Augsburger Allgemeine (Land West)
Was Fahrlehrer erleben
Verkehr Sie bringen Schülern das Autofahren bei. Nicht immer klappt es mit der Prüfung. Doch in den Fahrstunden machen Lehrer im Augsburger Land allerlei schräge Erfahrungen
Sie bringen Schülern das Autofahrern bei. Nicht jeder besteht am Ende die Prüfung. Doch schon in den Fahrstunden erleben Lehrer so allerhand.
Landkreis Augsburg Manchmal scheitert es an den einfachen Dingen. Das Handy klingelt, und der Fahrschüler geht ran – während der Fahrprüfung. Zweimal hat HansJürgen Speer das schon erlebt. Seit 20 Jahren bringt er Menschen im Augsburger Land das Autofahren bei. Über so manche Situation kann der Fahrlehrer im Nachhinein nur schmunzeln. „Bei einem Schüler rief der Freund an, dem er am Abend zuvor noch erzählt hatte, dass er Fahrprüfung hat“, erinnert sich Speer. Der Schüler durfte dann rechts ranfahren und fertig telefonieren. Sogar der Prüfer sei geduldig gewesen, sagt Speer.
Ähnliches erlebte Oliver Hessenreither, der seit über 20 Jahren die gleichnamige Fahrschule in Diedorf leitet. Auch er saß mit einem seiner Fahrschüler und dem Prüfer im Auto, als kurz nach Abfahrt das Handy des Prüflings bimmelte und dieser ranging.
Doch damit nicht genug: Als der junge Mann zum zweiten Mal zur Prüfung antrat, kurbelte er das Fenster runter und rief ein paar Mädchen hinterher, dass er gerade den Führerschein mache. Damit lautete das Fazit wieder einmal: Durchgefallen.
Für Hessenreither sind solche Fälle Ausnahmen. Für ihn zählt vor allem eines: Seine Schüler sollen sicher Auto fahren und am Ende die Prüfung bestehen. Das klappt auch meistens, aber nicht immer.
Nach Angaben des KraftfahrtBundesamt fallen bundesweit 32 Prozent der Fahrschüler durch die praktische Prüfung. Bei der Theorieprüfung lag die Durchfallquote 2017 sogar bei 39 Prozent. Tendenz steigend. Wie viele Fahrschüler im Landkreis durch die Führerscheinprüfung rasseln, lässt sich nicht genau sagen. Fest steht: Im Schnitt machen jedes Jahr 4 500 Fahrschüler den Führerschein. Dafür absolvieren sie bis zu 50 Fahrstunden und ackern 1100 Fragen für die Theorieprüfung durch.
„Die Anforderungen sind hoch“, sagt Franz Brandmayr, Kreisvorsitzender des Fahrlehrerverbandes. Die Schüler seien nicht mehr so belastbar und hätten wenig Zeit. Manche würden sich auch schlicht nicht auf die Prüfung vorbereiten. Einer seiner Schüler ist zum neunten Mal durch die Theorieprüfung gefallen, sagt Brandmayr.
Ein anderer nimmt seit einem Jahr Fahrstunden und schiebt die Fahrprüfung vor sich her. Gerade in städtischen Gebieten fehle oft auch das Interesse am Führerschein.
Bei der praktischen Prüfung spielt auch Angst eine Rolle, weiß Oliver Hessenreither. Das Berufsbild habe sich in den vergangenen Jahren verändert. „Man ist nicht mehr nur Fahrlehrer, sondern fast ein bisschen Psychologe“, sagt er. Viele Schüler seien ausgebrannt und hätten kaum Freizeit. Die Führer- scheinprüfung bedeute zusätzlichen Stress. Als Fahrlehrer versuche er, den Schülern die Angst vor der Prüfung zu nehmen.
Hessenreither wünscht sich aber auch von manchen Prüfern etwas mehr Verständnis und einen pädagogischeren Umgang mit den Schülern. Zudem lässt sich über den Sinn so mancher Frage in der Theorieprüfung seiner Meinung nach streiten. Ein weiteres Problem sieht Hessenreither im erhöhten Verkehrsaufkommen und dem aggressiven Fahrstil vieler Autofahrer. „Das macht es Fahranfängern nicht leicht“, sagt er.
Diese Erfahrung hat auch HansJürgen Speer von der gleichnamigen Fahrschule in Nordendorf schon häufig gemacht. Erst vor Kurzem erstattete er Anzeige gegen einen aggressiven Autofahrer. Dieser bremste eine Fahrschülerin gezielt aus, nachdem sie ihn beim Überholen auf der B2 leicht geschnitten hatte. Speer sagt: „Die Gefahr geht weniger von Fahrschülern aus als von aggressiven Fahrern.“
Jedes Jahr bestehen etwa 4500 Fahrschüler die Führerscheinprüfung