Augsburger Allgemeine (Land West)
Den Favoriten die Zunge rausstrecken
Fußball Nach verhaltenem Zweitliga-Saisonstart hat sich Heidenheim zum Aufstiegsanwärter gemausert. Jetzt kommt Hamburg in die Voith-Arena. Und Bayern München wartet schon
Landkreis Punktgleich mit dem Drittplatzieren Union Berlin auf Rang vier in der Tabelle der Zweiten Fußball-Bundesliga, dazu der Einzug ins Viertelfinale im DFBPokal – die Fußballer des 1. FC Heidenheim erleben derzeit einen Höhenflug, über den nicht nur die Fans auf der Ostalb erstaunt sind. Auch im Landkreis Augsburg wundern sich Sympathisanten der Heidenheimer, wie die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt den Favoriten derzeit die Zunge rausstreckt.
Einer davon ist Michael Hudalla aus Dinkelscherben. Der 28-Jährige, der nach Stationen bei der SpVgg Auerbach und beim TSV Zusmarshausen aktuell in der zweiten Mannschaft des TSV Dinkelscherben auf Torejagd geht, ist eigentlich Fan der Gladbacher Borussia. Die Fohlenelf war einige Male während eines Trainingslagers beim 1. FC Heidenheim zu Gast, Hudalla vor Ort. Dort hat er Feuer gefangen. „An Gladbach kommt nichts ran, aber Heidenheim holt auf“, lacht Hudalla, der von der geselligen, bodenständigen Atmosphäre in der Voith-Arena beeindruckt ist. „Letztes Jahr hat man gegen den Abstieg gekämpft und die Ruhe bewahrt, heuer spielt man vorne mit, aber keiner redet vom Aufstieg“, gefällt ihm auch die spezielle Kultur in Heidenheim: „Das ist fast ein bisschen wie das schwäbische St. Pauli“, sagt Hudal- la, der auch bei der bisherigen Krönung, dem 2:1-Pokalsieg gegen Bayer Leverkusen vor Ort war.
Mit diesem Erfolg gegen den Bundesligisten Bayer Leverkusen hatten Paul Balletshofer (Sontheim), Werner Anwander (Hegnenbach) und Otmar Ohnheiser (Villenbach) nicht gerechnet. Letzterer war in seiner Heimatgemeinde sechs Jahre Erster Bürgermeister, zuvor einige Zeit Vorsitzender beim SV Villenbach und zudem als Schiedsrichter in der Gruppe Donau aktiv. Im fortgeschrittenen Alter genießt er es, Fußballspiele in aller Ruhe von der Tribüne aus beobachten zu können. Nur einmal hat Ohnheiser in dieser Saison ein Heimspiel des 1. FC Heidenheim versäumt, Stammgast ist er auch bei den Heimspielen des FC Augsburg.
Den Weg in die Voith-Arena hat Ohnheiser über seine beiden Freunde aus den Nachbarorten gefunden. Balletshofer und Anwander hatten ihre ers- ten Tickets für ein Heimspiel des 1. FCH geschenkt bekommen, als sie sich in Dillingen ein Testspiel zwischen Heidenheim und dem FCA anschauen wollten. Doch die Augsburger unter ihrem damaligen Trainer Jos Luhukay und Manager Andreas Rettig traten kurzfristig nicht an, weil sie den Rasen im Donaustadtion nicht für gut genug befanden. „Paul und Werner waren über diese Aktion ziemlich verärgert“, erzählt Ohnheiser. Seitdem schlage ihr Fußballherz für den Klub aus Baden-Württemberg, für den FCA hegen die beiden im Gegensatz zu ihrem Freund aus Villenbach ob der Vorkommnisse in Dillingen wenig Sympathien. Über die Entwicklung der Heidenheimer in dieser Saison ist Ottmar Ohnheiser mehr als überrascht. „Nach der schlechten Rückrunde im vergangenen Jahr hätte ich nicht gedacht, dass es so gut läuft“, gesteht er ein. Zudem hat es ihn überrascht, dass die Heidenheimer auch ohne ihre „Gallionsfigur“Marc Schnatterer bestehen können. Als der eigentlich unverzichtbare Kapitän zuletzt verletzungsbedingt einige Male fehlte, habe die Mannschaft Moral gezeigt und trotzdem fleißig gepunktet.
Was Ohnheiser am Tabellenvierten der Zweiten Liga so imponiert, ist die mannschaftliche Geschlossenheit der Truppe von Frank Schmidt. „Bei den Spielen merkt man, dass da eine Einheit auf dem Platz ist“, betont der Fußball-Fan aus dem Zusamtal. Beim FC Augsburg sei dies in dieser Saison leider nicht der Fall.
Ein DFB-Pokalspiel gegen die Augsburger im Viertelfinale hätte sich Ohnheiser gewünscht. Doch bei der Auslosung kam es anders. Der Zweitligist muss Anfang April zum Deutschen Rekordmeister FC Bayern München. Sportlich nahezu eine „unlösbare Aufgabe“, schätzt Ohnheiser die Ausgangslage ein. Doch noch ist der Auftritt für den 1. FCH in München weit weg. Zunächst freut sich das Team von der Landkreisgrenze am Samstag auf das Zweitliga-Spitzenspiel gegen den Tabellenführer Hamburger SV an.
Michael Hudalla wird wieder die 40 Minuten von Dinkelscherben nach Heidenheim fahren und in der ausverkauften Voith-Arena vor Ort sein. „Das wird schwierig. Um zu gewinnen, muss alles stimmen. Aber ein Unentschieden ist schon machbar“, hofft er, dass der 1. FC Heidenheim weiter im Rennen um den Aufstieg bleibt. Dann würde sich für ihn ein Traum erfüllen. Ein Bundesligaspiel Heidenheim gegen Mönchengladbach.