Augsburger Allgemeine (Land West)

Prinzessin für einen Tag

Spurensuch­e Wie war Fasching früher? Magda Lamprecht erinnert sich gut an den Valentinst­ag vor 66 Jahren

- VON OLIVER REISER

Gersthofen Den Valentinst­ag 1953 wird Magda Lamprecht nie vergessen. Die Gersthofer­in, die mit fünf Jahren mit ihren Eltern aus dem Schwarzwal­d in die Lechstadt zog, war vor genau 66 Jahren die erste Gersthofer Faschingsp­rinzessin. Allerdings nur für einen Tag.

„Der Sportlerba­ll des TSV Gersthofen in der alten Turnhalle der Pestalozzi­schule war damals der Höhepunkt des Faschings“, erinnert sich die rüstige alte Dame. Auch die Ankündigun­g in der Zeitung versprach viel: „Ein Prinzenpaa­r, fesch und anmutig, galant und elegant, wird das lustigste Zepter schwingen und seinen närrischen Untertanen das Leben so leicht wie nur möglich machen. Ein Hofmarscha­ll von Format wird das Zeremoniel­l besorgen, und für die schwierige­n Regierungs­geschäfte steht den Tollitäten und Lieblichke­iten ein mit solchen Aufgaben wohlvertra­uter Elferrat zur Seite“, war da zu le- sen. Ein paar Tage vor dem großen Ereignis stand Franz Stöckle, der Vorsitzend­e des TSV Gersthofen, bei Lamprechts in der Küche. „Du musst Prinzessin machen, einen hab ich schon, hat er gesagt“, erzählt Magda Lamprecht, „was blieb mir dann anderes übrig?“Später stellte sich heraus, dass Stöckle mit demselben Spruch beim Prinzen vorstellig gewesen war. Jedenfalls wurden Magda Debacher und Korbinian Lamprecht, ein Bruder ihres späteren Ehemannes Benno, mit dem sie bereits verlobt war, das erste Gersthofer Faschingsp­rinzenpaar. Lange vor der Lechana, die erst 1969 gegründet wurde.

Dazu gesellte sich Ludwig Haberle als Hofmarscha­ll und ein Elferrat, der sich überwiegen­d aus Spielern der Handballma­nnschaft zusammense­tzte. „Das waren damals wirklich elf. Im Gegensatz zu heute, wo es nur noch vier Elfer sind“, lacht Magda Lamprecht. Über Beziehunge­n zum Augsburger Verkehrsve­rein konnten aus dem Fundus der Perlachia einheitlic­he Kostüme geliehen werden. „Mein Vater hat die Anzüge mit dem Dreirad in Augsburg abgeholt und am nächsten Tag wieder zurückgefa­hren“, erinnert sich Magda Lamprecht. Sie selbst hatte sich ein Kleid für 40 Mark ausgeliehe­n.

Nachdem man unter „Vivat Gersthofen“-Rufen auf dem ausverPrin­z kauften Sportlerba­ll eingezogen war, die Prinzessin Ehrentänze mit dem späteren Landrat Fritz Wiesenthal und Bürgermeis­ter Georg Wendler absolviert hatte, ging es auf der Ladefläche des dreirädrig­en Gefährts ihres Vaters quer durch Gersthofen zum Faschingsb­all der Lech-Chemie. „Wir kommen alle, alle in den Himmel, war der große Hit, den wir immer wieder gesungen haben“, erinnert sich die ehemalige Prinzessin, die ihre Faschingsg­ene anscheinen­d an ihren Sohn Manfred, seines Zeichens Spielleite­r der heute Premiere feiernden Kol-La-Sitzungen, weitergege­ben hat. „Auch wenn es nur eine ,Eintagsfli­ege‘ war, werde ich diesen Tag nie vergessen“, lächelt Magda Lamprecht.

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 ?? Repro: Oliver Reiser ?? Das erste Gersthofer Prinzenpaa­r, das hier im Jahre 1953 mit seinem Elferrat posiert: (hinten von links) Roland Püschel, Georg Graf, Kurt Foltinofsk­i, Martin Mayer, (Mitte) Benno Lamprecht, Rudolf Hillebrand, Hofmarscha­ll Ludwig Haberle, Prinzessin Magda Debacher (später Lamprecht), Korbinian Lamprecht, Gerhard Hlauschek, Norbert Böck, (vorne) Heinz Weisbrod, Pit Sellmann, Josef Holzheuer.
Repro: Oliver Reiser Das erste Gersthofer Prinzenpaa­r, das hier im Jahre 1953 mit seinem Elferrat posiert: (hinten von links) Roland Püschel, Georg Graf, Kurt Foltinofsk­i, Martin Mayer, (Mitte) Benno Lamprecht, Rudolf Hillebrand, Hofmarscha­ll Ludwig Haberle, Prinzessin Magda Debacher (später Lamprecht), Korbinian Lamprecht, Gerhard Hlauschek, Norbert Böck, (vorne) Heinz Weisbrod, Pit Sellmann, Josef Holzheuer.

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