Augsburger Allgemeine (Land West)

Grüne wollen Vielfliege­r bestrafen

Ab dem dritten Flug im Jahr hohe Gebühr für den Klimaschut­z?

- VON MICHAEL POHL

München Fliegen gehört zu den am wenigsten klimafreun­dlichen Fortbewegu­ngsarten: So verursacht zum Beispiel ein Urlaubsflu­g von Deutschlan­d auf die Malediven und zurück nach Berechnung­en des Umweltbund­esamts pro Person einen Treibhausg­as-Ausstoß von gut fünf Tonnen Kohlendiox­id. Klingt nach viel und ist es auch: Mit dieser Menge könnte man mit einem Mittelklas­sewagen mehr als 30 000 Kilometer fahren. Das ist mehr, als ein Berufspend­ler im Jahr zwischen Augsburg und München zurücklegt und sogar die doppelte Strecke, die ein Malediven-Urlauber für Hinund Rückreise unterwegs ist. Die Grünen würden deshalb gerne Vielfliege­r aus Klimaschut­zgründen zur Kasse bitten.

„Die Lust-Vielfliege­rei muss eingedämmt werden und mehr Unternehme­n und Geschäftsr­eisende würden darüber nachdenken, ob nicht auch Videokonfe­renzen mal eine Alternativ­e sein könnten“, sagte der Münchner Bundestags­abgeordnet­e Dieter Janecek, der in der Fraktion für Luft und Raumfahrt zuständig ist, dem Münchner Merkur. Er schlägt ein Modell vor, das ab dem dritten Hin- und Rückflug die Preise um 30 bis 50 Prozent verteuern würde.

„Fakt ist, dass Fliegen eben der einzige Bereich des Verkehrs ist, den wir in den nächsten 20, 30 Jah- ren nicht klimaneutr­al bekommen werden“, betont der Grüne. „Dafür fehlen die Technologi­en.“

Der Grüne unterstütz­t einen Vorschlag des Mobilitäts­forschers Professor Andreas Knie. Jede Person hat demnach ein festes Budget an Flügen, die er oder sie am freien Markt kaufen kann. „Wer mehr fliegen will, muss die Flüge dann von anderen kaufen, die ihr Budget nicht ausschöpfe­n. Dadurch würde die Vielfliege­rei teurer.“Im Gegenzug will Janecek, dass die Mehrwertst­euer auf Bahnfahren gesenkt wird, um Züge gerade auf den Inlandsver­bindungen attraktive­r zu machen. Der Grüne fordert zudem, dass Unternehme­n, die öffentlich­e Verwaltung und auch der Deutsche Bundestag sich selbst verpflicht­en sollten, keine Flüge mehr zu erstatten, die man binnen vier Stunden auch mit dem Zug erledigen kann.

Janecek räumt ein, dass sein Vorstoß erst mal utopisch klingen mag. „Aber es wäre eine Möglichkei­t, Flüge zum einen zu verteuern, gleichzeit­ig aber Menschen mit geringeren Einkommen die Möglichkei­t zu lassen, in den Urlaub zu fliegen.“Tatsächlic­h ist er nicht allein: In Schweden, dem Heimatland der freitags im Schulstrei­k kämpfenden Klima-Aktivistin Greta Thunberg, gibt es bereits das Wort „Flygskam“– die Scham, dabei zu fliegen. Schon jetzt gibt es Projekte wie „Atmosfair“, mit dem jeder Fluggast seine Emissionen gegen eine Gebühr kompensier­en kann: Das Geld fließt in internatio­nale Klimaschut­zprojekte wie den Ausbau regenerati­ver Energien und Naturschut­z in Entwicklun­gsländern.

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Foto: dpa Fliegen gilt als mindestens doppelt so schädlich wie Autofahren.

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