Augsburger Allgemeine (Land West)

Ihr Herz schlägt für die Synagoge Kriegshabe­r

Geschichte Barbara Staudinger und ihre Mitarbeite­rin Souzana Hazan wollen den zweiten Standort des Jüdischen Museums noch bekannter machen. Mit dem Thema „Kinder auf der Flucht“gehen sie auch auf die Straße

- VON ANDREA BAUMANN

Kriegshabe­r Die ehemalige Synagoge Kriegshabe­r fällt inmitten der sie umgebenden Häuser auf den ersten Blick nicht sonderlich auf. Dennoch rückt der zweite Standort des Jüdischen Museums immer mehr ins Bewusstsei­n der Menschen. „Kürzlich am Sonntag kamen 47 Besucher zu unserer Führung“, sagt Mitarbeite­rin Souzana Hazan. Barbara Staudinger, die neue Leiterin des Jüdischen Museums, hört das mit Freude. Denn für sie ist das Haus in der Ulmer Straße 228 viel mehr als ein Anhängsel. „Ich habe mich während meiner Forschungs­zeit viel mit der

Zusammenar­beit mit dem Verein Tür an Tür

jüdischen Geschichte Kriegshabe­rs auseinande­rgesetzt“, sagt sie. Dies habe wohl mit den Ausschlag gegeben, dass sie als Nachfolger­in von Benigna Schönhagen mit der Leitung des Jüdischen Museums betraut wurde.

Wenn die Wienerin den ehemaligen Betraum der Stadtteil-Synagoge betritt, huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. Die Synagoge Kriegshabe­r sei wunderschö­n saniert worden, „nicht wie in anderen Orten, wo die Geschichte weggebügel­t wurde.“Nach mehrjährig­er Renovierun­g wurde sie 2014 wiedereröf­fnet. Das fünfjährig­e Bestehen ist für Staudinger Anlass, das Museum bekannter zu machen. Zusammen mit Hazan und ihrem Team hat sie eine Reihe von Ideen entwickelt, um ihr Verspreche­n einzulösen, das Haus mehr in der Öffentlich­keit zu verankern.

Dazu zählen zunächst einmal ausgedehnt­ere Öffnungsze­iten. Denn regulär ist der Standort Kriegshabe­r nur donnerstag­s von 14 bis 18 Uhr und einmal im Monat sonntags von 13 bis 17 Uhr zugänglich. Während der aktuellen Sonderauss­tellung „Das Fremde ist nur in der Fremde fremd“steht die Tür Mittwoch bis Freitag von 14 bis 18 Uhr offen, zusätzlich an diesem Sonntag von 13 bis 17 Uhr. Mittelfris­tig sei es das Ziel, auch außerhalb von Sondervera­nstaltunge­n mehr Besichtigu­ngszeiten anzubieten. Für angemeldet­e Gruppen ist das bereits heute möglich. Auch wenn es nicht von heute auf morgen gehe, „wir wissen, wo wir hinwollen“, sagt Staudinger.

Im Sommer jedenfalls will die Historiker­in mit dem Museum in Kriegshabe­r „raus auf die Straße“. So werde die Ausstellun­g zu Kindertran­sporten in der NS-Zeit mit Projektion­en im öffentlich­en Raum untermalt. Außerdem stehe sie in Zusammenha­ng mit der Refugee Week. „Wie viele Flüchtling­skinder leben hier in Augsburg, die auch an einem fremden Ort angekommen sind wie damals die jüdischen Kinder“, sagt Staudinger. Und weil für viele Flüchtling­e der Verein Tür an Tür mit seinen Angeboten eine große Hilfe ist, spielt sich ein Teil des Vernissage-Programms auch im Café im ehemaligen Straßenbah­ndepot am Senkelbach ab.

Wieder zurück zum Standort in Kriegshabe­r: Die Räume dienen nicht nur als Museum, sondern können auch für Veranstalt­ungen gemietet werden. So sei hier kürzlich ein Geburtstag mit einem KlezmerKon­zert gefeiert worden, sagt Souzana Hazan. Freilich müsse das Ereignis in den hauseigene­n Terminkale­nder passen und mit der Würde des Raums vereinbar sein. „Essen und Trinken sind im Betsaal und auf der Empore tabu.“

In erster Linie geht es den Besuchern ja auch darum, in die Geschichte des Judentums einzutauch­en und zu erfahren, welche Rolle Kriegshabe­r für jüdische Menschen spielte – und immer noch spielt. Barbara Staudinger denkt an „eine Dauerausst­ellung mit Variatione­n“. Außerdem können die Besucher demnächst im Foyer die Geschichte der Synagoge in der Ulmer Straße nachlesen. Sie ist das älteste erhaltene (ehemalige) jüdische Gotteshaus in Schwaben. Fast 300 Jahre lang war die Synagoge in dem damals noch selbststän­digen Kriegshabe­r das Zentrum für die Juden, denn nach Augsburg durften sie nicht. ⓘ

Info Die Sonderauss­tellung „Das Fremde ist nur in der Fremde fremd“zeigt Arbeiten von Studierend­en der Kunstpädag­ogik an der Uni Augsburg. Sie läuft bis 8. März. Nähere Informatio­nen dazu und zu allen anderen Angeboten der beiden jüdischen Museen gibt es unter www.jkmas.de

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Fotos: Annette Zoepf Barbara Staudinger (links) und Souzana Hazan stehen im Betsaal der ehemaligen Synagoge Kriegshabe­r. Ihr gemeinsame­s Ziel: Sie wollen den zweiten Standort des Jüdischen Museums noch stärker ins Bewusstsei­n der Bürger rücken.
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Inmitten der Häuser in der Ulmer Straße fällt die ehemalige Synagoge nicht jedem Passanten auf.

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