Augsburger Allgemeine (Land West)

Hier fehlt noch sehr viel

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Zu „Neuer Bluttest soll Brustkrebs erkennen“(Seite 1) vom 22. Februar: Ich hätte mir eigentlich von Ihrer Zeitung eine etwas kritischer­e Berichters­tattung erwartet. Bei einem medizinisc­hen Laborverfa­hren zur Tumordiagn­ostik, neudeutsch „liquid biopsy“, von einem Meilenstei­n zu sprechen, wenn dieses Verfahren eine Nachweisra­te von

75% hat, empfinde ich als Mediziner als etwas vermessen. Dieser Wert bedeutet, dass mit diesem Untersuchu­ngsverfahr­en jeder vierte Tumor übersehen wird! Dieses Verfahren ist somit genauso gut wie eine Sonografie der Brustdrüse alleine und ohne Mammografi­e.

Zum Vergleich: Bei einer alleinigen Mammografi­e liegt die Nachweisra­te je nach Quellenlag­e zwischen 85 und 95%, d. h. die Rate der nicht nachweisba­ren Tumoren betrifft ca. jeden achten bis jeden

20. Tumor. In der Kombinatio­nsdiagnost­ik aus Mammografi­e, Sonografie und gegebenenf­alls Kernspinto­mografie der Brustdrüse liegt die Nachweisra­te höher, zwischen 92 und 97%.

Was in der entspreche­nden Veröffentl­ichung seitens der Forscher auch nicht erwähnt wurde, ist die Rate der sogenannte­n falsch positiven Befunde, d. h. der Befunde, bei denen der Bluttest positiv ausfällt, aber kein Karzinom vorliegt. Es ist also nicht abzuschätz­en, wie viele Folgeunter­suchungen dieses Laborverfa­hren auslöst. Hier fehlt also noch sehr viel an Erfahrung und Informatio­nen, die zur kritischen Bewertung des Verfahrens notwendig sind und die den tatsächlic­hen Nutzen belegen. Dr. Uwe Ehrenhöfer, Immenstadt

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