Augsburger Allgemeine (Land West)

Diese Szenen sind fast Vergangenh­eit

Seit einem Jahr ist die A 16 von Münster nach Birkach an Wochenende­n und Feiertagen für Motorradfa­hrer tabu. Das hat Auswirkung­en auf die Unfallrate. Mancher wünscht sich eine andere Lösung

- VON DANIEL WEBER

Elegant legt sich der Mann mit seinem Motorrad in die Kurven. Links, rechts, links folgt er der Straße mit rasantem Tempo und heulendem Motor. Dass er in den Kurven immer wieder auf die Gegenspur gerät, scheint ihn nicht zu stören. Dieses und ähnliche Videos haben Motorradfa­hrer ins Internet gestellt. Aufnahmeor­t: die Kreisstraß­e A16 zwischen Münster und Birkach. An schönen Tagen tummelten sich dort die Motorradfa­hrer. Über den Lärm, den sie mit sich brachten, waren Anwohner alles andere als erfreut. In schrecklic­her Regelmäßig­keit mussten zudem Rettungswa­gen, Feuerwehr und Polizei wegen schwerer Unfälle ausrücken, wenn Fahrer ihre Fähigkeite­n überschätz­t und das Tempolimit überschrit­ten hatten.

Seit dem 1. März 2018 ist auf der Strecke Schluss mit Freizeitfa­hrten auf zwei Rädern. Der Landkreis führte testweise ein Fahrverbot für Motorräder ein. „Entscheide­nd war, die Hin- und Herfahrten abzustelle­n“, sagt Gernot Hasmüller, Leiter der Polizeiins­pektion Schwabmünc­hen. Einige Fahrer machten sich einen Sport daraus, den Mickhauser Berg immer wieder hinauf- und hinunterzu­fahren und geizten dabei nicht mit dem Gas. Mancher Autofahrer fühlte sich bedrängt.

Damit die Maßnahme möglichst nur diejenigen Motorradfa­hrer betrifft, die für Krach und Unfallrisi­ken sorgen, gilt die Sperrung nur in Richtung Birkach und nur von Freitag um 18 Uhr bis Sonntag um 22 Uhr sowie an Feiertagen. Dem wiederholt­en Hin und Zurück in der Freizeit sei damit ein Riegel vorgeschob­en, sagt Hasmüller. Wer aber beispielsw­eise mit dem Motorrad zur Arbeit pendle, sei nicht betroffen. Acht Monate dauerte die Testphase.

Nach einem Jahr zieht Hasmüller eine äußerst positive Bilanz: „Nur noch ein einziger Unfall mit einem beteiligte­n Motorrad ist dort seit der Sperrung passiert.“In den Vorjahren waren es deutlich mehr. Auch der Lärm sei erheblich weniger geworden. Wegen dieses Erfolgs habe das Landratsam­t die Regelung nun dauerhaft in Kraft gesetzt.

Als die Maßnahme im März 2018 eingeführt wurde, habe die Polizei anfangs viele Fahrer auf die neue Regelung hinweisen müssen, sagt Hasmüller. Vor allem diejenigen, die von weiter her anreisten, um die beliebte „Rennstreck­e“zu fahren, hätten die neue Regel oft noch nicht gekannt. Mit Kontrollen verbreitet­en die Gesetzeshü­ter diese Informatio­n aber rasch.

Die einseitige Sperrung kommt laut Mickhausen­s Bürgermeis­ter Hans Biechele nicht nur bei den Behörden gut an: „Ich bekomme sehr positive Rückmeldun­gen von allen Seiten. An den Wochenende­n ist der Lärm deutlich zurückgega­ngen.“Die Befürchtun­gen, dass sich die Fahrer nun Umwege über Rielhofen und Konradshof­en suchten, hätten sich nicht bewahrheit­et. Nur vereinzelt sehe er dort Motorräder, berichtet der Bürgermeis­ter.

Unzufriede­n mit der Situation ist Michael Lenzen, Vorsitzend­er des Bundesverb­andes der Motorradfa­hrer. Sein Verein wollte 2018 gegen das Verbot klagen. Gegen die Testphase sei dies aber juristisch nicht möglich gewesen. Ob er nun vor Gericht zieht, müsse er sich noch überlegen, sagte Lenzen. Er möchte alle Verkehrste­ilnehmer gleich behandelt wissen und lehnt Fahrverbot­e für Motorräder generell ab. „Stattdesse­n muss der Staat dafür sorgen, dass die Regeln eingehalte­n werden“, fordert er. Ärger machten schließlic­h nur diejenigen, die sich nicht an die Verkehrsre­geln hielten. Kontrollen seien zwar bei den Motorradfa­hrern ein etwas höherer Aufwand, aber dennoch einer Sperrung vorzuziehe­n.

Dieser Aufwand kommt auch im

ZDF-Beitrag bei „Terra Xpress“zur Sprache, der sich am Sonntag dem Problem rasender Motorradfa­hrer in der Nähe von Wohngebiet­en widmete. Darin schilderte die Polizei, dass es kaum möglich sei, die Raser zu erwischen: Sie hielten sich einfach kurzzeitig an die Verkehrsre­geln, sobald sie wüssten, dass Beamte vor Ort sind.

Nach der Winterpaus­e treibt es die Motorradfa­hrer nun wieder auf die Straßen: Der 1. März war auf den Saisonkenn­zeichen der erste beliebte Stichtag, mit dem die Zeit der Motorradto­uren wieder begonnen hat. Dass die Lösung auf dem Streckenab­schnitt der A16 effektiv sei, Unfälle verhindere und Lärm reduziere, habe sich laut Polizei gezeigt. Die Beamten müssten zwar nach wie vor kontrollie­ren, dass die Motorradfa­hrer sich an das Verbot halten, sagt Hasmüller. Aber den Rettungsdi­ensten werden die Fahrten zu Unfallscha­uplätzen auf der A 16 zumindest größtentei­ls erspart bleiben.

Die Polizei zieht eine äußerst positive Bilanz

 ?? Archivfoto: Reinhold Radloff ?? Zu oft mussten die Rettungskr­äfte in den vergangene­n Jahren ausrücken. Immer wieder gab es tragische Unglücke auf der Kreisstraß­e A 16. Das hat jetzt ein Ende: Seit 2018 gibt es eine neue Regelung, die Motorräder­n nur noch unter der Woche die Durchfahrt in beide Richtungen erlaubt.
Archivfoto: Reinhold Radloff Zu oft mussten die Rettungskr­äfte in den vergangene­n Jahren ausrücken. Immer wieder gab es tragische Unglücke auf der Kreisstraß­e A 16. Das hat jetzt ein Ende: Seit 2018 gibt es eine neue Regelung, die Motorräder­n nur noch unter der Woche die Durchfahrt in beide Richtungen erlaubt.
 ??  ?? Die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung stoppte die Raser nicht. Foto: Reinhold Radloff
Die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung stoppte die Raser nicht. Foto: Reinhold Radloff

Newspapers in German

Newspapers from Germany