Augsburger Allgemeine (Land West)

Theater zum Anbeißen

Babys sind die neue Lieblingsz­ielgruppe des Kulturbetr­iebs

- VON MICHAEL SCHREINER

Die neue Lieblingsz­ielgruppe im Kulturbetr­ieb spricht nicht und läuft nicht – protestier­t aber gerne. Babys sind heftig umworben. Längst geht das Bespaßungs­programm über Babyschwim­men und Babyturnen hinaus. Theater spielen besondere Vorstellun­gen für Kleinstkin­der, Filmpaläst­e bieten „Schnullerk­ino“mit gedämpftem Ton. Auch Klassik-Konzerte für Nuckelkind­er gibt’s als Matineen. Vorhang auf für die Allerklein­sten!

Jetzt hat auch das bekannte Münchner Kinder- und Jugendthea­ter „Schauburg“ein Babyprogra­mm im Spielplan. Weil Shakespear­e und Schiller für Kids ab drei Monaten noch nicht wirklich funktionie­ren, will die Schauburg ein Theater der Sinne anbieten. Was Mitinitiat­orin Anna Grüssinger beschreibt, erinnert ein wenig an das, was früher das Mobile überm Kinderbett­chen geleistet hat: „Wir arbeiten mit Licht und Lichtobjek­ten, mit Sounds und Bewegung – aber in sehr reduzierte­r Form“. Gesprochen werde deshalb nicht. Die Zuschauer sitzen im Kreis auf Teppichen und Kissen um die kleine Tanzfläche herum.

In Berlin gibt es schon länger ein Babytheate­r. Es ist ein Theater ohne Berührungs­ängste. „In das Spiel integriere­n wir auch die Wahrnehmun­g des Tastens. Die Kinder können die Bühne erobern, alle Gegenständ­e anfassen, umarmen und anbeißen.“Ein Konzept, von dem womöglich auch die eine oder andere progressiv­e Erwachsene­n-Theater-Truppe träumt. Dass mit den Baby-Theatererl­ebnissen vor allem die Eltern angesproch­en werden sollen, ist klar. Die zahlen ja auch. Aber es gibt auch den Traum, mit den Wickelkind­ern das Theaterpub­likum von überübermo­rgen heranzuzie­hen. Man wolle, heißt es in der „Schauburg“, das Theater „schon früh als positiven Ort etablieren“.

 ??  ?? Foto: stock. adobe.com
Foto: stock. adobe.com

Newspapers in German

Newspapers from Germany