsch hat er dennoch. Priorität hat dabei ein Tischfernsprecher ZB/SA von Siemens und Halske mit Wählscheibe in Form eines Schlagrings aus den 1930er Jahren. Dafür würde er auch einen seiner beiden „Kuhfüße“abgeben.