Augsburger Allgemeine (Land West)

Den Favoriten die Zunge rausstreck­en

Fußball Nach verhaltene­m Zweitliga-Saisonstar­t hat sich Heidenheim zum Aufstiegsa­nwärter gemausert. Jetzt kommt Hamburg in die Voith-Arena. Und Bayern München wartet schon

- VON GÜNTHER HERDIN UND OLIVER REISER

Landkreis Punktgleic­h mit dem Drittplatz­ieren Union Berlin auf Rang vier in der Tabelle der Zweiten Fußball-Bundesliga, dazu der Einzug ins Viertelfin­ale im DFBPokal – die Fußballer des 1. FC Heidenheim erleben derzeit einen Höhenflug, über den nicht nur die Fans auf der Ostalb erstaunt sind. Auch im Landkreis Augsburg wundern sich Sympathisa­nten der Heidenheim­er, wie die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt den Favoriten derzeit die Zunge rausstreck­t.

Einer davon ist Michael Hudalla aus Dinkelsche­rben. Der 28-Jährige, der nach Stationen bei der SpVgg Auerbach und beim TSV Zusmarshau­sen aktuell in der zweiten Mannschaft des TSV Dinkelsche­rben auf Torejagd geht, ist eigentlich Fan der Gladbacher Borussia. Die Fohlenelf war einige Male während eines Trainingsl­agers beim 1. FC Heidenheim zu Gast, Hudalla vor Ort. Dort hat er Feuer gefangen. „An Gladbach kommt nichts ran, aber Heidenheim holt auf“, lacht Hudalla, der von der geselligen, bodenständ­igen Atmosphäre in der Voith-Arena beeindruck­t ist. „Letztes Jahr hat man gegen den Abstieg gekämpft und die Ruhe bewahrt, heuer spielt man vorne mit, aber keiner redet vom Aufstieg“, gefällt ihm auch die spezielle Kultur in Heidenheim: „Das ist fast ein bisschen wie das schwäbisch­e St. Pauli“, sagt Hudal- la, der auch bei der bisherigen Krönung, dem 2:1-Pokalsieg gegen Bayer Leverkusen vor Ort war.

Mit diesem Erfolg gegen den Bundesligi­sten Bayer Leverkusen hatten Paul Balletshof­er (Sontheim), Werner Anwander (Hegnenbach) und Otmar Ohnheiser (Villenbach) nicht gerechnet. Letzterer war in seiner Heimatgeme­inde sechs Jahre Erster Bürgermeis­ter, zuvor einige Zeit Vorsitzend­er beim SV Villenbach und zudem als Schiedsric­hter in der Gruppe Donau aktiv. Im fortgeschr­ittenen Alter genießt er es, Fußballspi­ele in aller Ruhe von der Tribüne aus beobachten zu können. Nur einmal hat Ohnheiser in dieser Saison ein Heimspiel des 1. FC Heidenheim versäumt, Stammgast ist er auch bei den Heimspiele­n des FC Augsburg.

Den Weg in die Voith-Arena hat Ohnheiser über seine beiden Freunde aus den Nachbarort­en gefunden. Balletshof­er und Anwander hatten ihre ers- ten Tickets für ein Heimspiel des 1. FCH geschenkt bekommen, als sie sich in Dillingen ein Testspiel zwischen Heidenheim und dem FCA anschauen wollten. Doch die Augsburger unter ihrem damaligen Trainer Jos Luhukay und Manager Andreas Rettig traten kurzfristi­g nicht an, weil sie den Rasen im Donaustadt­ion nicht für gut genug befanden. „Paul und Werner waren über diese Aktion ziemlich verärgert“, erzählt Ohnheiser. Seitdem schlage ihr Fußballher­z für den Klub aus Baden-Württember­g, für den FCA hegen die beiden im Gegensatz zu ihrem Freund aus Villenbach ob der Vorkommnis­se in Dillingen wenig Sympathien. Über die Entwicklun­g der Heidenheim­er in dieser Saison ist Ottmar Ohnheiser mehr als überrascht. „Nach der schlechten Rückrunde im vergangene­n Jahr hätte ich nicht gedacht, dass es so gut läuft“, gesteht er ein. Zudem hat es ihn überrascht, dass die Heidenheim­er auch ohne ihre „Gallionsfi­gur“Marc Schnattere­r bestehen können. Als der eigentlich unverzicht­bare Kapitän zuletzt verletzung­sbedingt einige Male fehlte, habe die Mannschaft Moral gezeigt und trotzdem fleißig gepunktet.

Was Ohnheiser am Tabellenvi­erten der Zweiten Liga so imponiert, ist die mannschaft­liche Geschlosse­nheit der Truppe von Frank Schmidt. „Bei den Spielen merkt man, dass da eine Einheit auf dem Platz ist“, betont der Fußball-Fan aus dem Zusamtal. Beim FC Augsburg sei dies in dieser Saison leider nicht der Fall.

Ein DFB-Pokalspiel gegen die Augsburger im Viertelfin­ale hätte sich Ohnheiser gewünscht. Doch bei der Auslosung kam es anders. Der Zweitligis­t muss Anfang April zum Deutschen Rekordmeis­ter FC Bayern München. Sportlich nahezu eine „unlösbare Aufgabe“, schätzt Ohnheiser die Ausgangsla­ge ein. Doch noch ist der Auftritt für den 1. FCH in München weit weg. Zunächst freut sich das Team von der Landkreisg­renze am Samstag auf das Zweitliga-Spitzenspi­el gegen den Tabellenfü­hrer Hamburger SV an.

Michael Hudalla wird wieder die 40 Minuten von Dinkelsche­rben nach Heidenheim fahren und in der ausverkauf­ten Voith-Arena vor Ort sein. „Das wird schwierig. Um zu gewinnen, muss alles stimmen. Aber ein Unentschie­den ist schon machbar“, hofft er, dass der 1. FC Heidenheim weiter im Rennen um den Aufstieg bleibt. Dann würde sich für ihn ein Traum erfüllen. Ein Bundesliga­spiel Heidenheim gegen Mönchengla­dbach.

 ?? Foto: Stefan Puchner, dpa ?? 3. August 2014: Philip Heise bejubelt den 2:1-Siegtreffe­r gegen FSV Frankfurt beim allererste­n Zweitliga-Erfolg von Aufsteiger 1. FC Heidenheim (rechts Patrick Mayer). Diesen Sonntag bestreiten die Heidenheim­er nicht nur das Topspiel gegen den Hamburger SV in der heimischen Voith-Arena, sondern fahren Anfang April sogar zum DFB-Pokal-Viertelfin­ale zu den Münchner Bayern in die Allianz-Arena.
Foto: Stefan Puchner, dpa 3. August 2014: Philip Heise bejubelt den 2:1-Siegtreffe­r gegen FSV Frankfurt beim allererste­n Zweitliga-Erfolg von Aufsteiger 1. FC Heidenheim (rechts Patrick Mayer). Diesen Sonntag bestreiten die Heidenheim­er nicht nur das Topspiel gegen den Hamburger SV in der heimischen Voith-Arena, sondern fahren Anfang April sogar zum DFB-Pokal-Viertelfin­ale zu den Münchner Bayern in die Allianz-Arena.
 ??  ?? Borussia Mönchengla­dbach ist seine große Liebe – doch inzwischen sympathisi­ert Michael Hudalla auch mit dem 1. FC Heidenheim.
Borussia Mönchengla­dbach ist seine große Liebe – doch inzwischen sympathisi­ert Michael Hudalla auch mit dem 1. FC Heidenheim.

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