Augsburger Allgemeine (Land West)
Zurück auf die „helle Seite der Macht“
Der neue CSU-Vorsitzende Markus Söder will die Partei reformieren. Am Anfang der Erneuerung stehen acht Regionalkonferenzen. Die erste davon war im Ingolstädter Stadttheater
Die Rechnung der CSU soll möglichst schnell nicht mehr 30 plus x, sondern gerne wieder 40 plus x lauten. Oder plus xx. Und damit sich die von schweren Stimmverlusten bei der Landtagswahl im Oktober gezeichnete Partei wieder in diese Richtung bewegt, haben sich die Christsozialen unter dem neuen Parteivorsitzenden Markus Söder eine Reform verordnet.
Am Anfang dieses Erneuerungsprozesses stehen – nach dem bereits vollzogenen Wechsel an der Parteispitze – acht Regionalkonferenzen mit der Parteibasis. Die laufen unter dem Motto „Zeit für neue Stärke“. Finden die knapp 140 000 CSU-Mitglieder diese, könnte die Partei irgendwann wieder „zurück auf die helle Seite der Macht kommen“. So wünscht es sich Parteichef und StarWars-Liebhaber Söder, wie er am Montag vor der ersten Konferenz im Ingolstädter Stadttheater sagte.
Der Nachfolger von Horst Seehofer sagte natürlich nicht, dass sich seine Partei in den vergangenen Jahren auf die dunkle Seite der Macht bewegt hat. Er sagte aber, dass sie nach den zurückliegenden Wahlen und Personaldebatten keine „einfachen Jahre“hinter sich habe und sich in „historisch ungewohnter“Si- tuation befinde. Und er erklärte, wo der Weg zurück ins Licht lang führen soll. Er will, so lautet der von ihm recht regelmäßig zitierte Slogan, die CSU „moderner, jünger, weiblicher und dynamischer“machen. Mit den acht Regionalkonferenzen, bei den Bezirksparteitagen und bei Kreisvorstandsbesuchen soll die CSU-Basis „Motivation und Inspiration“bekommen.
„Statt durchschnaufen“müsse man „durchstarten“. Dazu wolle man zuhören, diskutieren und die Partei so – wie einst unter Strauß in den 70er Jahren – „neu durchdenken“. Das betreffe etwa die Strukturen und Organisationsformen, die man voranbringen will. Das betreffe aber auch die Art der Zusammenarbeit und Kommunikation. So sollen laut Söder viel stärker digitale Optionen genutzt werden, um ein zusätzliches „Trendbarometer für Politik“zu haben. Zum Beispiel bei Mitgliederbefragungen. Beim Parteitag im Oktober soll die Reform beschlossen werden. Es soll ein neues „Wir-Gefühl“entstehen. Der Prozess der Erneuerung, sagte Söder, werde ein „Marathon“und Zeit brauchen. Aber: „Das Bohren dicker Bretter liegt uns.“
In Ingolstadt haben sich nach CSU-Angaben etwa 300 Parteimitglieder für die Regionalkonferenz angemeldet. Die findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Man will offen reden. Allerdings sind wohl nicht alle, die sich angemeldet haben, auch gekommen. Zwei ganze Reihen bleiben frei. Und weiblicher könnte das Publikum – den Reformzielen entsprechend – auch sein. So viel ist zu sehen, bevor die Türen geschlossen werden.
Der scheidende Ingolstädter CSU-Kreisvorsitzende Hans Süßbauer formulierte seine Erwartung an die Konferenz so: Natürlich müsse man – ganz generell – die wichtigen Themen aufgreifen und sich zu Wort melden. Bedeutsam sei aber auch Folgendes: „Manche hängen zu lange an einem Posten. Das fängt bei den Ortsvorsitzenden an.“Die CSU brauche „mehr personelle Dynamik“. Süßbauer geht dabei im April quasi mit gutem Beispiel voran und stellt sein Amt zur Verfügung. „Zwölf Jahre sind genug“, sagt er. Auch in Ingolstadt hatte die CSU im Oktober Stimmen verloren: rund 13 Prozent.
CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte in Ingolstadt, die CSU wolle sich als „Volkspartei neu profilieren“. Wie schnell das gelingt und auf welcher Seite der Macht man sich irgendwann wiederfindet, kann schon die Europawahl im Mai zeigen.
Eine junge Mutter aus dem Kreis Eichstätt hat im Sommer 2017 ihr sechs Monate altes Baby umgebracht. Die Tat geschah in einem Krankenhaus. Am Montag wurde die heute 19-Jährige am Landgericht Ingolstadt wegen Mordes an ihrem Sohn zu einer Jugendstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt. Die Frau selbst hat sich zur Tat nicht geäußert und so liegen auch nach sieben Prozesstagen sowohl Motiv als auch der genaue Tathergang im Dunkeln. Das Urteil stützt sich deshalb in weiten Teilen auf medizinische Gutachten und Zeugenaussagen. Wegen des Alters der Angeklagten war während sämtlicher Verhandlungstage die Öffentlichkeit vom Prozess ausgeschlossen. Eine Gerichtssprecherin gab nach dem Urteil eine kurze Zusammenfassung.
Im Juni 2017 hatte die Frau von zu Hause aus zwei Notrufe abgesetzt. Beim ersten Mal sprach sie noch von einer akuten Atemnot des Sohnes, als sie wenige Minuten später nochmals anrief, war das Baby bereits blau angelaufen. Den Rettungskräften gelang eine Wiederbelebung des Kindes, und da sich sein Zustand bereits auf dem Weg in die Klinik besserte, kamen Mutter und Kind auf eine normale Station. Niemand konnte sich dort die Atemnot des Kindes erklären, zur Vorsicht sollte die Mutter während des Schlafs ein Messgerät anschließen, um die Sauerstoffsättigung des Buben zu messen. Am Abend des zweiten Tages im Krankenhaus kam die 17-Jährige ins Stationszimmer: Ihr Kind sei erneut blau angelaufen. Trotz einer sofortigen Reanimation starb das Baby zehn Tage später.
Nach Auffassung des Gerichts hatte die Mutter das Klinikpersonal bewusst getäuscht und das Gerät, das sofort Alarm geschlagen hätte, nie angeschlossen. Eine umfangreiche Obduktion hatte ergeben, dass das Kind erstickt oder erwürgt worden sein muss. Mediziner hatten natürliche Ursachen wie den plötzlichen Kindstod, Fieberkrämpfe, eine Epilepsie, eine genetische Veranlagung oder andere organische Ursachen, die für den Tod des Kindes verantwortlich sein könnten, ausgeschlossen. Der Vorsitzende Richter betonte, dass dem Klinikpersonal „kein Hauch eines Vorwurfs“gemacht werden könne.