Augsburger Allgemeine (Land West)
Zitherklänge mit Wiener Schmäh
Die Münchner Konzertschrammeln spielen in Stadtbergen
Stadtbergen Ein Hauch von Wiener Schmäh, der die musikalische Seele der bayerischen Klassiker umarmt – so könnte man mit poetischen Worten den Abend umschreiben, den die Münchner Konzertschrammeln im Stadtberger Bürgersaal zum Besten gegeben haben.
In diesem Falle bezeichnet der Begriff München jedoch keineswegs die Herkunft der Musiker, sondern eine bestimmte Ausprägung der Schrammelmusik, bei der die zweite Geige der majestätischen Zither weichen muss. Mit eben dieser setzte Lothar Lägel die Hauptakzente des unterhaltsamen Konzertes, das sich mit seinem Motto „Wien – Berlin… und sonst wohin“wohl selbst am besten beschrieb. Die Instrumentalkünstler hatten sich an diesem Abend der gehobenen Unterhaltungsmusik verschrieben und auf charmante Weise zeitlose Werke aus der Feder von Schrammel, Strauß und anderen Größen ihrer Zeit in Szene gesetzt. Auswahl und Titel der Stücke entbehrten nicht einer augenzwinkernden Ironie, was von den ersten Saitenklängen an zu erleben war – wie etwa beim Beitrag „An der schönen grünen Isar“von Georg Freundorfer. Nach einer kurzen, energiegeladenen Ouvertüre und der alpenländisch geprägten Fingerfertigkeit Lägels an der Zither hatte der Streifzug durch mundartgeprägte Musikgefilde seinen Anfang im Dreivierteltakt genommen. Mit unbeschwerter Leichtigkeit verschmolzen die Violinenstriche Anja Bartos’ mit der behutsam dargebrachten Zithermelodie, während die Klavierläufe Walter Brachtels und die gezupften Gitarrenakkorde von Martin Lamprecht den musikalischen Rahmen dieses Klanggemäldes bildeten.
Mit dem Komponisten Georg Kreisler holten sich die Konzertschrammeln dann quasi eine Hausmarke auf die Bühne, denn das Ensemble scheint fast schon auf diesen Wiener Ausnahmemusiker zugeschnitten zu sein. Mit seinem spritzigen Song über gruselige Telefonbuchnamen und der charakteristischen Couplet-Stimme Lothar Lägels fühlte man sich in die unbeschwerte Welt des legendären Hans Moser zurückversetzt. Die unverfälschte Sing- und Spielfreude der Konzertschrammeln sorgte für ein Wohlfühlerlebnis.
Mit kongenialer Gesichtsakrobatik brillierte Lägel im „Stolz von der Au“, einem spitzfindigen Beitrag über eine Vorzeigefamilie, in der der Vater klaut, die Mutter Schmiere steht und der Sprössling mit gestohlenen Heiligenbildern dealt. Im Laufe des Abends begegneten die Zuhörer den verschrobenen Charakteren aus „Dinner for One“, den dubiosen Gestalten von „Tod auf dem Nil“und nicht zuletzt einem Herrn namens Jacob Gade, dem „erfolglosesten“Walzerkomponisten aller Zeiten – das Ensemble präsentierte einen Tango von ihm. Lägel spielte und zuckte an seinem Saiteninstrument und offenbarte sich als begnadeter Entertainer. Die feinsinnig inszenierten Interpretationen der Konzertschrammeln bildeten ein literarisches Gesamtkunstwerk, dem man gerne zuhört.