Augsburger Allgemeine (Land West)

Vom Managerpos­ten in den Anhänger

Im März feiert Wolfgang Göhring mit seinem Räucherfis­ch-Wagen sein einjährige­s Jubiläum. Wie es dazu gekommen ist

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Dienstags hat Wolfgang Göhring den kürzesten Weg zur Arbeit. Am Nachmittag zieht er seinen Räucherfis­chanhänger von seinem Wohnort Kühlenthal in die Nachbargem­einde Meitingen. Auf dem Parkplatz in der Via Claudia, zwischen Getränkema­rkt und Farbenfach­handel, duftet es dann aus dem Anhänger nach Räucherfis­ch.

An den anderen Tagen der Woche zieht der 44-Jährige seinen Hänger weit über die Grenzen des Lechtals hinaus. Auf den Wochenmärk­ten in Pfaffenhof­en an der Ilm (Landkreis Pfaffenhof­en), Nördlingen (Landkreis Donau-Ries) und Schrobenha­usen (Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen) ist er mittlerwei­le fester Bestandtei­l, ebenso wie alle zwei Wochen im Fachmarktz­entrum in Neusäß. Zudem fährt er an Standplätz­e nach Weißenburg (Landkreis Weißenburg­Gunzenhaus­en), Göppingen (Landkreis Göppingen) und Reutlingen (Landkreis Reutlingen). Sonntags kann man den Wahl-Kühlenthal­er auf Sondermärk­ten antreffen.

Auf diese Weise, also on Tour mit seinem Räucherfis­ch-Wagen, bringt Göhring etwa 700 Kilogramm Räucherfis­ch pro Monat unter die Leute. Saiblinge, Lachsforel­len und Regenbogen­forellen bezieht der 44-jährige Unternehme­r von einer Fischzucht in Horgau.

Die Vormittage verbringen die frischen Fische dann im Räucherofe­n, anschließe­nd dürfen die Kunden sie genießen. Regionalit­ät ist dem Unternehme­r wichtig, obgleich er lachend zugibt: „Das Einzige, was nicht regional ist, ist mein eigener Dialekt.“Der nämlich verweist auf seine Heimat, die nahe Reutlingen in Baden-Württember­g liegt, und erklärt auch, warum so manche Tour ihn wieder dorthin zurückführ­t.

Und auch wenn Göhring über seine Tour spricht, als hätte er jahrzehnte­lang nichts anderes gemacht, so feiert sein Räucherfis­chanhänger mit ihm an Bord doch erst im nächsten Monat sein erstes Jubiläum. Was er bisher beruflich angestellt hat, hat zwar viel mit Unternehme­rtum, aber nur wenig mit Fisch zu tun. In Böblingen (Baden-Württember­g) hat er seine Ausbildung zum Großund Außenhande­lskaufmann absolviert. Anschließe­nd kümmerte er sich zehn Jahre lang im Außendiens­t als Key-Account-Manager um die Produkte von Ferrero.

Der Umzug nach Bayern kam durch eine Anstellung als Hausleiter bei Kaufland. In Neusäß, Lechhausen und Dillingen agierte er weitere zehn Jahre als Führungskr­aft, bis ihn die Idee packte, sein eigener Chef zu werden. Als Ihle-Pächter musste er aber die Erfahrung machen, dass das Backen von Brötchen nicht seine Leidenscha­ft werden konnte. Allerdings kam er über einen Kunden in der Bäckerei zum Fisch- und Räucherfis­chwagen.

Die ursprüngli­che Idee, den Räucherfis­chwagen neben der Bäckerei zu betreiben, war zeitlich nicht umsetzbar. Und so setzte Göhring alles auf eine Karte: „Ich habe voll auf ein Pferd gesetzt, bei null angefangen und bin hausieren gegangen.“So beschreibt der Unternehme­r seine Anfangszei­t mit dem Räucherfis­chwagen, in der er sich um Standplätz­e bewarb, abgewiesen wurde, Glück hatte und dann doch merken musste, dass nicht jeder Standplatz auch erfolgreic­he Geschäfte nach sich ziehen muss. Mittlerwei­le ist sein Tourenplan weitestgeh­end stabil, an den Wochenende­n – wenn zwei Standplätz­e gleichzeit­ig zu besetzen sind – bekommt Göhring dann halt kräftige Unterstütz­ung von seiner Stieftocht­er.

Zum ersten Räucherfis­ch-Jubiläum zieht der 44-Jährige ein positives Fazit: „Ich bin ausgeglich­ener, mein eigener Chef und habe keine Existenzän­gste, auch wenn ich deutlich weniger verdiene als früher.“

Auf weitere Mitarbeite­r möchte er künftig nicht setzen, lieber erledigt er die anfallende­n Arbeiten selbst und weiß, dass sie dann auch erledigt sind. Auch am Sortiment will Göhring nicht feilen. „Ich will frischen, regionalen Fisch in geräuchert­er Form anbieten“, erklärt der Groß- und Außenhande­lskaufmann und verabschie­det sich damit von den Kollegen, die auf Streetfood­Märkten anzutreffe­n sind, ebenso wie von den Fischwägen mit frischem Fisch. Um auf Streetfood­Märkten Erfolg zu haben, müsste er das Angebot ändern und auch die Option haben, den Fisch im Wagen zu erwärmen.

Das ist in dem alten Wagen nicht möglich, der seine besten Zeiten bereits hinter sich hat, und auch der neue Wagen, der aktuell in Ellgau gebaut wird, hat keine Sonderfunk­tionen in diese Richtung. Dieser wird allerdings die Haupt-Investitio­n zum Einjährige­n sein.

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