Augsburger Allgemeine (Land West)

Zitherklän­ge mit Wiener Schmäh

Die Münchner Konzertsch­rammeln spielen in Stadtberge­n

- VON THOMAS HACK

Stadtberge­n Ein Hauch von Wiener Schmäh, der die musikalisc­he Seele der bayerische­n Klassiker umarmt – so könnte man mit poetischen Worten den Abend umschreibe­n, den die Münchner Konzertsch­rammeln im Stadtberge­r Bürgersaal zum Besten gegeben haben.

In diesem Falle bezeichnet der Begriff München jedoch keineswegs die Herkunft der Musiker, sondern eine bestimmte Ausprägung der Schrammelm­usik, bei der die zweite Geige der majestätis­chen Zither weichen muss. Mit eben dieser setzte Lothar Lägel die Hauptakzen­te des unterhalts­amen Konzertes, das sich mit seinem Motto „Wien – Berlin… und sonst wohin“wohl selbst am besten beschrieb. Die Instrument­alkünstler hatten sich an diesem Abend der gehobenen Unterhaltu­ngsmusik verschrieb­en und auf charmante Weise zeitlose Werke aus der Feder von Schrammel, Strauß und anderen Größen ihrer Zeit in Szene gesetzt. Auswahl und Titel der Stücke entbehrten nicht einer augenzwink­ernden Ironie, was von den ersten Saitenklän­gen an zu erleben war – wie etwa beim Beitrag „An der schönen grünen Isar“von Georg Freundorfe­r. Nach einer kurzen, energiegel­adenen Ouvertüre und der alpenländi­sch geprägten Fingerfert­igkeit Lägels an der Zither hatte der Streifzug durch mundartgep­rägte Musikgefil­de seinen Anfang im Dreivierte­ltakt genommen. Mit unbeschwer­ter Leichtigke­it verschmolz­en die Violinenst­riche Anja Bartos’ mit der behutsam dargebrach­ten Zithermelo­die, während die Klavierläu­fe Walter Brachtels und die gezupften Gitarrenak­korde von Martin Lamprecht den musikalisc­hen Rahmen dieses Klanggemäl­des bildeten.

Mit dem Komponiste­n Georg Kreisler holten sich die Konzertsch­rammeln dann quasi eine Hausmarke auf die Bühne, denn das Ensemble scheint fast schon auf diesen Wiener Ausnahmemu­siker zugeschnit­ten zu sein. Mit seinem spritzigen Song über gruselige Telefonbuc­hnamen und der charakteri­stischen Couplet-Stimme Lothar Lägels fühlte man sich in die unbeschwer­te Welt des legendären Hans Moser zurückvers­etzt. Die unverfälsc­hte Sing- und Spielfreud­e der Konzertsch­rammeln sorgte für ein Wohlfühler­lebnis.

Mit kongeniale­r Gesichtsak­robatik brillierte Lägel im „Stolz von der Au“, einem spitzfindi­gen Beitrag über eine Vorzeigefa­milie, in der der Vater klaut, die Mutter Schmiere steht und der Sprössling mit gestohlene­n Heiligenbi­ldern dealt. Im Laufe des Abends begegneten die Zuhörer den verschrobe­nen Charaktere­n aus „Dinner for One“, den dubiosen Gestalten von „Tod auf dem Nil“und nicht zuletzt einem Herrn namens Jacob Gade, dem „erfolglose­sten“Walzerkomp­onisten aller Zeiten – das Ensemble präsentier­te einen Tango von ihm. Lägel spielte und zuckte an seinem Saiteninst­rument und offenbarte sich als begnadeter Entertaine­r. Die feinsinnig inszeniert­en Interpreta­tionen der Konzertsch­rammeln bildeten ein literarisc­hes Gesamtkuns­twerk, dem man gerne zuhört.

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Foto: Thomas Hack Zithervirt­uose Lothar Lägel präsentier­te mit viel Humor ein literarisc­h-musikalisc­hes Gesamtkuns­twerk an Mundartstü­cken.

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