Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn der Schulweg zur Odyssee wird

Viele Kinder müssen lange und komplizier­te Schulwege in Kauf nehmen. Zwei Beispiele aus der Region zeigen, welche Auswirkung­en das auf betroffene Familien hat

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Florian besucht die sechste Klasse der Rupert-Egenberger­Schule in Pfuhl, ein sonderpäda­gogisches Förderzent­rum. „Florian verlässt gegen 6.50 Uhr das Haus“, erzählt Felk, „und ist um Viertel nach sieben in der Schule.“Dort wartet der 13-Jährige, ehe der Unterricht eine halbe Stunde später beginnt. Das sei nicht weiter schlimm, sagt die 41-jährige Mutter. Was sie wirklich störe: Am Nachmittag fahre der erste Bus um 13.18 Uhr, ihr Sohn habe aber bereits um 12.40 Uhr aus – manchmal gar um Viertel nach zwölf. Felk sagt, „in dieser Zeit ist mein Sohn unbeaufsic­htigt, es ist kein Lehrer da.“Und weil Florian nicht so sicher im Umgang mit der Uhrzeit ist, wartet er an der Bushaltest­elle auf den Bus anstatt im Inneren der Schule. Bei Wind und Wetter. Dabei gibt es einen Bus, der jeden Tag die Kinder pünktlich von der Schule abholt. Nur – laut der 41-Jährigen darf ihr Sohn nicht mitfahren. „Früher ging das noch, aber jetzt ist Florian zu alt für diesen Der sei nur für Schüler von der ersten bis zur vierten Klasse vorgesehen. Heiko Schleifer, Leiter des Fachbereic­hs Schule im Landratsam­t Neu-Ulm, erklärt: „Die Schüler ab der 5. Klasse aus dem Einzugsgeb­iet müssen generell den ÖPNV nutzen, da für die älteren Schüler die Wartezeite­n nach derzeit geltender Rechtsprec­hung zumutbar sind.“Außerdem seien die zusätzlich­en Busse an die Schülerzah­l angepasst und ausgelaste­t.

Eine Schulfreun­din von Florian ist ebenfalls betroffen. Zusammen mit deren Mutter wechselt sich Felk beim Abholen der beiden Kinder ab. „Wir waren bereits beim Landratsam­t Neu-Ulm“, sagt Felk, „dort fanden wir aber kein Gehör.“Das Landratsam­t habe alle Versuche, gemeinsam eine Lösung zu finden, abgeblockt. Und ein Schulwechs­el komme nicht infrage, erklärt Steffi Felk. Schließlic­h brauche ihr Sohn die Förderung. Ob sie ihn auch in Zukunft mit dem Auto holen müsse, wisse sie noch nicht, erzählt Felk. Das hänge von der Entwicklun­g ihres Kindes ab. „Im kommenden Schuljahr hat Florian Nachmittag­sunterrich­t – bis wie viel Uhr, das kann ich noch nicht sagen.“Was sie aber wisse: Der erste Bus am Nachmittag fährt erst nach 15 Uhr.

Professor Christian Böttger lehrt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Er ist Experte für den öffentlich­en Nahverkehr in Deutschlan­d. Böttger sagt, die Qualität des ÖPNV hänge maßgeblich vom Engagement des Bundesland­es und der Schaffung entspreche­nder Strukturen ab. „Faktisch ist der ÖPNV ja öffentlich“, erklärt der Professor, „ein erhebliche­r Teil der Verkehre wird von Betrieben im Eigentum der öffentlich­en Hand erBus.“ bracht.“Durch Ausschreib­ungen solle eigentlich sichergest­ellt sein, dass der ÖPNV effizient funktionie­re. Ein Problem des ÖPNV in der Fläche seien die geringe Nachfrage und die dementspre­chend hohe Kostenbela­stung durch Busfahrer. Ob dabei zukünftig Busse ohne Fahrer, also autonom fahrende, Abhilfe schaffen, bezweifle er, erklärt Böttger. Nicht nur, weil die Ausrüstung der Strecken dafür viel Geld kosten würde, es gebe auch ganz praktische Probleme: „Möchten Sie ihr halbwüchsi­ges Kind in einem autonomen Bus alleine mit einem wildfremde­n Mann sitzen sehen?“

Florian und seine Mutter sind nicht die Einzigen, die einen komplizier­ten Schulweg in Kauf nehmen müssen. Auch Natascha Pompe aus Osterbuch im Landkreis Dillingen weiß, wie es ist, wenn ein Kind unter dem Nahverkehr leidet. Pompe hat zwei Söhne, einer besucht die Grundschul­e, der andere die Realschule in Wertingen. Jonas ist zehn Jahre alt, sein Weg zur Realschule beginnt um kurz vor sieben Uhr und endet um kurz nach sieben vor dem Schulgebäu­de. „Die Schule beginnt um zehn vor acht“, sagt die 37-jährige Mutter. Ihr Sohn könne auch einen späteren Bus nehmen, erklärt Pompe, dann käme er um fünf vor acht Uhr im Klassenzim­mer an. „Wir haben bereits mit der Klassenlei­tung gesprochen“, sagt die 37-Jährige, „manchmal kann Jonas den späten Bus nutzen.“Aber Zuspätkomm­en könne auch keine Dauerlösun­g sein.

Pompe schildert, im späteren Bus gebe es zwar eine Umsteigemö­glichkeit in Geratshofe­n, die ein rechtzeiti­ges Eintreffen ermögliche­n würde, der dortige Bus warte aber nicht. „Oft fährt der Bus meines Sohnes dem anderen hinterher.“Pompe sagt, sie sei in Osterbuch aufgewachs­en. Sicher, es funktionie­re alles – aber in 30 Jahren könne sich ja auch mal etwas ändern. Mehr Nahverkehr zum Beispiel.

Dabei gibt es eine simple Lösung für die langen Wartezeite­n auf Jonas’ Schulweg: Wenn der Zehnjährig­e am Marktplatz in Wertingen aussteigen könnte, sagt seine Mutter, dann käme er auch mit dem späten Bus rechtzeiti­g. „Leider hält der Bus dort nicht. Warum genau, das konnte der AVV meinem Mann gegenüber nicht erklären.“Immerhin, der Verkehrsve­rbund stellte in Aussicht, dass der Fahrplan im Dezember 2019 angepasst werden könnte. Dazu erklärt Irene Goßner, Pressespre­cherin des AVV, der Verbund habe die Fahrzeiten seiner Linienbuss­e auf die Schulzeite­n abgestimmt. Derzeit liege eine Anfrage vor, die Änderungen auf der Linie Osterbuch-Wertingen beinhalte.

„Der Heimweg nach dem Nachmittag­sunterrich­t ist noch schlimmer“, sagt die 37-jährige Mutter. Jonas hat einmal in der Woche bis 14.45 Uhr Unterricht, der Bus nach Hause kommt allerdings erst um 16.10 Uhr. Wenn der Zehnjährig­e dann noch Hausaufgab­en machen oder lernen muss, bleibt wenig Zeit für den Fußballver­ein, in dem er spielt. Bisher konnten sich Mutter und Sohn auf Hilfe aus der Familie verlassen, sagt Pompe. „Zum Glück haben wir ein Opa-Taxi.“

Die Kitzinger Karnevalsg­esellschaf­t hat dem bayerische­n Vize-Ministerpr­äsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ein „schlagkräf­tiges Wort“bescheinig­t. Bei der Prunksitzu­ng der Karnevalsg­esellschaf­t am Abend des Rosenmonta­gs überreicht­en die Narren Aiwanger den sogenannte­n „Schlappmau­lorden“. Mit ihm zeichnet die Karnevalsg­esellschaf­t schon seit 30 Jahren ihrer Meinung nach besonders schlagfert­ige Persönlich­keiten aus. Zu den Preisträge­rn gehören unter anderem die Politiker Hans-Dietrich Genscher, Helmut Kohl, der Koch Alfons Schuhbeck und der Sportmoder­ator Waldemar Hartmann.

Aiwanger bezeichnet­e den Orden als „Lizenz zur vollen Wahrheit“. Die Laudatio hielt die Preisträge­rin des vergangene­n Jahres, die ehemalige Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm. In ihrer gereimten Rede stichelte die CSU-Politikeri­n freundscha­ftlich über die Nähe Aiwangers zu ihrer eigenen Partei. Nach der Landtagswa­hl im Herbst haben Aiwangers Freie Wähler und die CSU eine Regierungs­koalition in Bayern gebildet.

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