Augsburger Allgemeine (Land West)
Kind läuft in verglaste Balkontür. Wer zahlt?
Muss der Reiseveranstalter haften, wenn ein Urlauberkind versehentlich gegen eine verglaste Balkontür im Ferienhotel läuft und sich dabei verletzt?
Im vorliegenden Fall, über den die Deutsche Gesellschaft für Reiserecht informiert, war dies in Spanien geschehen. Der siebenjährige Junge wollte vom Hotelzimmer aus auf den Balkon und übersah dabei, dass die Balkontür noch geschlossen war. Er stieß heftig gegen die Scheibe, diese zerbrach, er zog sich Schnittverletzungen zu. Die Türscheibe war im oberen Drittel mit einer „milchglasartigen Krone“beklebt, im unteren Drittel mit einem „dunkelblauen Punkt“– sein Durchmesser „ca. sechs bis sieben Zentimeter“.
Da der Reiseveranstalter für den Unfall keine Verantwortung übernehmen wollte, zogen die Eltern vor Gericht. Ihr Argument: Der Veranstalter habe seine so genannte „Verkehrssicherungspflicht“verletzt. Danach sind Reiseveranstalter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass von Einrichtungen ihrer Ferienhotels keine Gefahren für ihre Gäste ausgehen. Wobei gilt, dass nicht „gegen alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen getroffen werden müssen“. Und so gab das Oberlandesgericht Celle hier dem Veranstalter Recht.
Für das Gericht ist es „unzweifelhaft“, dass die beiden Warnaufkleber ausreichten, „um auch ein siebenjähriges Kind hinreichend dafür zu sensibilisieren, dass die Balkontür aus Glas besteht“. (OLG Celle, Urt. v. 6.9.2018, Az.: 11 U 42/18)
In einem ähnlichen Fall war ein Familienvater in die Glastür seines bulgarischen Ferien-Hotels gestürzt und hatte sich dabei eine lebensgefährliche Verletzung der Halsschlagader zugezogen. Der betroffene Deutsche verlangte vom Reiseveranstalter Schadensersatz mit der Begründung, die Tür des Hotelzimmers hätte aus Sicherheitsglas bestehen müssen. Doch auch dies verneinten die Juristen des Oberlandesgerichts Köln. Insbesondere argumentierten sie mit folgender Begründung: Selbst in Deutschland müssten Balkon- und Terrassentüren nicht mit splitterfreiem Glas ausgestattet sein oder entsprechende Warnaufkleber tragen (OLG Köln, Urteil vom 18.12.06, Az.: 16 U 31/06).
Wolfgang Gessler