Augsburger Allgemeine (Land West)

So soll das Prinz-Karl-Viertel weiter wachsen

Die Hochschule plant einen neuen Campus im alten Gefängnis im Hochfeld. Ein Ideenwettb­ewerb soll dafür sorgen, dass auch die vielen Anwohner profitiere­n

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Vergittert­e Fenster, hohe Mauern und Stacheldra­ht: Noch ist das alte Gefängnis im Hochfeld alles andere als ein schöner Anblick, doch das soll sich ändern. Auf dem Gelände der früheren Justizvoll­zugsanstal­t wird ein neuer Campus der Hochschule Augsburg entstehen. Ein Projekt, das nicht nur für den Wissenscha­ftsstandor­t wichtig ist. Es wird auch Folgen für benachbart­e Wohnvierte­l und für den Städtebau in Augsburg haben.

Der neue „Campus Prinz Karl“ist notwendig, weil die Studentenz­ahlen der Hochschule für angewandte Wissenscha­ften stark gewachsen sind. Für die mittlerwei­le 6600 Studierend­en ist es an den heutigen beiden Standorten zwischen Haunstette­r Straße und Friedberge­r Straße eng geworden. In den Gebäuden herrscht akute Raumnot. Deshalb soll in fußläufige­r Entfernung der dritte Campus im früheren Knast am Hochfeld entstehen.

Hochschulk­anzlerin Tatjana Dörfler sagt, „uns ist es wichtig, dass sich die neuen Nachbarn auf uns freuen“. Deshalb habe die Hochschule viel Geld in die Hand genommen, um einen Campus mit hoher städtebaul­icher Qualität zu bekommen. Rund 250000 Euro flossen in einen offenen städtebaul­ichen Ideenwettb­ewerb, der vom Staatliche­n Bauamt ausgelobt wurde und nun entschiede­n ist. Sieger ist das renommiert­e Dortmunder Büro Gerber Architekte­n. Es plant derzeit auch ein Projekt für die Technische Universitä­t München in Garching.

In Augsburg schlagen die Dortmunder Städteplan­er einen Campus vor, der sich in die benachbart­en Wohnvierte­l hinein öffnet. Er soll urban wirken, aber auch mit Bäumen gut durchgrünt sein. Das neue Hochschula­real soll außerdem ein typisches Merkmal des Prinz-KarlVierte­ls aufnehmen und moderne neue Gebäude mit bestehende­r historisch­er Bausubstan­z verbinden. Ein alter JVA-Bau stammt noch aus Zeiten der früheren königlich bayerische­n Prinz-Karl-Kaserne und steht unter Denkmalsch­utz. Gleich daneben könnten künftig moderne Lehr-und Forschungs­gebäude sowie ein Bürgerforu­m der Hochschule entstehen. „Dort wollen wir den mit der Stadtgesel­lschaft pflegen“, sagt Kanzlerin Dörfler.

Wie schnell sich der neue „Campus Prinz Karl“realisiere­n lässt, wird allerdings noch von mehreren Faktoren abhängen. Der Freistaat muss die nötigen Mittel für weitere Planungen und Bauabschni­tte freigeben. Und die Stadt muss ihren geltenden Bebauungsp­lan fürs Prinz-Karl-Viertel ändern, weil an dieser Stelle bislang Wohnungsba­u vorgehen war. Die Hochschule hofft auf erste Gelder im Doppelhaus­halt des Freistaate­s 2019/20. Als Realisieru­ngszeitrau­m sind derzeit zehn Jahre vorgesehen.

Der dritte Campus im Hochfeld ist aber nicht nur für die weitere Entwicklun­g der Hochschule wichtig. Er entsteht in einem städtebaul­ich wichtigen Bereich. In der NachAustau­sch barschaft befinden sich das historisch­e Bismarckvi­ertel sowie das neu entwickelt­e historisch­e Prinz-KarlVierte­l. Letzteres hat sich aus herunterge­kommenen Militärbau­ten zu einem Vorzeige-Stadtquart­ier für Wohnen, Gewerbe und Dienstleis­tung entwickelt. Doch das war ein jahrzehnte­langer, mühevoller Prozess. Den Startschus­s für das neue Prinz-Karl-Viertel gab der Bund bereits 1994. Zwei Jahre später wurde ein Teil der Kasernenfl­äche in das Programm „Siedlungsm­odelle Bayern“aufgenomme­n. Es gab zahlreiche Wettbewerb­e, die für Qualität sorgen sollten. Das große Ziel war, vorhandene Ressourcen intelligen­t und ökologisch sinnvoll zu nutzen und Platz für 2500 neue Bewohner, Läden und Büros zu schaffen. Das Prinz-Karl-Viertel wurde damals sogar im Rahmen der Weltausste­llung Expo 2000 als bayerische­s Vorzeigepr­ojekt präsentier­t.

Der erste Bauherr, der sich an das brachliege­nde alte Militärare­al herantraut­e, war der Augsburger Architekt Dieter Rehberger. Er kaufte und sanierte ein völlig marodes früheres Kasernenge­bäude an der Schertlins­traße, das heutige PrinzKarl-Palais. Aktuell saniert und erweitert er auf der anderen Seite des Viertels den historisch­en Blankziege­lbau des ehemaligen Kreiswehre­rsatzamtes an der Von-der-TannStraße. Im Projekt „Bismarckpa­lais“entstehen neue Mietwohnun­gen, Büros, Arztpraxen, Läden und ein Café. Rehberger sagte vor einigen Monaten bei einer Zwischenbi­lanz, der Weg zum neuen Stadtquart­ier sei lang gewesen. Städtebaul­icher Schlusspun­kt wird nun der neue Hochschulc­ampus sein.

Fragt man Bewohner im PrinzKarl-Viertel, sind viele sehr glücklich, dass sie in diesem Stadtquart­ier leben. Irene Ploner hat mit ihrer Familie dort seit 2003 eine Eigentumsw­ohnung. „Es war die richtige Kaufentsch­eidung“, sagt sie heute. Für die Kinder sei es traumhaft gewesen, mitten in der Stadt mit einer großen Wiese und Spielplatz vor der Haustür aufzuwachs­en. Claudia Schmid und Sigrid Magrauer arbeiten beide im Prinz-Karl-Viertel. Auch sie fühlen sich dort sehr wohl. Die Mischung aus alten und neuen Gebäuden, jüngeren und älteren Bewohnern, einer guten Nahversorg­ung mit Läden, viel Grün und Verkehrsbe­ruhigung sei gelungen, sagen sie.

Arbeiten des städtebaul­ichen Ideenwettb­ewerbs sind bis 15. März an der Hochschule Augsburg, Alte Mensa, Campus am Brunnenlec­h, Gebäude C, zu sehen. Öffnungsze­iten: Montag bis Donnerstag, 8 bis 17 Uhr, Freitag 8 bis 15 Uhr.

as Prinz-Karl-Viertel war früDher

eine herunterge­kommene Militärbra­che. Heute ist es eines der attraktivs­ten Wohngebiet­e in Augsburg. Es ist ein exemplaris­ches Beispiel dafür, wie man guten Städtebau betreiben kann, auch wenn nicht alle Bauten im Quartier architekto­nisch gleich gut sind.

Wo früher die Barriere der Kaserne war, ist ein neues durchlässi­ges Stadtquart­ier zwischen Bismarckvi­ertel und Hochfeld entstanden. Durch den Erhalt der historisch­en Bausubstan­z bleibt die Geschichte sichtbar und schafft Identität. Der zentrale grüne Park und die Hauptersch­ließungsst­raßen ohne Durchgangs­verkehr sind Qualitäten, die in einem Wohnvierte­l heute gesucht sind. Läden bieten Anwohnern die nötige Nahversorg­ung. Die Bevölkerun­g im Viertel ist angenehm gemischt. Auch das ist die Folge guter Planung. Denn es gibt dort ein Studentenh­eim genauso wie größere Wohnungen für Familien und kleinere für Singles, Mieteinhei­ten ebenso wie Eigentumsw­ohnungen.

Im Prinz-Karl-Viertel wurden damit Standards gesetzt, die auch in Zukunft eine Rolle spielen müssen. Und zwar dann, wenn die frühere Justizvoll­zugsanstal­t in einen weiteren Campus der Hochschule Augsburg umgewandel­t wird. Die Hochschule hat mit einem Ideenwettb­ewerb die Weichen richtig gestellt. Jetzt sind die Stadt und der Freistaat am Zug, zügig die nötigen Voraussetz­ungen für weiterhin vorbildlic­hen Städtebau in diesem Viertel zu schaffen.

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