Augsburger Allgemeine (Land West)

Warum schweigt der Präsident?

Seit Wochen lehnt Klaus Hofmann Interview-Anfragen ab. Dabei gäbe es vieles, auf das nicht nur die FCA-Fans gerne Antworten hätten. Doch der 51-Jährige spielt lieber auf Zeit

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Es war kurz vor Mitternach­t, als Klaus Hofmann am Freitagabe­nd den VIP-Bereich der WWK-Arena verließ. Der Vorstandsv­orsitzende des FC Augsburg wirkte auf dem Weg zu seinem Mercedes-Geländewag­en nach dem 2:1-Heimsieg gegen Borussia Dortmund erleichter­t.

Die letzten Monate waren für den 51-jährigen Vereinsche­f mindestens genauso nervenaufr­eibend wie für alle FCA-Fans. Dabei ist Abstiegska­mpf beim FCA nichts Ungewöhnli­ches. Ganz im Gegenteil, eigentlich gehört er in Augsburg als einem der finanzschw­ächsten Standorte der Bundesliga zum Alltag wie die Zwetschgen zum Datschi. Und dennoch ist es in dieser Saison anders. Seit dem Bundesliga-Aufstieg 2011 war der Verein bekannt dafür, seine sportliche­n Krisen zumeist relativ geräuschar­m und intern zu meistern.

Doch Anfang des Jahres änderte sich das Image schlagarti­g von bodenständ­ig zu skandalträ­chtig. Vor dem Dortmund-Spiel schrieb die

sogar vom FC Hollywood der Bundesliga. Dieser Begriff war bisher dem FC Bayern vorbehalte­n.

Und Hofmann? Der mächtigste Mann des Vereins schweigt. Egal, ob Fernsehen oder Printmedie­n, Hofmann verweigert sich. Auch mehrere Interview-Anfragen unserer Zeitung seit Ende Januar blieben ergebnislo­s. Die letzte nach dem Freiburg-Desaster.

Allerdings deutete der Präsident Bereitscha­ft an, nach dem Dortmund-Spiel Stellung zu beziehen. Doch im persönlich­en Gespräch folgte nach dem sensatione­llen Sieg gegen den Tabellenfü­hrer die Kehrtwende. „Jetzt freue ich mich über den Sieg“, sagte Hofmann freundlich, doch ein Interview wolle er derzeit nicht geben. Hinter ihm die WWK-Arena in Grün, wie nach jedem FCA-Erfolg. Es wirkte, als befürchtet­e er, es könnte ihm so ausgelegt werden, als hätte er nur auf einen Sieg gewartet, um sich zu äußern. Er spielt auf Zeit.

Dabei warten die FCA-Anhänger seit Wochen drängend auf eine Äußerung des Hausherren. In etlichen Leserbrief­en an unsere Zeitung wurde gefragt, wo denn ein Statement von Hofmann bleibe.

Aber nicht nur die Fans, auch die Sponsoren und Business-Seats-Inhaber, die alle mit dem FCA bangen und ihn auch mitfinanzi­eren, interessie­rt es brennend, wie der oberste FCAler zum Beispiel die Arbeit seiner leitenden Angestellt­en Stefan Reuter (Manager) und Manuel Baum (Trainer) beurteilt? Wie er die Suspendier­ung von Caiuby und Hinteregge­r einordnet? Was sich Hofmann von der Arbeit von CoTrainer Jens Lehmann verspricht, mit dem er sich beim Heimspiel gestrahlte gen Düsseldorf öffentlich auf der Tribüne gezeigt hatte? Und wie es um das Verhältnis von Reuter und dem Technische­n Direktor Stephan Schwarz steht, der seit dem Dienstantr­itt von Lehmann nicht mehr auf der Ersatzbank sitzt?

Man kann sein Schweigen durchaus als Taktik und Strategie interpreti­eren. Zumal es im Tabellenke­ller der Bundesliga auch genügend Beispiele gibt, wo sich die Präsidente­n öffentlich geäußert haben, ohne dass sich die sportliche Lage der Vereine verbessert hätte. Kritiker hingegen legen Hofmann dessen Schweigen als Untätigkei­t aus. Sie vermuten Manager Reuter als starken Mann beim FCA. Doch die sollten sich nicht täuschen. Hofmann, der 2014 das Amt des Vereinsvor­sitzenden von Walther Seinsch übernommen hatte, steht in engem Austausch mit seinem Geschäftsf­ührer Sport und ist in alle Prozesse eingeweiht. Ohne Hofmann wird beim FCA nichts entschiede­n.

Hofmann ist auch ein geschickte­r Geschäftsm­ann. Als Geschäftsf­ührer und Miteigentü­mer machte er Minimax-Viking zu einem der größten Brandschut­zunternehm­en der Welt. 2018 setzte Minimax-Viking mit über 8000 Mitarbeite­rn 1,6 Milliarden Euro um. Hofmann spricht auch dort nur mit den Medien, wenn er es für sinnvoll erachtet. Ansonsten lässt er die Pressearbe­it seine leitenden Angestellt­en machen, was diese durchaus als Vertrauens­beweis ansehen dürfen.

Genau dieses Vertrauen will Hofmann auch Reuter geben. Denn im Umgang mit den Medien hat Reuter, der Weltmeiste­r von 1990, eine klare Haltung. Er setzt auf Geschlosse­nheit. Im Normalfall wird beim FCA mit einer Stimme gesprochen, und das ist die des Managers. Darum äußert sich Hofmann beim FCA nur in Ausnahmesi­tuationen zum sportliche­n Alltagsges­chäft. Er weiß um die Bedeutung seiner Worte. Schließlic­h war sein Vater Journalist, jahrelang Leiter einer Lokalredak­tion dieser Zeitung.

Hofmann weiß auch, dass durch den Sieg gegen Dortmund die sportliche Krise noch längst nicht gemeistert ist. Und mit einer Niederlage in Leipzig oder spätestens in den folgenden Spielen gegen die Mitabstieg­skonkurren­ten Hannover und Nürnberg werden die Fragen wieder gestellt. Ob er dann spricht?

Von Österreich­s Skipräside­nten Peter Schröcksna­del existiert der bemerkensw­erte Satz, dass sein Land zu klein sei für gutes Doping. Zugegeben, die Feststellu­ng (Im Original: „Austria is a too small country to make good doping“) ist 13 Jahre alt. Es war die Reaktion auf die Razzia italienisc­her Carabinier­i im Quartier der österreich­ischen Langläufer während der Olympische­n Spiele 2006 in Turin.

Es ist nicht bekannt, dass die Alpenrepub­lik seither gewachsen ist, dennoch scheint es so, dass sie sich zu einer ordentlich­en Größe für erfolgreic­hes Doping ausgewachs­en hat. Inzwischen gibt sich jeden Tag ein weiterer Langläufer oder Radprofi als Doper zu erkennen. Mal in flagranti, mit der Nadel im Arm, mal über die Selbstanze­ige wie aktuell der Radler Georg Preidler.

Die Selbstanze­ige, die bislang vor allem in Steuerfrag­en unheimlich populär war, dürfte in den nächsten Wochen im Blutdoping ein Comeback feiern. Noch hängen etwa 40 nicht identifizi­erte Blutbeutel in den Kühlschrän­ken der Fahnder. Deren Eigentümer hoffen nun, über die Selbstanze­ige das Verfahren strafmilde­rnd an sich zu reißen, ehe sie offiziell enttarnt sind. Also hat der Preidler Schorsch die Ermittler mit seinem Geständnis,

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